Montag, 29. Januar 2024

Deutschlands Wirtschaftskrise: Die kranken Männer Europas

Deutschlands wirtschaftliches Herz schlägt allen Unkenrufen zum Trotz kräftiger denn je - wenn nicht die vielen Drückeberger wären, gäbe es auch keine Rezession.

Deutschland am Boden. Die Wirtschaftsdaten sind eine Katastrophe, die Regierung weiß nicht mehr weiter, der Finanzminister verwaltet nur noch Löcher und selbst die demokratische Opposition behauptet, das alles liege an falschen Weichenstellungen. Zu viel Bürokratie, die Steuern zu hoch, die Abgaben noch obendrauf. Keine Zeitenwende, kein Deutschlandtempo, dafür aber Energieausstieg, Stromverknappung und Versorgung durch das Ausland als einzige Hoffnung. Aus dem versprochenen Wirtschaftswunder sei eine ausgewachsene Rezession geworden, behaupten Kritiker.

Kranke treiben Land in Rezession

Selbst wohlmeinende Stimmen, die es aus Gründen der Loyalität vermeiden, das "R-Wort" in den Mund zu nehmen, bemängeln inzwischen, dass der Niedergang nicht gut genug erklärt werde. Andere schreiben bereits am Regierungsprogramm für die zweite Hälfte der Fortschrittskoalition, die einst mit dem Versprechen angetreten war, "die Gesellschaftspolitik zu modernisieren" (Der Spiegel), nun aber  "bei vielen Vorhaben gescheitert, geschrumpft oder aufgeschoben" sei. Selbst die Cannabislegalisierung, ein zentrales Versprechen an das Wahlvolk, "kippele".

Doch von wegen nichts beschlossen, Beschlossenes nicht durchgeführt, Bestehendes zerstört und Bewährtes geschlossen. Wie unfair all diese Vorurteile an einer Regierunn sind, die das Land "gut" (Spiegel) führt, zeigt jetzt eine Studie des Verbands der forschenden Pharma-Unternehmen (VFA), die über die Tagesschau veröffentlicht wurde. Danach haben die schlechten Wirtschaftszahlen, die anlaufenden Entlassungswellen, Inflation und Produktionsrückgänge nun doch nichts mit falschen Regierungsentscheidungen zu tun. Vielmehr sei der "rekordhohe Krankenstand im vergangenen Jahr" der Analyse zufolge dafür verantwortlich gewesen, dass Deutschland "in eine Rezession gedrückt" wurde.

Wumms beim Wachstum 

Fachkräfte fehlen sowieso, dann werden sei krank, viele gehe viel zu früh in Rente, andere streiken oder geben vor, aus dem Homeoffice zu arbeiten. Ein Teufelskreis: "Erhebliche Arbeitsausfälle führten zu beträchtlichen Produktionseinbußen - ohne die überdurchschnittlichen Krankentage wäre die deutsche Wirtschaft um knapp 0,5 Prozent gewachsen", schreiben die Forscher über die "Krise durch Kranke". Selbst die Impulse durch Wumms und Doppelwumms, das EU-Wiederaufbauprogramm und der Startschuss zu Heizungsumbau, Deutschland-Dämmung, Bürokratieausbau und fairem Bauerndiesel vermochten es kaum, die wirtschaftlichen Folgen des hohen Krankenstands auszugleichen. 

Das sind gute Nachrichten für die Ampel-Koalition, die nun darauf verweisen kann, dass es die Kranken sind, deren unverantwortlicher Umgang mit der eigenen Gesundheit Deutschland Wohlstand kostet, nicht verfassungswidrige Haushalte, schlecht erläuterte Schicksalsentscheidungen und rekordhohe, aber bei weitem nicht ausreichende Steuereinnahmen. "Wäre der Krankenstand nicht erneut so hoch gewesen, wären im Jahr 2023 etwa 26 Milliarden Euro zusätzlich erwirtschaftet worden", haben Claus Michelsen und Simon Junker für den Verband der forschenden Pharma-Unternehmen (VFA) herausgefunden. 

Zusätzliche Milliarden fehlen

Auf 26 Milliarden Euro, die "zusätzlich erwirtschaftet worden" wären, hätten sich nicht so viele Arbeitnehmer krankgemeldet, beziffern die Autoren der Studie den Verlust. Das hätte ausgereicht, alle Haushaltslöcher zu stopfen und die klimaneutrale Transformation wie geplant durchzuführen. Ankreiden müssten sich den Fehlbetrag vor allem Mitarbeiter im Fahrzeugbau, im Maschinenbau, in der Metall-, Elektro-, in der Pharma- und in der Chemieindustrie. In der Metallerzeugung sei beispielsweise "jede versicherte Erwerbsperson 19,4 Tage krankgeschrieben" gewesen, zumeist wegen grippaler Infekte, Bronchitis oder Grippe. 

Keine Rolle spielten laut "Tagesschau" Beamte und Angestellte im öffentlichen Dienst, Mitarbeiter bei Medien und in Funkhäusern und in der Landwirtschaft. Die kranken Männer Europas sitzen damit genau dort, wo auch die grundlegenden Probleme der Rentenversicherung einer Lösung harren: Zu viele arbeiten zu wenig und viel zu kurz, sie nutzen die Möglichkeiten einer Krankschreibung zudem zu oft skrupellos aus, um sich mitten in einer angespannten Situation eine schöne Zeit zu machen.


1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Angenommen, an der Studie wäre was dran, dann hieße das, ein erhöhter Krankenstand mit Einbußen von 26Mrd genügte, um die Wirtschaft in eine Rezession zu drücken. Das klingt nicht nach toller Politik, wie die Lobbybude VFA und die Verlautbarungsorgane von Spiegel bis TAZ wohl glauben.