Im Potsdamer Geheimzirkel berieten sie noch lange nicht, ja, nicht einmal die Einladungen zum Geheimtreffen mit "Correctiv" waren raus. Doch das ostdeutsche Rostock hatte sich die große Strategie der Vertreibung von Menschen, Nachbarn, Freunden und ganzen Familien schon zum Programm gemacht: Die Abschiebeabteilung im Rathaus hieß "Remigration", beschäftigt dort wurden unter anderem Sachbearbeiter*innen Remigration mit Aufgaben wie dem "Bearbeiten, Prüfen und Entscheiden von Anträgen ausreisepflichtiger Ausländer*innen auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen" oder dem unmenschlichen "Entscheiden über Erteilung einer Duldung oder der Abschiebung/ Überstellung bei Erlöschen der Aufenthaltsgestattung" inklusive der "Rückkehrberatung".
Remigration über Jahre akzeptiert
Fast sieben Jahre eine gängige Praxis am Ostseestrand. Brutal und gnadenlos, zugleich aber auch vollkommen unbehelligt und allgemein akzeptiert. Der Bund selbst stellte der Hansestadt seine digitale Infrastruktur ausdrücklich zur Verfügung, um europaweit nach geeigneten Schergen für das "Prüfen und Verfügen von Ausreiseaufforderungen illegal eingereister Ausländer*innen oder rechtskräftig abgelehnter Asylbewerber*innen" zu suchen.
Was Frontex für Europa, eine Institution, die ähnlich wie der Verfassungsschutz des Bundes Menschen anzieht, denen es über Jahre hinweg gelingt, ihre wahre Gesinnung zu verbergen, war die "Stadtamt" genannte Behörde der größten Stadt Mecklenburg-Vorpommerns für Deutschland. Niemand schämte sich hier, den Verlust des Rechts auf Einreise und Aufenthalt nach dem Freizügigkeitsgesetz EU zu prüfen. Niemand schreckte davor zurück, "Rückführungsmaßnahmen" einzuleiten, das "Anhören unerlaubt aufhältiger Ausländer*innen" (Stadt Rostock) oder gar "aufenthaltsbeendende Maßnahmen nach ausländerrechtlichen Bestimmungen" einzuleiten.Ungestört im maritimen Flair
Selbstbewusst und ungestört agierten die Beamten im "maritimen Flair" der "Stadt, die "Urlaub, Leben und Arbeit miteinander vereint" unter der Überschrift "Remigration". Die von der Linkspartei gestellte Oberbürgermeisterin Eva-Maria Kröger hielt Remigration für vollkommen normal. Die von der SPD geführte Landesregierung in Schwerin hatte keinerlei Einwände gegen "Entscheidungen über aufenthaltsbeendende Maßnahmen" und die "Prüfung von Ausweisungen" (Stadt Rostock) unter einer Überschrift, die genau so nicht nur seit Jahren in rechtesten Verschwörerkreisen, sondern auch unter anderem im AfD-Parteiprogramm verwendet wird, ohne dass die Zivilgesellschaft hörbar aufbegehrte.
Ein Ding der Unmöglichkeit, denn dass Staatsangestellte mit einer Planstelle "befristet als Krankheitsvertretung gem. § 14 Abs. 1 Nr. 3 TzBfG in Vollzeit mit 39 Wochenstunden" Remigrationen, Ausweisungen und Deportationen veranlassen, schadet nicht zuletzt auch Deutschlands Ansehen im Ausland. Nach dem Bekanntwerden der rechtsextremen Vertreibungspläne sah sich die Stadtverwaltung denn auch sofort von allen Seiten gemahnt, ihr Vertreibungsressort schleunigst umzubenennen. Die "rechte Stellenanzeige" (Taz) passe nicht mehr in eine Zeit der offenen Arme, die "Posse" (Der Spiegel) müsse schleunigst beendet werden, indem ein neuer Name verwendet wird. Zumindest bis ihn Rechte, Rechtsradikale, Rechtspopulisten, Rechtsextreme und Rechtsextremisten kapern.
Knallharte Konsequenzen
Nun ist die Entscheidung gefallen. Rostock zieht Konsequenzen und benennt die hauseigene Naziabteilung um. Die "Remigration" wird den Rechten überlassen, der neue Name des Fachbereichs für Abschiebungen, Überstellungen und Rückführungsmaßnahmen lautet nun "Migrationsamt" wie die veränderte Stellenausschreibung für die händeringend gesuchte "Sachbearbeiter*in II" auf der Serviceseite des Bundes verrät. Als Migration wird von Wissenschaftler derzeit noch eine auf Dauer angelegte räumliche Veränderung des Lebensmittelpunktes einer oder mehrerer Personen bezeichnet. Inkludiert sind in der Fachvokabel also ausdrücklich Bevölkerungsbewegungen in jede Richtung, auch über Landesgrenzen hinweg und ohne freiwillige Zustimmung der Betroffenen.
Damit bleibt der aggressive Grundton erhalten, die Forderungen aus der Zivil- und Mediengesellschaft, künftig müsse ein neuer Ton angeschlagen werden, werden rundheraus ignoriert. Für Rostock, eine Touristenstadt, die sich als "ideales Reiseziel" und ungeachtet aller Kritik trotzig rühmt, "zudem sehr familienfreundlich" zu sein, ist diese Entscheidung ein Armutszeugnis. Wie einfach wäre eine Umbenennung in "Willkommensabteilung" oder "Willkommenskulturressort" gewesen. Doch aus Angst vor dem nach rechts gerutschten Konsens der Stadtgesellschaft wagt es die linke Oberbürgermeisterin offenbar einfach nicht, ein solches Zeichen zu setzen.
2 Kommentare:
OT
Es gibt ihn ja doch noch, den Widerstand.
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Flensburg
Mann (18) aus Sierra Leona leistet Widerstand
Die Globalistenklos TAZ und Spiegel wie immer vereint, wenn jemand nicht von ganzem Herzen an die tagesaktuelle Sache glaubt.
TAZ
Kritik daran wehrt die Stadt ab: Rechte missbrauchten den wissenschaftlichen Begriff.
Naja, äh nein: Ihr tut das. Ihr Linken macht etwas daraus, was es nicht ist.
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