Dit is Bärlin: Einer der beliebten "Spätis", die auf der Abschussliste stehen. |
Nachts ist es dunkler als draußen, aber wenn nach zehn Uhr abends die Bürgersteige in der deutschen Hauptstadt hochgeklappt werden, ist endlich genug Platz, um aufzuräumen, die beliebten Spätis zu beliefern und die Pflegedienste zu den Bedürftigen in Marsch zu setzen. Die Berliner Grünen jedenfalls möchten das Verkehrschaos in der bei Zuzüglern aus aller Welt so beliebten Millionenstadt entzerren, indem sie Schichtbetrieb an der Spree einführen: Damit Abgeordnete, Manager, Touristen und Armutsbedrohte tagsüber ungestört von Straßenlärm und baustellenbedingten Sperrungen flanieren können, wird das versorgungsbedingte Verkehrschaos in die Nacht verlegt.
Freie Fahrt für die Tagschicht
Für die Bewohner der Bionadeviertel keine große Umstellung, aber eine für die Attraktivität Berlins nicht unwesentliche Umstellung. Künftig könnten die, die den Berliner Betrieb wirklich am Laufen halten, ihren verschiedenen Tätigkeiten im Auftrag von Wählerinnen, Wählern und globaler Wirtschaft nachgehen, ohne mit dem üblichen Verkehrschaos in der Hauptstadt konfrontiert zu werden. Das wird nicht nur von sogenannten Ein- und Auspendlern verursache, also etwa Medienschaffenden, Ministerialen, Aufbauhelfern im Digitalbereich und Parlamentariern, die in den Außenbezirken oder im lauschigen Potsdam leben. Sondern auch von Baufahrzeugen, Edeka-Lieferanten und Amazon-Zustellern.
Weiter fahren dürfen sollen die auch nach dem Willen der Grünen. Doch eben in der Wechselschicht, "wenn die Bürger schlafen geh′n in der Zipfelmütze", wie es der anhaltische Poet Otto Ernst Hesse ausdrückte. Ein Plan, den Antje Kapek, die Sprecherin der Grünen im Abgeordnetenhaus, vorgestellt hat, sie die Verschiebung des störenden Liefer- und Wirtschaftsverkehrs in die Nacht vor. Geschäfte und andere Unternehmen, die sich dann nachts beliefern lassen müssen, könnten dann dafür neues Personal einstellen. Angesichts der Arbeitslosenquote in Berlin, die mit 9,6 Prozent doppelt so hoch liegt wie in dunkeldeutschen Krisenstädten wie Dresden und Erfurt könnte das auch bei der Mobilisierung zusätzlicher Fachkräfte helfen.
Verkehrsberuhigte Hauptstadt
Überzeugende Argumente, mit denen die bei der letzten Wahl zum Abgeordnetenhaus schwer abgestrafte frühere Regierungspartei zeigt, was für ein Staat mit ihr zu machen wäre: Verkehrsberuhigt, offen für neue Chancen und ungewöhnliche Ideen. Auch mit Blick auf die Klimaerwärmung und den anstehenden Hitzesommer sind die Vorteile unübersehbar: Werden Lieferfahrten in die Nacht verlagert, spart das viel Energie, weil die Fahrer die Klimaanlage ausgeschaltet lassen können. Bauarbeiter*innen hingegen müssten sich keine Gedanken um ihre persönliche Schutzausrüstung (PSA) nach der EU-PSA-Richtlinie 2016/425 vom 9. März 2016 machen. Zudem hätten die Familienväter unter ihnen mehr Tagesfreizeit.
Mit einem Verkehrschaos, das nur noch nachts erlaubt wäre, müssten Lieferfahrzeuge nicht mehr mit Pflegediensten, Notärzten und Touristen um den Platz auf den übervollen und vollgeparkten Straßen konkurrieren. Ausnahmen würden nach den Vorstellungen der Grünen nur noch für lärm- und schadstoffarme Lastwagen gelten, die elektrisch angetrieben werden und ohne sogenannte Abrollgeräusche unterwegs sind. Sie sollen Geschäfte oder digitale Unternehmen zur Belieferung mit veganen Speisen, Latte-Nachfüllpackungen für den Jura Giga oder den Franke A600 und klimaneutralen Winu alkoholfrei auf speziellen Routen anfahren.
Soziale Ursachen
Um das neue Verkehrsberlin durchzusetzen, hält Antje Kapek mehr Kontrollen und rasches Abschleppen von Falschparkern für angebracht. Angesetzt werden müsse jedoch "bei den sozialen Ursachen", also eben bei der traditionellen Fixierung der Wirtschaftstätigkeit auf die Stunden mit Tageslicht. Die Nacht sei nicht allein zu Schlafen da, die Nacht ist da
dass was gescheh', wie es Gustaf Gründgens so schön sang. "Wir haben ein Vollzugsdefizit", sagte die Oppositionspolitikerin.
3 Kommentare:
So viele Zeilen scheinen etwas zuviel der Ehre für Antje 'icke bin jrün und hab ooch eene Idee' Kapek.
es handelt sich hier ja um ein fortlaufendes tagebuch einer langweiligen tragödie. da kommt es auch auf die kleinen geschichten an
Handwerker, die bohren, sollten auch in die Nacht verbannt werden. Sie stören am Tag beim
Mittagschlaf.
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