Dienstag, 16. Januar 2024

Remigration: Rückwirkende Entdeckung

"Remigration" hat nun die höchsten Sprachweihen erhalten.

Wie aus dem Nichts kam er, abgelauscht einem geheimen Treffen dunkler Mächte am Rande von Berlin. Und schon eine Woche später hatte der Begriff "Remigration" die höchsten Sprachweihen erhalten. Die "Jury der sprachkritischen Aktion" ernannte das Wort zum "Unwort des Jahres", und zwar zu dem des vergangenen. Als es quasi noch nicht existierte: Im ehemaligen Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" etwa, eigentlich ein verlässlicher Feuermelder für neue Modebegriffe, findet sich das Wort in den 74 Jahren vor der Enthüllung über die Machenschaften der rechten Abschiebemafia ganze 56 Mal.  

"Geheimplan für Deutschland"

Erst mit den Nachrichten über den gefährlichen "Geheimplan für Deutschland" (Correctiv) Mitte Januar machte die Vokabel Karriere. Die "Remigration", vor fünf Jahren noch Beifang in einem Text, mit dem der "Spiegel" enthüllte, wie die AfD heimlich mit den rechtsextremen Identitären zusammenarbeitet, ist nun schon nicht mehr nur ein "Begriff, den Rechtsextremisten nutzen, um Zwangsausweisungen oder Massendeportationen von Menschen mit Migrationsgeschichte" zu verschleiern. Sondern ein Wort, das als "Unwort" ein ganzes Jahr geprägt hat.

Das hat Tradition. Auch der Vorjahressieger "Klimaterroristen" oder das noch ein Jahr weiter zurück erfolgreiche "Pushback" hatten gesamtgesellschaftlich keinerlei Bedeutung, als die Erfinder des Unwortes "Unwort" sie auf den Siegerthron hievten. Seinerzeit noch ausgewählt aus 900 Vorschlägen, diesmal schon aus 2.300, zu denen durchaus geläufige Begriffe wie "Sondervermögen", "Öko-Diktatur", "Abschiebepaket" und "Abnutzungskrieg" gehörten. Sie alle wurden weitaus häufiger gebraucht, vor allem aber nicht nur in Kreisen, in denen fortwährend nach euphemistischen Tarnbegriffen für unaussprechliche Vorhaben gesucht wird.

Sondervermögen war zu offiziell

Das "Sondervermögen" der Bundesregierung oder aber deren "Abschiebepaket" zu einem Unwort zu erklären, wäre freilich gegen Geist und Buchstaben der bisherigen zehn Siegerbegriffe gewesen. Bei allen hat sich die "überwiegend aus Sprachwissenschaftler*innen bestehende Jury in Marburg" (NDR) strikt für Kandidaten entschieden, die keine offizielle Geburtsurkunde der Bundesworthülsenfabrik (BWHF)haben. Die "Lügenpresse" etwa ist zwar ursprünglich eine Erfindung des Theologen Adolf von Harnack, der sich "entschieden für eine soziale Demokratie in der Weimarer Republik" engagiert haben soll. Doch wie "Volksverräter", das von von Sozialisten und Revolutionären des Vormärz als politischer Kampfbegriff geprägt worden war, machte es erst Furore, als es im modernen Deutschland missbraucht wurde.

Ein Hauch von Sprachkampf

Von "Sozialtourismus", vom CDU-Bundestagsabgeordneten Günter Krings erfunden und von der Nachrichtenagentur DPA in Umlauf gebracht, über "Klimahysterie" und "Corona-Diktatur" bis hin zu "Gutmensch" zieht sich ein mehr als nur ein Hauch von Sprachkampf durch die Juryentscheidungen. Man kritisierte die Verwendung von Worten durch die Falschen, um "für einen angemessenen Sprachgebrauch" zu "sensibilisieren". Und ist dafür auch bereit, wie bei "Remigration" zu behaupten, der Begriff sei "im vergangenen Jahr als rechter Kampfbegriff, beschönigende Tarnvokabel und ein die tatsächlichen Absichten verschleiernder Ausdruck gebraucht worden."

Muss nicht stimmen, erhebt auch keinen Anspruch auf Vermeidung des "gegen die Prinzipien der Menschenwürde oder Demokratie" verstoßenden Wortes, das "gesellschaftliche Gruppen diskriminiert oder der euphemistisch, verschleiernd oder irreführend ist". Wenn die Richtigen es nutzen wie etwa  das Wort "Klimaterroristen", auf das die ARD weit nach seiner Enttarnung als Unwort des Jahres 2022 zurückgriff, um Milliardäre als "die wahren Klimaterroristen" zu brandmarken.


8 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

https://www.ndr.de/kultur/Unwort-des-Jahres-2023-Was-verbirgt-sich-hinter-Remigration,unwortdesjahres142.html

Zitat:
Mehr als 2.300 Vorschläge waren 2023 bei der Jury an der Philipps Universität in Marburg eingegangen.

Es muss ja dann doch schon 2023 unwortmäßig schlimm mit der Remigration gewesen sein. Die werden doch nicht flunkern oder auf die Schlagzeilen des Tages schielen.

Jury-Sprecherin Constanze Spieß nimmt das Wort gnadenlos und sprachlich unbeholfen auseinander:

Der Ausdruck "Remigration" ist eigentlich vom lateinischen Verb "remigrare" abgeleitet - das heißt: "zurückwandern", "zurückkehren". "Remigration" heißt dann "Rückkehr", "Rückwanderung". Das Wort ist in der Identitären Bewegung, in rechten Parteien und rechtsextremen Gruppierungen zu einem Euphemismus umgedeutet worden.

Ich helfe mal: Es wurde umgedeutet und ist jetzt ein Euphemismus. Die Wertung, dass es ein Euphemismus sei, war nicht die Umdeutung an sich.

Wichtig ist hier auch zu sagen, dass sich das schon an der Grammatik zeigt. "Remigrare" ist ein Handlungsverb, und Handlungsverben können eigentlich nur um [sic!] Aktiv verwendet werden. Zu beobachten ist aber, dass auch Ausdrucksweisen fallen wie "XY wird remigriert" oder "XY muss remigriert werden". Ich kann aber nicht zurückgewandert oder zurückgekehrt werden. Hier findet eine Umfunktionalisierung der Grammatik statt, und das schlägt sich auch auf die Bedeutung nieder.

Das hat sie schön klug geschrieben, aber ursprüngliche Bedeutungen und semantische Funktionen von Wörtern ändern sich. Deswegen musste man die Etymologie erfinden.
Zum Beispiel wird 'Migration' auch im Passiv benutzt, etwa 'werden' Daten migriert. Sowas kann Wörtern immer passieren.

Anonym hat gesagt…

OT Schmunzeln mit Fefe

Die Bauern sind also eigentlich sauer auf Altmaier. Das entlädt sich nur erst jetzt, gegen Leute, die nichts dafür können, ...

Scheiße Bernd, gäbe es bloß was, was die Regierung machen könnte, um Gesetze zu ändern.

ppq hat gesagt…

sie denken sich das alles einfach aus, wie es passt

Anonym hat gesagt…

OT

„Dies ist ein Ort der Mahnung, des Erinnerns und Gedenkens. Hier wurden die Leichname Tausender Opfer der Luftangriffe des 13. und 14. Februar 1945 verbrannt. Damals kehrte der Schrecken des Krieges, von Deutschland aus in alle Welt getragen, auch in unsere Stadt zurück.“
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DIESER Dreck kann nun wirklich und wahrhaftig weg.
Heißt auf Neudeutsch auch victim blaming.

Anonym hat gesagt…

Schwarzer Humor ist "rassistisch": AfD-NRW-Landeschef Martin Vincentz (Foto:Imago)
Lächerlich: Linke Gutmenschen drehen durch über Amazon-Witz von AfD-Politiker
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Wenn er so teils lächerliche, teils obszöne, teils wichtigtuerische Gebärden mit dem Krabbelfinger macht, dann kann er mich. Ist ja fast widerlich wie der Biervogel auf Da'awa-Tour.

Anonym hat gesagt…

eo 16. Januar 2024 at 17:10

.
Entweder
ist sie nicht
mutig genug
oder nicht ganz
sauber. Damit zeigt
sie dann wohl, daß sie
ganz vorne eben
doch nicht die
Richtige
ist …
.
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Noch einer der - wenigen - Gewitzten unter den Pipifaxen.
Das perverse Lieschen Alice hat bei mir abgefrühstückt. wähählen muss man die Gurkentruppe ja gleichwohl, damit (((Gregor der Notar))) nicht noch abstaubt. Faszinierend übrigens, wie leicht sich sogar die sich (zu unrecht) gewitzt dünkende Opposition schwuppdiwupp jeder gegen jeden aufhetzen lässt ...

Anonym hat gesagt…

bald wird es Rückführungszentren (RZ) geben .Fröhliche Negerburschen werden dort interniert und dann nach Lumumbaville ausgeflogen - dort Weiterverwendung als Fahrradständer .

das dicke Plärrkind sitzt beim Lanz und redet dummes Zeug - auf mich wirkt sie wie eine behinderte Hauptschulschantall

Anonym hat gesagt…

bald wird es Rückführungszentren (RZ) geben

Schamäh/aldrig/näwwer -----