Mit einem Sack voller Versprechen gehen die Parteien auch diesmal in den Wahlkampf. Bürgerinnen und Bürger dürfen sich auf Milliardengeschenke freuen, die sie freilich nie bekommen werden. | |
Bei den Grünen sind es wohl 56 Milliarden, bei der SPD mindestens 100, bei CDU und CSU kommen vielleicht 110 zusammen, bei der FDP genau 136 und bei Linken 200. Noch schlimmer sieht es nur am Rand aus: Das BSW droht mit Wahlversprechen in Höhe von wenigstens 230 Milliarden. Und mit der AfD im Kanzleramt wären es wenigstens 600 Milliarden, die abregnen.
Bestverdiener ab 70.000
Das alles ist Plusminus gerechnet, niemand weiß bisher genau, was es wen kosten würde, alles umzusetzen. Unklar sind auch die Effekte: Die Union rechnet aufgrund des von ihr geplanten Geldsegens mit mehr Fleiß im Land und deshalb steigenden Steuereinnahmen. Die FDP will die Bevölkerung vom neoliberalen Märchen überzeugen, dass weniger Staat nicht nur mehr Freiheit bedeutet, sondern auch mehr in der Brieftasche. Die linken Parteien haben die Bestverdiener ab 70.000 Euro im Jahr im Blick: Wer deutlich mehr als das Doppelte des Mindestlohnes verdient, soll deutlich mehr geben, damit alle mehr haben.
Auf den Euro-Austritt setzt die AfD, auf engere Bande zu Russland das BSW. Endlich wieder D-Mark-Kaufkraft. Endliche wieder billiges Gas und billiges Öl. Ob das alles so aufgeht, und wenn ja, was, steht noch infrage. Sicher aber ist: Egal, wen sich die Deutschen ab März in die Regierung wählen, es wird ein lukratives Geschäft für die hart arbeitende Mitte werden, ein sehr gutes für die Industrie und für den Rest der Einwohnenden gibt es wenigstens Entschädigung. Höherer Mindestlohn, weniger Spekulationssteuern, Kryptogewinne und Freibeträge, dazu Klimageld und eine staatliche Ladekarte für das E-Auto.
Großzügig wie nie
Nie zuvor sind Deutschlands Parteien in einem Wahlkampf so großzügig gewesen wie dieses Mal. Weil es schnell gehen musste mit den Angeboten an die Wählenden, wurde in den Parteizentralen zusammengenagelt, was bei drei nicht zerrissen war.
Die CDU hat deshalb der Einfachheit halber das Wahlprogramm von 2005 von einer KI überarbeiten lassen, leicht angefresht mit neuen Daten und fürchterlichen Prognosen, wie alles zugrundegehen wird, bleibt die Konkurrenz am Ruder. Die SPD vertraut auf das Programm von 2021, damals Grundlage des märchenhaften Aufstieges des in der Partei ungeliebten Olaf Scholz in ein Amt, das der Niedersachse sich bis dahin nicht einmal selbst zugetraut hatte. Und die Grünen haben ihre Allzweckwaffe: Robert Habeck kommt mit den üblichen Leckerli. Grüne Wirtschaft. Jede Menge gutbezahlter Arbeit, günstige Energie. Rettung der Welt inklusive. Und die Rente ist sowieso sicher.
Eine Zeitenwende zurück zu dem, was schon immer versprochen, aber nie eingelöst wurde. Ein Tabubruch ist schon die Überschrift: "Zusammen wachsen" hat die Degrowth-Partei ihr als "Regierungsprogramm" bezeichnetes Wahlprogramm genannt - ein kleiner Witz auf Bürgerkosten in Zeiten, in denen die Parteien die zunehmende Spaltung der Gesellschaft und Ökonomen das stabil ausbleibende Wachstum beklagen.
Niemanden kostet nichts etwas
Beim Verfassen hatte die KI nicht ihren besten Tag. "Mit der Kraft von Ihnen, den Bürgerinnen und Bürgern, die den Laden jeden Tag trotz der großen Herausforderungen am Laufen halten", schreibt sie etwa, und das ist er schon, der gesamte Satz, der hinführt zu Appellen: "Es geht jetzt darum, diese Kraft als Zukunftskraft aufzunehmen: ökologisch und ökonomisch, solidarisch und europäisch. Als Kraft, die sich den Herausforderungen stellt und die Probleme löst. Mit einer Zuversicht, die aus dem gemeinsamen Handeln kommt."
Wenigstens, das ist nach 72 Seiten klar, wird das niemanden nichts kosten, jeder bekommt aufgerundet raus. Welche Partei der Bürger am 23. Februar ankreuzt, ist dabei gleichgültig: Mit des Steuerzahlers Geld, selbst mit dem, von dem niemand weiß, auf welch geschickte Weise man es den Betroffenen noch unbemerkt aus dem krummgearbeiteten Kreuz leiern kann, sind alle freigiebig wie nie.
Nur nicht sparen
Das Wort "Sparen" kommt im grünen Wahlprogramm nur im Zusammenhang mit "Zeit sparen" vor und beim Verweis darauf vor, wie Bürger künftig "Wasser sparen" können. Bei der SPD taucht es elfmal auf. Zehnmal inmitten des Begriffes "Transparenz". Und einmal im Satz "Heute wollen die Konservativen erreichte Fortschritte rückgängig machen und dort sparen, wo es viele Bürgerinnen und Bürger persönlich trifft" (Originalzitat). Die Konservativen ihrerseits sehen das nicht so. Die CDU will laut Wahlprogramm nur "CO₂ einsparen".
Noch jemand ohne Milliarde? Noch irgendwelche Wünsche offen? Dass ein Bundesamt aufgelöst werden soll, eine Bundesbehörde von rund 200, erscheint als Sakrileg. Wohin denn aber dann mit den 1.800 hochqualifizierten Fachleuten? Wo es doch so schon überall an Fachkräften fehlt?
Die Mehrheit ist zu allem bereit
Dass es Behörden gibt, bedeutet doch, dass sie dringend benötigt werden. Jeder Euro ist gut angelegt, denn er kommt den Menschen im Lande zugute. Wer die Axt an eine solche Organisationseinheit legt, und sei es auch eine der kleineren, die im Jahr mit nur 165 Millionen Euro haushalten muss, der zielt auf den gesamten Staatsapparat. Der aber ist Grundlage dafür, dass Deutschland einfach funktioniert, die Rädchen ineinandergreifen und binnen von nur drei Jahren in der Lage ist, eine technische Möglichkeit zu schaffen, direkt Geld an die Menschen in Deutschland auszuzahlen, statt es wie bisher nur als Steuern, Abgaben oder Gebühren von ihnen entgegenzunehmen.
Müsste der Staat den Gürtel enger schnallen, wäre das nicht gut für die Bevölkerung. Die setzt darauf, dass die großen Parteien geben, die dürfen daher zuversichtlich damit rechnen, dass eine große Mehrheit - Umfragen zufolge im Moment mehr als 70 Prozent - bereit ist, noch weit mehr zu geben. Die berühmte Hutschnur, die hochgeht, wenn es zu viel wird, hat noch Spiel. Dank großzügig gewährter "Entlastungen" kurz vor Jahresende, die nicht mehr versprechen als nicht noch viel mehr zu nehmen, platzt der Kragen nicht einmal angesichts steigender Steuern, Abgaben und Beiträge.