Freitag, 28. Juni 2024

Klimanotstand und die Folgen: Das Fanal vom Bodensee

So hat sich der Klimanotstandsbeschluss von 2019 ausgezahlt: Konstanz ist als einzige Stadt in Deutschland kühler geworden.

Der Sommer 2019 stand erst bevor, aber jeder wusste, er würde mörderisch werden. Der Bodensee drohte auszutrocknen, die Region würde leiden, ein Tempolimit aber war nicht einmal in Planung. In Konstanz, einer 85.000-Einwohner-Stadt, die mittelalterlich ist, aber gleichzeitig sehr modern, wollten sie nicht länger warten und hoffen müssen. Im Mai 2019 zollte die Stadt den besonders katastrophalen klimatischen Bedingungen Tribut. Mitten in Deutschland, einem der am schlimmsten betroffenen Gebiete, wagte eine Stadtgesellschaft in Randlage das Unerhörte, nie probierte: Konstanz rief den Klimanotstand aus.

Ein Zeichen gegen das Klima

Es war ein Zeichen, ein Statement, nicht nur gerichtet an das weltweite Klima, sondern insbesondere an die vielen Millionen Kleingläubiger im eigenen Land. Wer, wenn nicht wir? Wann, wenn nicht jetzt? Und wo, wenn nicht hier? Den Klagen, dass Deutschland allein sowieso nichts machen könne, setzten die Konstanzer ihre feste Überzeugung entgegen: Wir aber können. 85.000 Menschen, eine gemeinschaftliche Anstrengung, die heute als beispielgebend gelten kann, obwohl sie seinerzeit verlacht, verulkt und - damals war das noch erlaubt - verhöhnt worden war.

Doch die Maßnahmen, die aus dem Notstandsbeschluss ergaben, waren hart. Neubauten in Konstanz müssen seitdem klimaneutral mit Energie versorgt werden, ein "Masterplan Mobilität Konstanz 2020+" setzt konsequent auf die Strategie des "Push and Pull" mit einem positiven Modal Split des Binnenverkehrs. In Bälde sollen auch Push-Maßnahmen zur Reduzierung der Kfz-Nutzung eingeführt werden, "um den Anteil des motorisierten Individualverkehrs (MIV)" (konstanz.de) zu verringern. 

Maßnahmen für Maßnahmen

Dazu kommt ein Energiemanagement für städtische Gebäude, es gibt "Maßnahmen zur Erhöhung der Sanierungsrate im Stadtgebiet", einen "Zielkatalog" der Stadtwerke Konstanz, der bald zu führende "verbindliche Gespräche über Einzelkooperationen und Joint Ventures" vorsieht und bestimmte "Ziele im European Energy Award", der der "größten Herausforderung der Menschheitsgeschichte" durch die Begleitung der Kommunen auf dem Weg zur Treibhausgasneutralität begegnet.

Viel Papier, das engagiert beschrieben wurde. Viele Sitzungen, auf denen die Köpfe rauchten. Viele Ziele, Absichten und sogar ein Preis für Konstanz, das für seine Anstrengungen tatsächlich einen European Energy Award in Gold verliehen bekam. Die größere und wichtigere Auszeichnung für die kleine Stadt, der der Bodensee im vergangenen Jahr beinahe wieder ausgetrocknet wäre, ist allerdings eine kleine Zahl auf einer Deutschlandkarte, die das Ausmaß an Klimaerwärmung anzeigt, dem die Nation ausgesetzt ist, die der Welt bei der letzten Klimakonferenz in Dubai den Weg zum 100 Millionen Dollar schweren Klimafonds geebnet hatte. 

Überraschungscoup in Dubai

Für das ganze Land hat der von Olaf Scholz organisierte "Überraschungscoup" (Der Spiegel) nicht viel gebracht. Jeder Monat seitdem war zu warm, derzeit droht ein Höllensommer, den die Hitzekarte schon anzeigt. Überall sind die Temperaturen gestiegen, überall? Nein, neben Konstanz, der Notstandsstadt, steht -0,1, in Blau, denn hier ist es kälter geworden.

Während ringsum Menschen trotz des Hitzeplanes der Bundesregierung unter Hitze leiden zudem, zeigt Konstanz, dass die Ausrufung eines Klimanotstandes wirklich etwas bewegen, wirklich etwas ändern kann, auch wenn in der kurzen Zeit seit der feierlichen Ausrufung erstmal nur eine Klimaschutzstrategie, einige wichtige Planungsdokumente und ein grober Zeitplan entstehen konnten, "wann Wärmenetze gebaut werden müssen".

Der Effekt aber ist schon sichtbar. Der "echte Vorreiter" (Tagesschau) zieht heute Klimatouristen aus der ganzen Republik an, die im Ibis Style abkühlen, hier hat "Fridays for Future" noch im Februar zu Demonstrationen aufgerufen und auch im verlorenen EU-Wahlkampf war die frühere Bewegung noch aktiv. Die Wahlergebnisse aus der Stadt konnten - womöglich wegen des befürchteten zusätzlichen CO2-Eintrages - noch nicht auf die städtische Internetseite gestellt werden. 

Ein sichtbarer Effekt

Doch auch politisch ist der Ertrag der verstärkten Anstrengungen um eine bessere Klimabilanz nicht zu leugnen. Hinter der CDU, die mit weitem Abstand führt, sind die Grünen hier eine Macht wie früher überall. Sie liegen dreieinhalb Prozent vor der AfD und sogar 5,8 vor der SPD. Und das, obwohl der Weg zum Ziel, "durch klimaneutrale Energieversorgung und Sanierung bestehender Gebäude den CO2-Ausstoß pro Person bis 2050 um 75 Prozent zu reduzieren" (SWR) erst mit dem kleinen Zeh betreten wurde.

In Kürze wird die Stadt ohnehin nachschärfen müssen. Nach den aktuellen Vorgaben der EU reicht eine Reduktion um 75 Prozent, die sich zudem nur auf bestehende Gebäude bezieht, nicht aus. Es müssen 100 Prozent auf alles sein.


2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

In Konstanz wohnt doch auch Christine Finke, Deutschlands am schlimmsten benachteiligte und ausgebeutete Alleinerziehende. sie ist so arm, sie hat kein Auto, kann nicht verreisen, nicht kochen. Sie "verbraucht" CO2 nur übers Internet um sich zu beklagen. Da ist schon viel gewonnen fürs Klima.

Anonym hat gesagt…

OT
Hübner nu wieder, das Spießerlein ...

>> Wer regiert die USA? Biden jedenfalls nicht! <<<

(((Wer))) das tut, also die "USA" regieren tut, haben (((die))) in den letzten Jahren und Jahrzehnten wiederholt recht deutlich geäußert, aber das will ja keiner hören - es stört die kognitive Dissonanz.