Sieger sehen anders aus. |
Unmittelbar vor dem Tag der Erinnerung an die letzte blutige Nase, die sich Moskau in Deutschland holte, hat der Bundeskanzler selbst dem Kreml noch einmal deutlich gemacht, dass "Nuklearwaffen in diesem Krieg nicht eingesetzt werden dürfen". Der Vertrag über das Verbot von Kernwaffen (TPNW) verhindert es, wer dagegen verstößt, dem drohen ernste Konsequenzen vom atomaren Gegenschlag bis hin zu harten und wirksamen Sanktionen, die von den überlebenden Nationen verhängt würden.
Auf der richtigen Seite
Kleinlaut lenkte Russland ein. Längst hat der Staat, der vor 79 Jahren meinte, eine "Siegermacht" zu sein, einsehen müssen, dass er auf der falschen Seite der Geschichte steht. Am 8. Mai, im Westen Deutschlands über viele Jahre hinweg als Tag der bedingungslosen Kapitulation der deutschen Wehrmacht betrauert und schließlich zum 40. Jahrestag vom damaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker erstmals als "Tag der Befreiung" gelobt, wird das deutlich wie nie zuvor.
Deutschland, der Staat, der den ideologischen Rivalen im Osten hatte auslöschen wollen und nach einem millionenfachen Morden und Sterben selbst ausgelöscht worden war, hat den Krieg schließlich doch noch gewonnen. Russland aber ist wieder dort, wo sich die ewigen Verlierer sammeln: Ein Land ohne Werte, ohne Würde, mit fürchterlichen Idealen. Geführt von einer korrupten Clique aus Männern, die nur daran gelegen ist, zu zerstören, zu vernichten und ihre Macht über ausgebombte, verheerte und verlassene Landschaften auszudehnen.
Der große Glücksfall
Dass es die Armee Wenck damals nicht bis nach Berlin geschafft hat, stellt sich im Nachhinein als Glücksfall heraus. Deutschland hat gebüßt, es hat bereut, es hat die "Gnade der späten Geburt" (Helmut Kohl) lange ausgeschlagen und stattdessen die Last seiner Schuld mit Engelsgeduld getragen. Kein anderes Land war jemals so gut im Besserwerden. Weit und breit ist niemand, der eine vernichtende Niederlage so gut weggesteckt hat, dass er heute aussieht wie eine der Siegermächte. Während eine der Siegermächte dasteht, als hätte sie verloren und müsste sich nun mit Cyberangriffen des Militärgeheimdienstes "auf E-Mail-Konten der SPD-Parteizentrale" (Deutschlandfunk) ihrer letzten Unterstützer in Deutschland entledigen.
Gefeiert werden muss die Befreiung nun nicht mehr, weil der Befreier sich als unwürdig erwiesen hat. Russland wird den dort traditionell auf den 9. Mai datierten "Tag des Sieges" "mit viel Pomp" (NZZ) begehen, als einen "Feiertag, der im Kontext des Ukraine-Krieges zusätzlich martialisch aufgeladen ist" (NZZ). Deutschland hingegen wird den nächsten Schritt auf historischen Hühnerleiter erklimmen: Vom Verlierer zum dankbaren Befreiten weiter zum moralischen Sieger.
Mit Verspätung verloren
Der Zweite Weltkrieg verändert sich im Nachhinein. Die Anstrengungen der Westmächte werden immer wichtiger, dem Russen ist nun genug gedankt worden, er ist auf Bewährung. Die Alliierten haben den Zweiten Weltkrieg in der Normandie gewonnen, verloren hat ihn Russland, wenn auch mit ein paar Jahrzehnten Verspätung. Erstmals ist in diesem Jahr beim Gedenken auch die Sowjet-Fahne verboten, die 1945 auf Wunsch von Stalins Propagandisten auf dem Reichstag gehisst worden war, weil der Diktator in Moskau seinen Kollegen in Berlin letztlich für einen Mann hielt, der von den Entscheidungen eines Parlaments abhängig war.
Zumindest zum heute auch offiziell als "Tag der Befreiung" von der Last der Geschichte geführten Gedenken darf die Flagge der Sowjetunion - "goldgelber Hammer, Sichel und Stern auf rotem Grund", erklärt die Taz Nachgeborenen ohne Geschichtsunterricht - "im Umfeld" der Berliner Mahnmale nicht gezeigt werden. Mit dieser Maßnahme hatte die Berliner Polizei schon im vergangenen Jahr gerichtsfest verhindert, dass es am Sowjetischen Ehrenmal im Treptower Park zu einem Aufmarsch von Ewiggestrigen in vollem Wichs mit Fahnenschmuck kommt.
Verhasste Fahne
Die Sowjetflagge, im Osten verhasst, bis sie auf billigen T-Shirts auftauchte, mit denen sich Westdeutsche schockieren ließen, ist keine Palästinenserfahne, bei der Differenzierung angebracht ist. Nicht jeder, der die Fahne eines nicht existierenden Landes zeigt, unterstützt die Angriffe nicht demokratisch legitimierter Regime auf demokratisch verfasste Nachbarstaaten. Das gilt nur, wenn die Fahne rot ist und die Demonstranten vorgeben, den 79. Jahrestag des Siegs über den Faschismus zu feiern.
3 Kommentare:
@ Anmerkung: Zuweilen wird mir bange um Dich - läufst Du eigentlich mit einer Budjonny-Mütze herum, auch Trotzki-Tüte genannt?
Adi, und Sepp Wissarionowitsch, waren beide in der Gesamtbilanz Astlöcher, aber keine größeren solchen als Rosenfeld, Eisenhauer oder der Saufsack Kirchhügel.
Wer vor mindestens fünfzehn Jahren schon im Internet unterwegs war und dennoch das Zeugs vom industriellen Massenmord daherlabert, ist nicht ganz unwohl.
Hm ja, ich hab noch nie nen Zeitzeugen sagen hören, er hätte sich befreit gefühlt. Keiner ausser den üblichen Opportunisten begrüßte egal welche der Alliierten. Wir, die wir nicht dabei waren, dürfen das durch die Brille zwar anderes werten, das entspricht aber wahrscheinlich nicht den tatsächlichen Gegebenheiten damals.
er hätte sich befreit gefühlt ...
Genosse Anmerkung ofenkundig schon,
So mancher hat 'ne Leidenschaft, für Scherze, welche zweifelhaft ...
Kommentar veröffentlichen