Dienstag, 25. Juni 2024

Klimageldverweigerung: Rückenwind von der Wissenschaft

Robert Habeck weiß schon, wofür er das Klimageld ausgeben will, wenn es die Bürgerinnen und Bürger endgültig nicht bekommen. Die Wissenschaft stützt den Minister.

Kommt es bald nicht oder später nie? Wird es am fehlenden Geld gelegen haben oder an der Uneinigkeit der Ampel-Koalition? Stehen technische Probleme einer Auszahlung der als "Klimaprämie" im Koalitionsvertrag ausdrücklich versprochenen Ausgleichsgelder für die der großen Transformation meist schutzlos ausgelieferten Wählerinnen und Wähler im Wege? Oder werden es strukturelle Probleme sein, eventuell mit der notwendigen Zustimmung der EU?  

Streit in der Koalition

Lange war nicht abschließend ausgemacht, mit welcher Begründung es die Bundesregierung schaffen würde, ihr Klimageld-Versprechen bis zum allerletzten Tag ihrer Amtszeit zu brechen. Die FDP machte Abwicklungsprobleme geltend. Die Grünen verwiesen auf wichtigere Projekte. Der Kanzler schwieg und sagte damit alles. 

Dabei bleibt es auch. Allerdings haben sich jetzt Forscherinnen und Forscher zu Wort gemeldet, die die bedeutenden Vorteile des bisher vielleicht radikalsten Vertrauensbruches von Rot-Grün-Gelb in den Mittelpunkt ihrer Überlegungen stellen. Statt soziale Spannungen durch den Klimaschutz durch die Rückzahlung von Mehrbelastungen an die Bürger abzufedern, solle der Staat in Zeiten hoher Zinsen lieber Kredite aufnehmen, um Umstieg auf teure, klimaneutrale Technologien zu beschleunigen. Die in Zukunft schnell steigenden Preise für den Ausstoß von CO₂ hätten den Vorteil, erzieherisch auf alle zu wirken. Würde Energieverbrauch noch teurer, wären Bürgerinnen und Bürger eher bereit, auf bestimmte klimaschädliche Verhaltensweisen zu verzichten.

Lieber mehr als weniger

Bei den Wissenschaftlern, angeführt von Ottmar Edenhofer, dem Direktor des Potsdam Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), wird der Effekt freundlich umschrieben. Wenn CO₂-Ausstoß ein angemessener Preis gegeben werde, könne der Markt die günstigsten Lösungen finden, um Kohlendioxid einzusparen. Das sagenumwobene Klimageld, anfangs eines der Fortschrittsversprechen der Ampel, würde kontraproduktiv wirken: Die beabsichtige Belastung durch die beständig steigenden CO₂-Preise würde gemindert, der Erziehungseffekt nachlassen, einer Gewöhnung an die höheren Kosten der Weg bereitet. Das sei "nicht zielführend".

Robert Habeck, Christian Lindner und Olaf Scholz dürften sich in ihrer Hinhaltetaktik bestätigt fühlen. Der Quertreiber Hubertus Heil, der sich als letzter Ampel-Minister öffentlich an den "sozialen Kompensationsmechanismus (Klimageld)" erinnert hatte, dürfte künftig nur noch wenig Lust haben, den Rat der Ökonomen in den Wind zu schlagen und ein Festhalten am Koalitionsvertrag zu fordern. Deren Wort wiegt zu schwer: Ohne dass es je dazu kam, haben sie herausgefunden, dass "die pauschale Rückgabe von CO₂-Einnahmen sich bei weitem nicht als Wunderwaffe erwiesen hat, um der Öffentlichkeit die Bepreisung von CO₂ schmackhaft zu machen". 

Der Staat als besserer Klimaschützer

Der Staat wisse allemal deutlich besser, was mit den zuletzt um etwa 40 Prozent auf nunmehr 18,4 Milliarden Euro gestiegenen Einnahmen aus dem Emissionshandel anzufangen sei. Die rund 220 Euro pro Person, die als Rückerstattung ausgezahlt werden müssten, würden Menschen letztlich nur "an der Wirksamkeit und Fairness der CO₂-Bepreisung" zweifeln lassen, "wenn die Einnahmen als einheitlicher Zuschuss an die Verbraucher zurückgegeben werden", so die Forscher. Denn "warum, so fragen einige, sollten Bill Gates, Elon Musk oder Jeff Bezos den gleichen Scheck erhalten wie ein armer Mensch", dächten viele gleich global. 

Dazu passt auch eine Umfrage, bei der Bürgerinnen und Bürger in Frankreich, Deutschland und Spanien mehrheitlich dafür plädiert hätten, der Bundesregierung das überzählige Geld zu überlassen. Den Befragten sei es wichtiger, die - ohnehin bereits mehrfach verplanten - Einnahmen aus der CO₂-Steuer nicht selbst in Empfang nehmen zu müssen, sondern sie denen zu geben, die etwas von grünen Investitionen verstünden. 

Angst vor zu hohen Zahlungen

Wenn ab 2027 auch Heizen, Kühlen und Mobilität vollumfänglich CO₂-Steuer-pflichtig werden und die Steuer dann deutlich über den 45 Euro pro Tonne CO₂ steige, kämen anderenfalls vermutlich Klimageld-Erstattungen in vierstelliger Höhe auf die Haushalte zu, größere Familien müssten sogar mit fünfstelligen Summen rechnen. Im politischen Berlin sind alle Parteien überzeugt, dass gerade wirtschaftlich nicht erstklassig aufgestellte Empfänger mit so hohen Summen nicht umgehen können.


1 Kommentar:

Die Anmerkung hat gesagt…

Recht haben sie, die Bürger, die dem Staat gönnen, was dem Staate.

Thatcher mit ihrer Begründungsrede.

https://youtube.com/shorts/1R4IAIo4GhY