Donnerstag, 7. März 2024

Machtwort: Hybrider Einsatzbefehl der Worthülsenfabrik

Die Entdeckung der Hybridität ist kein Zufall: Die BWHF in Berlin hat den Begriff als Handreichung an alle Kommentatoren und Warner herausgegeben.

Es waren Autos, Heizungen und Menschen, nicht ganz so und nicht ganz anders. Trans Transportmittel, mit einem Rad in der Zukunft, mit einem anderen noch in der fossilen Ära, oder Wärmeversorger im Land vor der vollendeten Fernwärmeplanung, mit einem Heizmonopol für jede Stadt und jeden Straßenzug. Auch Familienmitglieder, Nachbarn und Freunde konnten hybrid sein, eben noch Mama und Papa, schon Papa und Mama, gefühlsangleichende OP hin oder her.  

Die Entdeckung der Hybridität

Doch "Hybrid", ausgesprochen wie hübrid, deutete seine wahre Wirkungsmacht stets nur an. Das Wörtchen, abgeleitet vom Griechischen ὕβρις hýbris‚ das ehemals für "Übermut" und "Anmaßung" stand, arbeitete sich über das Lateinische "hybrida" für "Bastard" oder "Mischling" bis ins postmoderne Transformationsdeutsch. Hier nun verwandelt sich die übermütige Anmaßung, mehr als eins sein zu wollen, in ein Qualitätsmerkmal: Der hybride Politiker kann Geben und Nehmen zugleich, der hybride Staatshaushalt ist ausgeglichen trotz Milliardenminus. Das hybride Sparpaket spart keinen Cent, aber, und die hybride Demokratie ist offen für alle, so lange sie einer Meinung sind.

Dass ein Angriff Russland auf die Ukraine, der anfangs als "Zeitenwende" den Beginn von etwas ganz Neuem markierte, schon zwei Jahren nach einem neuen Namen suchen wird, war für die Mitarbeitenden der Bundesworthülsenfabrik (BWHF) in Berlin keine Überraschung. Das Management von Abnutzungserscheinungen gerade in einer Aufregungsgesellschaft gehört zum Alltag der rund 2.340 Worthülsendreher, Propagandapoeten und politischen Parolendichter, die als nachgelagerte Bundesbehörde alle Parteien des demokratischen Blocks mit Verbalfutter für Bundestagsreden, Talkshowauftritte und Social-Media-Kampagnen versorgen. 

Schaden verbal abwenden

Im aktuellen Fall der "gezielten Veröffentlichung eines Gesprächsmitschnitts einer Webex-Sitzung hochrangiger Bundeswehrsoldaten, unter anderem mit dem Inspekteur der Luftwaffe Ingo Gerhartz, zum Taurus Marschflugkörper" (DPA) hieß es für die Truppe von BWHF-Chef Rainald Schawidow schnell reagieren, um Schaden von Parteien, Regierung und Land abzuwenden. Im ersten Zugriff galt es, die Etablierung des Begriffes "Tauris-Leak" zu verhindern, der aufgrund historischer Präzedenzfälle und durch das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) als positiv vorbelastet gilt. 

Mit der Formulierung, es handele sich um ein "Musterbeispiel russischer Informationskriegsführung" gab die BWHF dem Verteidigungsminister dann ein Werkzeug in die Hand, das Debatten über die Gesprächinhalte überflüssig machte: Wer sie weiter zu führen versucht, signalisiert der Halbsatz, macht sich zum unbezahlten russischen Söldner. Im nächsten Schritt wurde das Sicherheitsleck zur Panne herabgestuft. Amtliche Ursache ist nun ein "individueller Fehler", bedauerlich, aber durch das Hochfahren der Schutzmaßnahmen (Nancy Faeser) gegen Spionage ohne Wiederholungsgefahr.

Mächtiger Schutzzauber

Etymologisch flankiert wird dieser mächtige Schutzzauber durch den Begriff der Hybridität, ohne den keine aktuelle Beschwörung der Ereignisse auskommt. Die Verbreitung des Gesprächsprotokoll ist ein "hybrider Angriff Russlands zur Desinformation", der Teil der "hybriden Kriegsführung" Russlands und in dessen "hybridem Krieg" ist. Dabei handelt es sich um eine flexible Mischform der offen und verdeckt zur Anwendung gebrachter Konfliktmittel mit dem Zweck, die Schwelle zwischen den völkerrechtlich angelegten binären Zuständen Krieg und Frieden zu verwischen, die der amerikanische Militärtheoretiker Frank G. Hoffman 2005 erstmals beschrieben hat. 

Völkerrechtlich ist Spionage nicht einmal verboten, der "hybride Krieg" ist bis heute nicht einmal allgemeingültig definiert, deshalb ist umstritten, ob die Praxis unter das Perfidieverbot fällt. Für die BWHF gab es deshalb zur Entscheidung, mit der Betonung des hybriden Charakters der Angriffe das hervorzuheben, was sich mit Worten nicht beschreiben lässt, keine Alternative: Auch Deutschland Abwehr gegen die Angriffe ist hybrid, eine Mischung aus Leugnung, Verharmlosung, Schweigen und Bahnstreik. Der Russe mag Deutschland spalten wollen, aber den Schulterschluss zwischen Politik und kritischen Medien, den sprengt er nimmer.


7 Kommentare:

Die Anmerkung hat gesagt…

Am Schluß bricht die wichtige PPQ-Meldung einfach so ab.

Wieso hält sich der Hamburger Hetzer nicht an die staatlichen Worthülsenvorgaben?
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Abgehörte Schalte der Luftwaffe

Was das Taurus-Leak über Putins Kalkül verrät

Der russische Lauschangriff auf die Luftwaffe kam wohl dank eines naiven Generals zustande.
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Naiver General, ich krieg mich gar nicht mehr ein.

ppq hat gesagt…

danke, hatte das netz verschluckt

Die Anmerkung hat gesagt…

>> danke, hatte das netz verschluckt

Vom NetzwerkDG? Traue ich dem zu.

Anonym hat gesagt…

Der Putin macht Kriege, die man nur mit ganz klugen und schlimmen Fremdworten beschreiben kann. Da stehen dem Tagesschauseher die Haare zu Berge.

ppq hat gesagt…

@anmerkung: ich warte jeden tag

Anonym hat gesagt…

“Bundesworthülsenfabrik (BWHF)”

Weisungsgebunden Hand in Hand mit der PRansatlantischen Seifenblasenfabrik (PSBF)

“Aufregungsgesellschaft”

im Zeitalter des Hystericum. Mein Senf: Der hybride Genozid der Achse des Guten.

Zum Thema: Mir ist die Stelle “Ich habe eine schöne Aussicht aus meinem Hotelzimmer” halt einfach aufgefallen. Neulich las ich von einem, der von sich behauptete, ein paar Jahre NATO mit Geheimhaltungsstufe hinter sich zu haben. Und der schrieb auch, das ist die Schlüsselstelle. Was er nicht weiter ausführte, allerdings der Hinweis auf Fenster, Licht und Schallwellen hat nicht gefehlt, was auch die wechselhafte Gesprächsqualität erkläre. Ich schloss daraus, dass dieses Leak kein wirkliches ist und wie es der Zufall will, hat der Kanzler zum Taurus auch nicht genug zu melden - last but not least Abstimmung(en) im BT. Aber verschleppen kann er, soviel MACHT hat er gerade noch.

Dass Pistolius seine Leute deckt, passt auch dazu. Diese Gehaltsstufe deckt man nicht ohne triftigen Grund, schon gar nicht für angebliche Stümperei. Und stümperhaft war nicht nur die “schöne Aussicht”. Z.B. der Eindruck, dass keiner der Teilnehmer einen halbwegs geraden Satz formulieren konnte. Ich werde die Vorstellung nicht los, wie jeder für sich mit einem Fresszettel in der Hand vor sich hin brütet: Bilden sie einen Satz mit den Begriffen “Taurus”, “Brücke” und “zerstören”. Worauf Gehirnkrampf einsetzt und loses Geplapper die “schöne Aussicht” beschwingt.

Angeblich seien Beiträge im Netz dahingehend gelöscht worden, samt Account. Nun ja, mir ist die “schöne Aussicht” halt irgendwie aufgefallen, hängen geblieben und der einzige war ich auch nicht. Etwas mehr Professionalität der PRopagandierenden und es hätte auch bei mir geklappt. Quantität vor Qualität ist nicht immer das Gelbe vom Ei.

Die Amis auf Kurs
Grüsse
kosh

PS: Man tut was man kann und man kann was man tut.

Anonym hat gesagt…

ganz klugen und schlimmen Fremdworten

Die Edellinken von den "Ketzerbriefen" wurden schon von den Salonbolschewisten als "militant" geschmäht. Nichts weniger als das sie sind. Ich behaupte, es war in Kindergartensprache gemeint: Ganz ganz böse.