Sonntag, 30. Juni 2024

Klimahitze: Nun wird es auch noch kalt

AMOC Europa Wärmepumpe Abkühlung
Stefan Rahmstorf warnt vor ernsten Folgen, die das Ende der Wärmepumpe AMOC in tausend Jahren für Europa haben könnte.

Einer der führenden wissenschaftlichen Köpfe des Landes war entsetzt. Bei X zeigte sich Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hochalarmiert. "Wenn der Süd-Nordstrom des Atlantiks AMOC einbricht werden in Nordeuropa die Temperaturen extrem sinken", warnte der studierte Gesundheitsökonom. In Mitteleuropa wären dann "extreme Wetterlagen" die Folge. "Für Teile des Regenwalds versiegt der Regen", hatte Lauterbach den Warnungen des früher von Potsdam aus in die Gesellschaft wirkenden Klimatologen Stefan Rahmstorf entnommen.  

"Wolken, Wind und Wetter"

Der Forscher, ehemals Mitautor des wegweisenden "Gesellschaftsvertrages für eine Große Transformation" und zudem Autor des von der Bundeszentrale für politische Bildung herausgegebenen Standardwerkes "Wolken, Wind und Wetter", hat nach Jahren einer Tätigkeit als Erwärmungsapostel neuerdings tatsächlich auch die Gefahr der globalen Abkühlung im Portfolio. Und wie schon bei der drohenden Erhitzung gibt der studierte Physiker eine klare Empfehlung ab: "We don’t want this climate future for Europe", ist er sicher, dass jede Anstrengung sich lohnt, die Atlantische Umwälzzirkulation (Atlantic Merdional Overturning Circulation, AMOC) zu schützen und zu bewahren. 

Reiße die Strömung ab, die Meerwasser durch den Atlantischen Ozean bis nach Nordeuropa transportiere, werde es bitterkalt auf dem Kontinent, der heute mehr als jede andere Weltgegend unter der Erderhitzung leide. Pro Jahrzehnt könnte die Temperatur hier dann um zwei bis drei Grad Celsius binnen von nur hundert Jahren sinken. Nicht einmal die Klimakatastrophe würde ausreichen, diese Abkühlung auszugleichen. Deutschland hätte Tausende Trinkbrunnen umsonst gebaut, Hitzeschutzpläne würden obsolet, Klimawarnpläne müssten umgeschrieben werden.

Bedrohliche Abkühlung

Diese Abkühlung würde unser Klima in Europa und das Klimasystem weltweit fundamental verändern und es droht dann nicht zuletzt die Gefahr, dass die Falschen den Zusammenbruch der europäischen Warmwasserheizung für ihre Zwecke missbrauchen. Die AMOC sorgt bislang dafür, dass die Winter  auf dem Weltfriedensnobelpreiskontinent vergleichsweise mild ausfallen und die Meere im Winter in der Regel eisfrei sind. Ohne die Atlantische Umwälzzirkulation stünde Europa nackt im Wind einer Klimarealität, die in den Rettungs- und Betreuungsplänen der Bundesregierung bislang nicht einmal als Randnotiz vorkommt.

Umso wichtiger, dass der stets hellwache ehemalige Bundeswarnbeauftragte Karl Lauterbach auf die akute Gefahr hinweist, dass mit der AMOC eines der sogenannten Kippelemente des Klimasystems der Erde ähnlich dramatisch auszufallen drohe wie es in früheren Jahren regelmäßig der sehr viel bekanntere Golfstrom tat. Diese große Warmwasserleitung wurde seinerzeit traditionell für die Ankündigung der nahenden Klima-Apokalypse genutzt. Ohne Tempolimit, hieß es, werde Europa erst glühend heiß und dann eiskalt. 

Abkühlung der Berichterstattung

Erst in den letzten Jahren ließ die Zahl der alarmierenden Berichte über die fortschreitende Abschwächung dieser "Wärmepumpe" der Welt deutlich nach, weil bekanntgeworden war, dass ein Ende des Golfstroms kein akutes Problem der heute, morgen und übermorgen lebenden Menschen wäre. "Kippte" die Golfstrom-Wärmepumpe bereits Ende nächster Woche, käme um das Jahr 3000 herum in Europa kein warmes Wasser mehr an, denn so lange braucht der Golfstrom, um einmal umzuwälzen.

Bei der AMOC ist es ähnlich. Die atlantische Umwälzzirkulation ist keine hektische Wärmepumpe, sondern ein langer, ruhiger Fluss. Ein Tropfen, der heute vor Grönland in die Tiefe absinkt, wird in etwa tausend Jahren seine Rundreise um die Welt beenden und wieder dort ankommen. Selbst wenn heute schon zum ersten Mal nichts mehr nachströmen würde, wären die Folgen nicht vor dem Jahr 3000 spürbar. Umso wichtiger, dass dieser Fakt von Karl Lauterbach nicht in den Mittelpunkt seiner Warnung gestellt wird. Allzu einfach wäre es, die bedrohliche Gesamtlage auf die lange Bank zu schieben, statt mit Tempolimit, Haustierverbot, strengen Dämm-, Heiz- und Reisevorschriften und entschlossenen Maßnahmen zur Transformation für einen Fortbestand der Umwälzung einzutreten.


5 Kommentare:

Die Anmerkung hat gesagt…

Am meisten weltweit in Europa haben die Berliner leiden müssen.
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https://www.tagesspiegel.de/berlin/juni-wetter-berlin-wieder-warmstes-bundesland-11922935.html

Juni-Wetter: Berlin wieder wärmstes Bundesland

29.06.2024, 14:17 Uhr
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https://www.focus.de/earth/news/seit-1991-weltweit-heissester-juni-2023-pulverisiert-hitze-rekord-von-2019_id_198355631.html

Weltweit heißester Juni aller Zeiten: 2023 pulverisiert alten Hitze-Rekord

ppq hat gesagt…

warm war immer woanders

Anonym hat gesagt…

Alles ist immer woanders. Klima, Arbeitsplätze, schönes oder schlechtes Wetter, die Liste ist unendlich. Wie es zuhause ist wissen die Leute ja, da kann man sie kaum darüber belügen. In der Fremde ist das einfach, da glauben die meisten Leute den Medien alles, jeden Scheiß den sie zuusammenschreiben. Man kann es ja kaum nachprüfen.

Anonym hat gesagt…

So allmählich wird, scheint es, die böse Vogelgrippe aufs Tapet gebracht ...

irgendwer hat gesagt…

Also... der Herr R. ist ja fast ein bisschen sowas wie ein studierter Ozeanologe. Das könnte beeindrucken, wenn die Tiefsee nicht weniger erforscht wäre als das Weltall und die Ozeanologie quasi Wissenschaft (= Gattungsbegriff für "Wissen", vgl. "Landschaft") auf dem Niveau zwischen Astrologie und Alchemie stünde.
Dabei ficht die Ozeanologen irgendwelcher Erkenntnisfortschritt nicht an. Man betrachte nur die Veröffentlichungen zur N-W-Passage und suche nach den "brandneuen" Erkenntnissen aus den "Friendly Floatees".

So darf es nicht verwundern, wenn ein Abreißen des Nordatlantikstroms zwischen Island und Norwegen in der Jüngeren Dryaszeit durch einen Süßwassereintrag bei Grönland begründet wird. Dass die Impacthypothese (das Abtauen der weltweiten Gletscher sei durch einen Asteroideneinschlag in Nordamerika und den darauf folgenden Impactwinter erfolgt) recht gut durch Fundschichten belegt ist, ficht Ozeanologen selbstredend nicht an, denn wer nur den Hammer kennt, weiß, dass man Schrauben schlecht nageln kann.

Auch "lustig" ist - jaja, ich höre ja gleich auf - dass die Ozeane zu dieser Zeit schon erheblich, also seit 10.000 Jahren, mit Süßwasser geflutet worden waren. Und sie wurden weiter durch abschmelzende Gletscher geflutet, nur war der Anstieg eben nicht mehr so steil wie vorher und nachher. Der Anstieg des Meeresspiegels in der Kaltzeit der Jüngeren Dryas war in etwa vergleichbar mit dem Anstieg des Meersespiegels seit ca. 5.000 Jahren.

Wäre Ozeanologie Wissenschaft im modernen methodischen Sinne, hätte das schon jemandem auffallen sollen.
Möglicherweise arbeiten Ozeanologen nicht mit Wikipedia, wo der Graph durchaus abgebildet ist.
Ergo...