Freitag, 15. Dezember 2023

Weisung aus Berlin: Wie die BWHF das Weltklima rettete

Rettung in allerletzter Minute: Die Ankunft der deutschen BWHF-Delegation in Dubai wurde von vielen einheimischen Scheichs und Emiren staunend beobachtet
 
Sie waren am Ende die unbesungenen Helden des größten Klimagipfels aller Zeiten, spät angereist, in höchster Not, gerufen, als sich die mehr als hundert klimafreundlichen Staaten und ihre Widersacher aus den Ölländern, den asiatischen Aufstiegsdespotien, aus der größten Demokratie der Welt und ihre Handlanger mit den Geweihen dermaßen verhakt hatten, dass ein blamables Scheitern vor den Augen der gesamten um ihre Zukunft bangenden Menschheit kaum mehr vermeidbar schien. In jenem allesentscheidenden Moment aber beschloss der Krisenstab der deutschen Delegation, daheim anzurufen, unter einer Nummer, die nur sehr wenigen Menschen im politischen Berlin bekannt ist.  

Klingeln im märkischen Sand 

Es klingelte im märkischen Sand tief unter dem Kanzleramt, doch niemand ging an den Apparat. Schließlich verband ein Telefonist der Regierungszentrale den Anrufer aus Deutschland 270 Köpfe starken Klimadelegation am Gold mit dem verschlüsselten Handsprechapparat von Dr. Rainald Schawidow, seit Wendetagen Direktor und verbaler Vordenker der Bundesworthülsenfabrik (BWHF) in der deutschen Hauptstadt. Schawidow hob sofort ab, später wird er sagen, er habe beinahe mit dem Anruf gerechnet. "Ihr müsst kommen und ihr müsst alles mitbringen, was ihr habt" habe der deutsche Klimadelegationsgeschäftsführer bei der COP 28 gerufen und verlangt, dass " dass wir englische Wörterbücher mitbringen, aber auch nach arabisch rief einer im Hintergrund".
 
Das Gespräch war denkbar kurz. Unmittelbar im Anschluss setze Schawidow die Alarmkette in Gang, die die BWHF für solche Notfälle vorhält. "Das Verfahren ist simple", sagt der Mann, der sein Handwerk noch beim DDR-Vorgängerkombinat VEB Geschwätz gelernt hat. Ein Kollege rufe jeweils zwei andere an. "So ist gesichert, dass wir jeden schnell erreichen." Zwei Stunden später, über Berlin graute noch nicht einmal der Morgen, war die gesamte englischsprachige Abteilung der BWHF unterwegs. Mit Sonderflugrecht startete eine Bombardier Global 5000 vom alten Regierungsterminal in Schönefeld, nach einer Zwischenlandung in Kairo landete der Flieger acht Stunden später auf dem Maṭār Dubayy ad-duwalī, zu Deutsch Dubai International Airport. 

Einmarsch der Spezialisten

Verwunderte Reinigungskräfte, Sicherheitsleute und erschöpft abreisende Klimatouristen sahen den Neuankömmlingen neugierig hinterher: Zwei Dutzend Experten und Spezialistinnen, Verbalwissenschaftler und Bedeutungsdichter, dazu Buchstabenpropagandisten und Politpoeten - "das war schon ein recht beeindruckender Aufmarsch, wie Rainald Schawidow heute schmunzelt.
 
Aber die Mission war der Mannschaft des BWHF natürlich wichtiger als der große Auftritt vor der Repräsentanten der Klimawelt, den Umweltschützern, Angehörigen von Ökogruppen und klimaengagierten Firmenführer*innen. "Dass die Verhandlungen Deutschlands mit dem Rest der Welt sich festgefahren hatten, hielten alle in der Delegation für eine absolute Katastrophe", schildert Schawidow die Stimmung in der kleinen, aber verschworenen Gruppe. Viele der Mitarbeitenden seien jung, hätten Kinder. "Jeder von ihnen sorgt sich doch um steigende Meeresspiegel und hat Angst vor Dürren, die künftige Generationen bedrohen." 

Motivierende Befürchtungen

Befürchtungen, die in diesem besonderen Fall motivierend wirkten. "Jeder will seine Familie schützen, künftigen Generationen viel Leid ersparen." Seine Truppe sei übernächtigt gewesen, aber zu allem entschlossen. "Wir wussten in jeder Sekunde, dass es um die Rettung der Welt geht", wiegelt Rainald Schawidow das ab, was er verächtlich "Bauchpinseln" nennt. Trotz Jetlag sofort an die Arbeit zu gehen, sei  für jeden im Team Ehrensache gewesen. "Nachdem wir das Problem identifiziert hatten, war klar, dass es wie immer nur um eine Formulierung geht, mit der alle leben können wollen - also genau unser Gebiet."
 
International tobte in diesen geschichtsträchtigen Stunden am Arabischen Golf ein Streit um ein Wort. "Deutschland, die EU und zahllose Inselstaaten waren schon bei der Anreise davon ausgegangen, dass am Ende ein Ausstieg aus der Nutzung fossiler Energien beschlossen wird, den die Weltgemeinschaft  genau mit diesem Wort beschreibt." Eine rückwärtsgewandte Opposition aus Leugner, Ölförderstaaten und Ländern, die den verhängnisvollen Weg der westlichen Industrienationen hin zu fossil betriebenem Wohlstand trotz aller Umweltschäden gehen wollen, standen dagegen. "Ihrer Ansicht nach reiche es, langsam in die Richtung zu gehen."

Reduzierungsausstieg

Der Begriff "Reduzierung" sollte den eigentlich fest eingeplanten Ausstieg ersetzen. "Da krachte es", erinnert sich Schawidow, dem der Auftritt der deutschen Außenministerin als besonders beeindruckend in Erinnerung geblieben ist. "Trotz der klaffenden Haushaltslöcher daheim, aufgrund derer es unklar war, wie lange die deutsche Delegation ihr Hotel weiterbezahlen wird können, hat Frau Baerbock keine Gefangenen gemacht und klargestellt, dass wir erst nach Hause reisen, wenn ein Kompromiss gefunden ist, der den Begriff ,Ausstieg' enthält."
 
Die Kunst der BWHF-Beamten bestand nun darin, im babylonischen Sprachgewirr der Konferenz mit 70.000 Teilnehmern ein Wort zu finden, das einerseits Ausstieg, andererseits aber auch Reduzierung bedeuten kann. "Wir wussten, wenn wir das haben, dann öffnet es den Sesam." Zwischen "Exit", dem von den Arabern gefürchteten "Mukhraj", und dem von Scheichs, Emiren, Chinesen und venezuelanischen Kommunisten favorisierten "Takhfid", im Englischen "Reduction", galt es für die Experten Kompromissformeln zu finden. 

Heureka beim Rauchen

Keine einfache Aufgabe. "Mit lowering und khafd war die europäische Allianz der Klimafreunde nicht einverstanden, minder word und aisbih aqil ging den Afrikanern zu weit und selbst unser Vorschlag, den gesuchten Begriff in einem längeren Satz mit den Kernbegriffen ,Bestreben', ,streben an', sind ,fest entschlossen' und ,werden nicht nachlassen' zu verpacken, ging nicht so durch, wie wir das erhofft hatten." Den Durchbruch brachte schließlich der Geistesblitz eines jungen Mitarbeitenden, der "gerade eine ziemlich unschöne Trennung durchgemacht hat". Beim Rauchen vor der Tür habe er einer Kollegin erzählt, wie grausam sich die Abwendung seiner früheren Partnerin angefühlt habe, als er selbst noch an eine gemeinsame Zukunft glaubte. "Die Kollegin stand sofort wie vom Donner gerührt, sie warf ihre Kippe weg und kam zu uns ans Wortreißbrett reingerannt, immerzu rufend: Heureka, heureka!"
 
Die "Abwendung" inspirierte die schon ein wenig mutlose Runde. Von "Aversion", im Arabischen Alnufur, führte der Weg die Wortfinder dann allerdings noch ein Stück weiter. "Wir dachten, Abwendung ist gut, aber werden die Chinesen mit Yànwù leben können?"  Deutlich unkonkreter klingt im traditionellen Chinesisch der Begriff Zhuǎnshēn líkāi, wörtlich übersetzt "Dreh Dich um und geh". Im Deutschen lasse sich das als "Abkehr" verstehen, im Englischen ergebe sich daraus eine Art "Turning away", in einem Wort eine "Renunciation", die in einem breiten Spektrum verstanden werden könne. "Das steckt Verzicht drin, EntsagungAbkehrAufgabeVerleugnungLossagung, also genug Interpretationsspielraum, dass jeder das mit nach Hause nehmen kann, was er mitbringen wollte."

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Wirklich schade, dass die kombinatseigene Tupolew Tu-134 mit der integrierten Worthülsenpresse aus Leichtmetall keinen TÜV mehr gekriegt hat. Für sowas ist dann plötzlich kein Geld da.

Anonym hat gesagt…

OT
PIPI:
Weidel: „Wir werden diese Republik vom Kopf auf die Füße stellen!“

Frei nach Stalin: Wie viele Divisionen hat Alice?
(Who the fuck is Alice?)