Sonntag, 24. März 2024

Klischeebild Inflation: Fressen lassen

Wissenschaffende aus Sachsen bestätigen jetzt die Thesen des Wirtschaftsweisen Marcel Fratzscher: Inflation muss als neue Erfahrung angenommen werden, dann fällt der Umgang leichter.

Für die Wissenschaft ist die Sache schon länger glasklar. Ein bisschen Inflation, auch ein bisschen höhere Inflation ist willkommen – "und notwendig für die Transformation der deutschen Wirtschaft", hatte der Wirtschaftsweise Marcel Fratzscher bereits vor dem beginn der anhaltenden Preissteigerungswelle deutlich gemacht. Jammern und Klagen über gestiegene Energiepreise führe in die Irre, denn klimaschädigendes Verhalten von Unternehmen und Menschen müsse künftig teurer werden damit sich weniger Menschen klimafeindliche Lebensgewohnheiten leisten können.  

Ein mulmiges Gefühl

Dass zuletzt selbst Minister der aktuellen Bundesregierung den im Koalitionsprogramm eigentlich festgeschriebenen Kurs auf deutliche Preissteigerungen kritisieren, zeigt für den in Sachsen arbeitenden Transformationsforscher Herbert Haase und seine Kollegin Sandra T. Weichert-Sassenpuhl die Verunsicherung, die selbst Teile der Regierung ergriffen habe. "Ein mulmiges Gefühl schwimmt bei manchen mit, man fragt sich offenbar, wie weit können wir gehen, ohne dass uns der Laden um die Ohren fliegt", schildert die studierte Krisenökonomin Weichert-Sassed ihre Sicht auf die Vorgänge im politischen Berlin.

Doch ist diese Furcht vor dem Zorn der Bevölkerung überhaupt angebracht? Sind nicht die Menschen draußen im Land bei klarer Anleitung sehr viel leidensfähiger und mitmachbereiter als oft angenommen wird? Weichert-Sassenpuhl, die an Haases Climate Watch Insitut im sächsischen Grimma Kipppunkte der Klimabereitschaft für alle Bundesländer berechnet hat, ist überzeugt, dass es keinen Grund zur Beunruhigung gibt. "Wir sehen in Staaten wie Venezuela, der Türkei und Argentinien, dass Staaten auch relativ stabil bleiben können, wenn Inflationsraten im drei- und vierstelligen Bereich liegen." 

Die Angst der Deutschen

Doch warum ist gerade die Angst der Deutschen und ihrer Regierung so groß, wenn es um Geldentwertung und Wohlstandsverluste geht? Haase, der seit Jahren intensiv an den Transitionsprozessen forscht, führt es auf Gerüchte zurück, die durch Filme wie "Der große Crash" oder "Inflation im Paradies" genährt worden sei. Auch Fernsehsendungen hätten mit Dramen über Zusammenbrüche oder "Das gierige Biest" einen Anteil an den irrationalen Ängsten, die heute Millionen bewegen, ihr Geld zusammenzuhalten, statt es gegen die steigenden Preise einzusetzen. "Rational wäre ja, jetzt zu kaufen, weil es in Zukunft teurer wird", sagt Weichert-Sassenpuhl. Zumal der gesunde Menschenverstand jeden raten müsse, zu kaufen, so lange noch Geld da sei.

Die Bürgerinnen und Bürger aber handeln nicht danach. Haase glaubt, dass es auch damit zu tun hat, dass galoppierende Geldentwertungen nur äußerst selten vorkämen. "Kaum jemand ist über familiäre Erzählungen und dramatisierende Medienberichte hinaus damit vertraut." Das tatsächliche Risiko eines Wohlstandsverlustes stehe in keinem wirklichen Verhältnis zum Verlust an Lebensqualität, der eintritt, wenn der Alltag in Angst verbracht werde. 

Das Klischee eines Ungeheuers

Wieso also fürchten Millionen Menschen sich dennoch so sehr vor einem simplen Kaufkraftverlust? Die Inflationspsychologin Sandra T. Weichert-Sassenpuhl weiß die Antwort. Neben der Furcht, die durch Filme getriggert worden sei, in denen Zeiten der Inflation sehr monströs dargestellt wurde, erfülle die Inflation perfekt das Klischee des Ungeheuers. "Sie ist nicht zu sehen, nicht zu hören, aber überall", sagt die Forscherin. Niemand könne ihr entkommen, niemand könne weglaufen oder ausweichen. "Es ist einfach die schiere Größe, ihr gigantisches Maul, die vielen Zähne, die die Vorstellung nähren, dass jeder einfach verschlungen werde."

Ob drei Prozent, zehn oder 27, gefühlt sei Inflation immer größer als in Wirklichkeit. "Dadurch wiederum erscheint sie noch furchteinflößender als etwa eine einzelne Mietpreiserhöhung oder eine Nachzahlung auf die Erdgasrechnung." Galoppierende Geldentwertung gleiche einem Wasser, das groß und unbekannt sei oder einem großen Tier, das sehr schnell und präzise und mit guten Sinnen für die Jagd ausgestattet ist und nicht ermüdet, ehe es nicht alle beute gefressen habe. "Und es spielt natürlich hinein, dass der Einzelne es eben nicht selbst im Griff hat." 

Obwohl die Wahrscheinlichkeit, am Ende einer hart inflationären Phase noch Geld übrig bleibt, viel höher ist als die, gar keines mehr zu haben, ängstige die unwahrscheinliche Vorstellung Menschen so sehr, dass sie bereit sind, Regierungs- und Parteienvertreter verantwortlich für ihre Misere zu machen. 

Nager am Hungertuch

Selbstverständlich gebe es auch Opfer, Menschen, die verarmen, die am Hungertuch nagen und wegen der auseinanderklaffenden Schere zwischen arm und reich bei der Tafel anstehen müssen. "Aber das sind Einzelfälle - natürlich sehr tragische Fälle, jeder für sich." Die gängige Annahme unter Forschern sei jedoch, dass die meisten Inflationen in eine Rezession münden, die dann, wenn es keine Hoffnung mehr gebe, zu einem Aufschwung führe. 

In Regionen wie Deutschland, in denen die einstige Inflationshärte verlorengegangen sei, weil die Zentralbanken hier normalerweise Wert auf eine andauernde, langfristige aber unauffällige Entwertung von Löhnen, Gehältern und Erspartem achten, entzündeten schon Inflationsraten von sieben, neun oder zwölf Prozent mehrere Sinnesreize: "Verstärkter Herzschlag, Verzweiflung, das Gefühl der Ausweglosigkeit, Ausgeliefertsein", zählt Herbert Haase auf. 

Das sei ein zweischneidiges Schwert, denn aus den irrationalen Ängsten resultiere irrationales Verhalten. "man erregt sich, sucht Schuldige und meint, mit Protesten etwas erreichen zu können." Gehe von der Inflation an sich keine direkte Gefahr für Menschen aus, sei das Hassangriffen auf Verantwortungsträger anders. "Die fühlen sich unter Druck gesetzt und dann ist es möglich, dass es zur direkten Konfrontation kommt. "


7 Kommentare:

Die Anmerkung hat gesagt…

OT

Von Claus Christian Malzahn

Das ehemalige Mitglieder in Berlin-Kreuzberg unbehelligt lebten, sei durch ideologische Kontinuitäten im linken Milieu begünstigt worden.
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Die Schreibschwächen der Springerkulis sind legendär und ebenfalls eine Kontinuität des gefühlslinken Milieus.

Abgesehen davon, der Satz ist natürlich ideologischer Unfug, allerdings ideologisch konnotiert, auch wenn sehr unlogisch.

Anonym hat gesagt…

Über Umwege kam ich an eine einfache, ganz leichte, ausziehbare Gummiwurz eines vormaligen freiwilligen Helfers der Volkspozilei, den Mitte der Neunziger der Suff hinweggerafft hatte.
Fiel mir so spontan ein, als ich diese Schmalzbacke sah.
Ist das schon Hähtspietsch?

Anonym hat gesagt…

Hohe Inflation ist vor allem ein Grund für Fachkräftemangel.

Der lachende Mann hat gesagt…

Warum hört man schon so lange nichts mehr von Bernd und seinen häufig auf Persia-Dünndruckpapier veröffentlichten lustigen Abenteuern?

ppq hat gesagt…

das ist eine gute frage. bernd, wo bist du? knast? koma? nordkorea?

Anonym hat gesagt…

Wollte ich auch bereits fragen, wo Bernd / Sepp abgeblieben ist. Hamburch wimmelt von Roten Khmer.


Was Ananas: Bei Godwin, merkt dieser Eierkopp "Dr." Roland Ullrich bei EIKE denn gar nicht, wie er sich mit seinem penetranten Herumgehitlere zum Vollklops macht? In mindestens drei von vier seiner Beiträge lässt er den Adolf raus. Ob er von seinem Vater missbraucht wurde?


Die Anmerkung hat gesagt…

>> bernd, wo bist du? knast? koma? nordkorea?

Gefaesert?