Sonntag, 2. Juni 2024

Klimawandel in der Karibik: Flucht ohne Gepäck

Sie flüchten ohne Gepäck: Tagesschau"-Bilder zeigen, wie zwei Inselbewohner Gardí Sugdub in einem Paddelboot verlassen.

Der weltweite Ruhm der kleinen Südseeinsel Tuvalu gründet auf einem Artikel des britischen "Guardian", in dem der Aktivist Andrew Simms im Oktober 2001 den nahen Untergang des Eilands vorhersagte. Als prominentestes Opfer des weltweiten Klimawandels taucht Tuvalu seitdem regelmäßig in den Schlagzeilen auf. Mal ist es wieder ein Stück weiter versunken, mal fehlt nicht mehr viel, und es ist ganz verschwunden. Gelegentlich werden auch die von den Fluten bedrängten Einwohner in Nachbarstaaten aufgenommen oder es gelingt ihnen, wie Weltgemeinschaft bei Klimakonferenzen ein weiteres Mal aufzurütteln und auf seine Verantwortung aufmerksam zu machen.

Im Schatten Tuvalus

Dass der Meeresspiegel in der Karibik besonders schnell steigt, blieb dagegen bis vor kurzem verborgen. Doch mit einem Anstieg von 3,7 Millimetern im Jahr droht den Einwohner der winzigen Insel Gardí Sugdub vor der Küste von Panama schon in den kommenden hundert Jahren ein um 37 Zentimeter steigender Meeresspiegel. In 300 Jahren stünde das Wasser den 1.500 Einwohnern auf überbevölkerten Fleckchen Erde mit nur 300 Metern Länge und 150 Metern Breite über den Kopf, denn Gardi Sughub erhebt sich nur schmale 40 Zentimeter aus dem Meer. Genug, um erstes Opfer des  Klimawandels. Aber nicht genug, um Tuvalu im Wettbewerb um die höchstmögliche Aufmerksamkeit dauerhaft zu schlagen.  

Obwohl die Bevölkerungsdichte hier zehnmal so hoch ist wie im Gaza-Streifen, dringt das "indigene Volk der Kuna" (Tagesspiegel), das auch als "indigenes Volk der Guna" (Tagesschau) bekannt ist, mit seinem Überlebenskampf nur gelegentlich an die Öffentlichkeit durch. Dann gibt es in der Regel traurige Wasserstandmeldungen darüber, wie bald fast alle Einwohner ihr Zuhause verlassen werden müssen. Und wie sie als "erste Indigene in Panama künftig in eine für sie neu gebaute Siedlung an der Nordküste" ziehen. 

Umzug aufs Festland

Diesmal ist es nun wieder so weit: Wie 2020, als ein "erstes Dorf sich gezwungen sah, auf das Festland umzuziehen", sieht sich die "Volksgruppe der Guna" nun gezwungen, die Insel zu verlassen. Auf dem Festland hat die Regierung den Klimaflüchtlingen die neue Siedlung Nuevo Cartí gebaut.  Jedes Haus ist etwa 41 Quadratmeter groß, jedes mit zwei Schlafzimmern, einem Wohn- und Esszimmer, einer Küche, einem Bad und einer Waschküche - alle mit Wasser- und Stromanschluss.

Noch schlagen die Wellen zwar nicht direkt in die Wohnstuben auf Gardí Sugdub, noch lockt Airbnb mit traumhaften Ferienunterkünften auf den ringsum liegenden idyllischen Karibikinseln, Für die "Volksgruppe der Guna" aber sei die Aussicht auf einen Anstieg des Meeresspiegels Anlass "für große Sorge gewesen", berichten Tagesschau, ZDF-Heute, die renommierte Wochenschrift "Die Zeit" und sämtliche anderen Leitmedien. 

Wegen der "drohenden Überflutung" (Die Zeit) müssten die Bewohnerinnen und Bewohner der Insel umziehen, "angesichts des Risikos für die Bewohner" durch das bis 2050 drohende Versinken der Insel im Meer habe die Regierung der Gründung einer neuen Siedlung als Heim für die Übersiedler von der Krabbeninsel zugestimmt. Ein bisschen was, so viel ist dem Kleingedruckten zu entnehmen, hat auch die apokalyptische Enge auf der Insel mit allem zu tun: 1.500 Menschen leben auf 0,04 Quadratkilometern Fläche - das sind etwa siebenmal mehr Menschen als sich im berüchtigten "Freiluftknast Gaza" (Sahra Wagenknecht) auf jeden Quadratkilometer drängen.

Dramatische Bilder

Dichter besiedelt als Gaza: Gardi Sugdub
Die "Tagesschau" hat die passenden Bilder, die den Umzug illustrieren sollen. Zwei Guna-Menschen in einem winzigen Kanu, im Hintergrund die versinkende Insel. Nicht einmal Gepäck konnten sie bei ihrer überstürzten Flucht vor den gierigen Klimafluten mitnehmen. Nach "knapp 200 Jahren", die "Mitglieder der Volksgruppe der Guna" auf dem Eiland "vom Fischfang, der Ernte stärkereicher Pflanzen, der Herstellung traditioneller Textilien und dem Tourismus" (Tagesschau - siehe Luftbild links) lebten, ist Schluss. Gerade noch knapp ein Vierteljahrhundert vor dem für 2050 vorhergesagten Versinken der nur fünf Fußballfelder großen Insel ist die Bevölkerung nun noch vor der von Tuvalu gerettet. Ihre Insel bleibt beinahe verlassen zurück, ein Slum aus leeren Holz-, Plastik- und Steinhütten ohne fließendes Wasser, Abwasser- oder Abfallsystem und mit einer ewig unzuverlässigen Stromversorgung, das auf den Untergang wartet.

Von Omairas Zimmer mit Meerblick gleich nebenan, direkt am palmenbestandenen Strand gelegen, wird sich der weitere Gang der Dinge beobachten lassen.


2 Kommentare:

Die Anmerkung hat gesagt…

Anforderungswandel in der Legastheniker-Postille

Früher mußten die noch richtig gutes und einfaches Deutsch können.

Der in Mannheim von einem islamischen Terrorfanatiker schwer verletzte Polizist ist tot.

Das Berliner Hetzblatt:

"... Trauer-Zeremonie am Tatort, bei der Kollegen dem Verstorbenen gedacht haben."

Wiederlische Reschdschreipunk.

irgendwer hat gesagt…

Wieder etwas gelernt. Und durch die Links noch viel mehr:

Die Guna waren nicht in der Lage, beim Ausweichen auf die Inseln ihre Felder vom Festland mitzunehmen, "Felder blieben aus Platzmangel in der Küstenebene des Festlands".
Das Mitnehmen wäre mit Einbäumen auch schwierig zu bewerkstelligen gewesen.

Und: "Die Flagge, die San Blas bzw. Kuna Yala von 1925 bis 2010 führte, bildet ein Swastika (Hakenkreuz) mit nach links zeigenden Haken ab. Diese stellt einen symbolisierten Oktopus dar, der nach der lokalen Überlieferung die Welt erschaffen hat. Seit 2010 führt das nunmehr in Guna Yala umbenannte Gebiet eine neue Flagge, auf der zwei gekreuzte Arme mit Pfeil und Bogen dargestellt sind. Die bisherige Flagge wird für Zwecke beibehalten, die den Widerstand und die Dule-Revolution von 1925 darstellen." [Allwissende Müllhalde]

"Ein symbolisierter Oktopus". Soso. Und noch lange vor Gret... ähm... ...Gaza.