Die Lieferung des Marschflugkörpers ist nicht das Problem. Aber wie die Zieldaten übermitteln, dass es niemand merkt? |
Vielleicht wäre ein Auto am besten. Es könnte nach Polen fahren. Das würde niemand merken. Ein USB-Stick unauffällig im Handschuhfach, der Fahrer am besten jemand von Lieferando. Selbst der Russe, der seine Augen und Ohren überall hat, würde das nicht mitbekommen. "Es gibt einige Bedenken, wenn wir eine direkte Verbindung zu den ukrainischen Streitkräften haben", heißt es im Taurus-Leak, das der Kreml hat breit streuen lassen, um Deutschland Position im westlichen Bündnis unmöglich zu machen.
Keineswegs kopflos
Aber schon diese große Besorgnis, geäußert im geschützten Raum von einem hochrangigen Offizier der Bundeswehr, zeigt: Keineswegs kopflos stürmt die Bundesrepublik als einer der zentralen Nato-Partner in ein neues Kriegsabenteuer. Nein, nicht nur im politischen Berlin, sondern auch auf der Hardthöhe und bei Geheimtreffen im digitalen Raum wird genau nachgedacht, was geht.
Tarnen, Tricksen, Täuschen, das sind die Standards vor jedem Waffengang. Das Auto könnte also nach Polen fahren, um den Ukrainern die Zieldaten für den großen Angriff auf die Brücke zur Krim zuzustecken, ohne dass jemand sagen könnte, woher sie kamen. Der erste Schlag mit der Wunderaffe "Taurus", die ein Jahr nach der Diskussion um die "Schwerenwaffen" deren Platz in der veröffentlichten Debatte eingenommen hat, könnte so ohne jede deutsche Beteiligung erfolgen. Im Idealfall wäre der Lieferandofahrer selbst Ukrainer, vielleicht aber auch Syrer oder irgendwas. Jedenfalls kein deutscher Staatsbürger.
Um den heißen Brei
Beim Gespräch um den heißen Brei haben die vier Bundeswehrexperten sich den Details noch nicht so genau angenähert. "Wir müssen dafür sorgen, dass es von Anfang an keine Formulierung gibt, die uns zu einer Konfliktpartei macht", sagt einer. "Daher wird sich die Frage stellen, ob wir einen solchen Trick anwenden und unsere Leute zur MBDA schicken können", versetzt ein anderer, wobei mit MDBA die Schrobenhausener Herstellerfirma der "Taurus" gemeint ist.
Die könnte den Ukrainer vielleicht neben den Marschflugkörpern auch ein Servicepaket liefern, dass gewisse Einschlaggarantien beinhaltet. Das wiederum aber könnte nicht von der Bundeswehr kommen, denn "das wäre schon Beteiligung", fürchtet die Runde. Mit fürchterlichen Konsequenzen: "Stellen Sie sich vor, die Presse würde erfahren, dass unsere Leute in Schrobenhausen sind oder dass wir in Autos irgendwo in Polen unterwegs sind! Eine solche Option halte ich für inakzeptabel."
Das Entsetzen der Erwischten
Das Entsetzen ist groß überall. Aus der Frage, wie Deutschland etwas tun könnte, was es nicht tun darf, indem es einen Weg findet, es trotzdem zu tun, ohne damit aufzufallen, und wenn doch, dann nur so, dass alle glaubwürdig abstreiten könnten, dass man es getan habe, ist die geworden, wie das alles hat auffliegen können. Der Kanzler, eben noch selbst unter dem Verdacht des Geheimnisverrats, verspricht rasche Aufklärung. Medienarbeiter sind entsetzt angesichts der plötzlichen Transparenz. Russland greift nun sogar an, ohne Fake News zu nutzen. Für Deutschland peinlich, für die Luftwaffe katastrophal.
Dass deutsche Offiziere hinter dem Rücken der Öffentlichkeit auf einem amerikanischen Online-Portal diskutierten, wie sich Deutschland in den Ukraine-Krieg einbringen könnte, ohne auch wieder am nächsten Weltkrieg schuld zu sein, ist seit Monaten ein großes Thema. Konsens herrscht darüber, dass Israel mit den Terroristen der Hamas verhandeln muss, weil es zu Waffenstillstand und Kompromisslösung keine Alternative gibt. Dass aber die Ukraine keinesfalls mit Russland verhandeln kann, weil es zum Niederringen Russlands auf dem Schlachtfeld keine Alternative gibt.
Verbotene Spionage
Unerwartet nutzt der Kreml nun aber auch die völkerrechtlich nicht regulierten, vom Strafgesetzbuch aber verbotenen Mittel der Spionage, um streng vertrauliche Informationen abzufangen. Die Geheimdienste haben wie immer nichts bemerkt, die Staatsanwaltschaft ermittelt, der Minister ist unter Druck. Zwar wissen die Medien genau, dass sie sich mehr über den Umstand als über den Inhalt empören sollten, aber ein Geschmäckle bleibt. Glücklicherweise § 80 StGB, der für die "Vorbereitung eines Angriffskrieges", der "die Gefahr eines Krieges für die Bundesrepublik Deutschland herbeiführt" mit lebenslanger Freiheitsstrafe oder mit Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren zu bestrafen drohte, bereits 2017 ausführlich konkretisiert worden.
Doch wie lange sich die Russenprotokolle aus der Offizierskonferenz als "unwahre oder gröblich entstellte Behauptungen tatsächlicher Art, deren Verbreitung geeignet ist, die Tätigkeit der Bundeswehr zu stören", mit dem § 109d (Störpropaganda gegen die Bundeswehr) als "wider besseren Wissens verbreitete Unwahrheit" vor Nachfragen isolieren lässt, ist unklar. Natürlich dienen die Nachrichten dazu, "die Bundeswehr in der Erfüllung zu behindern". Aber in "ihrer Aufgabe der Landesverteidigung"?
Zum Zehnjährigen des "Schlages ins Gesicht"
Knapp nach dem zehnjährigen Geburtstag des "Schlages ins Gesicht der deutschen Sicherheitsbehörden", als der das Abhören deutscher Verfassungsorgane inklusive der damaligen Kanzlerin durch US-Geheimdienste beklagt worden war, ging dank der zuverlässigen ICT-Lösungen", mit denen T-Systems die Arbeit nationaler und internationaler Sicherheitsinstitutionen seitdem unterstützt, ging niemand mehr davon aus, dass Freund wie Feind den Teilnehmern deutscher Geheimtreffen in jeder Sekunde über die Schulter schauen. Die Deutsche Telekom hatte doch damals schon das Hochsicherheitshandy SiMKo 3 entwickelt, eine "Weltneuheit" (Telekom), die sogar eine "BSI-Zulassung" erhielt.
Stattdessen aber benutzten die Teilnehmer am digitalen Geheimtreffen für Deutschland einen amerikanischen Clouddienst, der keine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung, aber ein besonders hohes Maß an Transparenz bietet. Das Auto wird nun nicht mehr über Polen fahren können. Kein Lieferandofahrer kann Zieldaten nach Osten schmuggeln. "Wenn eine solche politische Entscheidung getroffen wird, sollten wir sagen, dass die Ukrainer zu uns kommen sollen", hatte einer der Tüftler über einen Taurus-Einsatz, der nicht nach Deutschland zurückverfolgt werden kann, schon vorsorglich vorgeschlagen. Wenn die Aufgabe in der ersten Phase darin bestehe, nur Munitionsdepots zu treffen und nicht komplexe Objekte wie Brücken, dann könne man "ein schnelles Ergebnis erzielen".
Ob und wie genau, das "ist noch nicht entschieden. Aber es ist
akzeptiert."
5 Kommentare:
Die Veröffentlichung der Protokolle durch die Russen erfüllt den Tatbestand der "Verfassungsschutzrelevanten Delegitimierung des Staates". Ich erwarte, daß Herr Haldenzwerg umgehend Akten über die beteiligten Russen anlegen läßt!
Um Danisch wird einem zuweilen bange: Er erzürnt sich, dass die sich hätten so plump erwischen lassen. Nicht aber, dass die überhaupt in Erwägung ziehen, derartig auf die Russen loszugehen.
Falls die ganze Angelegenheit nicht ohnehin von A bis Z erstunken und erlogen ist.
Nee, glaube ich nicht. Das ist doch wieder so eine Correctivgeschichte. Unsere Soldaten sind Bürger in Uniform. Sie schützen unsere Heimat, zu Land, der Luft und auf der See, yuchee !
Wenn man davon ausgeht, das Offiziere Idioten sind, liegt man meistens richtig. Das war beim Schwejk so, das war bei meinem Wehrdienst bei der NVA so und es ist heute noch so. Kluge Menschen halten sich von der Armee fern, soweit sie nicht dazu gezwungen werden.
Wenn man davon ausgeht, das Offiziere Idioten sind
Kaufe ein "S" dazu! --- So erzählte mir unser alter Mähdscher (der war noch bei der Flakartillerie des Leybhafftigen, wie Dieter Noll) Mitte der 70er im Bunker: Anfrage an Sender Jerewan: Könnten zwei NVA-Offiziere auf einer Kanonenkugel reiten? - Im Prinzip ja. Aber Dumdum-Geschosse sind verboten.
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