Kurz und unglücklich, mit diesen beiden Adjektiven ist die politische Laufbahn des Ruprecht Polenz ausführlich beschrieben. Natürlich war sie in Wirklichkeit viel länger, Polenz verbrachte fast 20 Jahre im Bundestag und durfte lange Jahre sogar Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses sein.
Es war eine Art Abfindungsregelung. Zuvor hatte der gebürtige Bautzener, nach der Flucht der Familie aus der DDR heimisch geworden in der großbürgerlichen Krimihauptstadt Münster, als einer der ersten ehrgeizigen CDU-Männer erfahren müssen, wie die Parteivorsitzende Angela Merkel lobt und belohnt, aber auch zürnt und straft. Am 10. April des Jahres 2000 machte sie Polenz zu ihrem Generalsekretär. Schon am 20. November war der Mittfünfziger wieder weg vom Fenster, abgestempelt als Versager.
Der Versager als Prophet
Die 224 Tage im inneren Kreis der Macht haben Ruprecht Polenz nie mehr losgelassen. Sein Scheitern ausgerechnet in dem Moment, in dem es darauf angekommen wäre, trägt der heute 77-Jährige seitdem als Last auf den Schultern, ein Gepäckstück, dessen Gewicht er seiner Partei nie verziehen hat. Polenz, als gelernter Leutnant und Steuerrechtler von Haus aus ein Konservativer, häutete sich vor aller Augen. Und begann in relativ hohem Alter in den sozialen Netzwerken eine Influenzer-Karriere, die weitaus erfolgreicher verläuft als die des gescheiterten Politikers Polenz.
Der Trick des Christdemokraten liegt im seinem Mut, selbst in einer sozialdemokratischen Partei wie der CDU noch bei jedem Thema eine Position zu finden, bei der sich links von Polenz nur noch die Wand befindet. Als Mitglied von Klimaunion und ZDF-Fernsehrat, Deutsch-Atlantischer Gesellschaft, Dekan des Global Diplomacy Labs, Vorsitzender einer christlich-muslimischen Friedensinitiative, Chef des Kuratoriums von Aktion Deutschland Hilft e. V., erster Vorsitzender der THW-Helfervereinigung Münster e. V. und Mitglied des Beirat der Atlantischen Initiative war Polenz immer schon für einen EU-Beitritt der Türkei, für harten Klimaschutz von oben und für Solidarität mit Fridays for Future - ein Bionadebürger wie aus dem Bilderbuch der Bonner Republik, so lange mit Illusionen genährt und gefüttert, dass er sie am Ende selbst glaubt.
Ein Mann, der sich selbst glaubt
Wie ein kleines Kind schmückt der 77-Jährige seinen X-Account @polenz heute mit allerlei bunten Fähnchen und Gangtattoos, die nur Insidern verständlich sind: 🇪🇺🇩🇪🇮🇱🇺🇦🪝📯😇 Dazu gibt es den Hinweis auf eine Präsenz auf der Konkurrenzplattform Bluesky, die vor Wochen für einen Augenblick zur Zuflucht aller Menschen guten Gewissens geworden war. Auch @polenz.bsky_ist dort, aber die Aufmerksamkeit nicht. Die holt sich der Mann, dessen virtuelles Schaffen als "Polenzen" bezeichnet wird, weiterhin dort, wo die Meute auf Aufreger lauert.
Ruprecht Polenz gibt ihr, was sie verlangt. "Ja, die Jüdinnen und Juden in Deutschland können sich vor Sympathie und Solidarität der Einheimischen kaum retten", führt er angesichts der muslimischen Massendemonstrationen in westdeutschen Städten aus. Und liefert gleich anschließend eine Erklärung dazu: "Die antisemitische AfD liegt überall unter drei Prozent und der Antisemitismus geht nur von den seit 2015 eingewanderten Muslimen aus." Ein weltmännisches "Ironie off" polstert die wohl als Witz gemeinte Ungeheuerlichkeit gegen der Verdacht ab, Polenz brauche dringend fürsorgliche Betreuung durch ausgebildetes Fachpersonal.
Bedrückende Fehlstelle
Den früheren CDU-General "bedrückt, dass es so wenig Anzeichen von Empathie mit den Terroropfern der Hamas aus den muslimischen Communities gibt". Aber Polenz wäre nicht Polenz, würde er im auf den Straßen tanzenden Judenhass nicht Anzeichen dafür sehen, dass alles ganz anders ist, als es aussieht. Er "zögere, das der Religion so zuzuschreiben, als verlange das der Islam gegenüber Ungläubigen", schreibt Polenz und setzt das "Ungläubige" in Anführungsstriche, als sei schon die Behauptung, die Religion des Friedens kenne so etwas wie Ungläubige, haram, wie es der gute Islamist mitfühlend nennt.
Am Beispiel des durchaus gebildeten, über Jahrzehnte im großen Blasentank der Spitzenpolitik mitschwimmenden Romantikers zeigt sich, wohin die beharrliche Verweigerung der Zurkenntnisnahme der Realität führen kann. Seines Erachtens nach seien es nicht antisemitische Glaubensvorschriften, die selbst Brückenbauer wie ihn wider Willen zwingen, vom rechten Popanz wegzuschauen.
Sein Gefühl für Glaubensbrüder
Es sei "eher das Gefühl, Glaubensbrüder würden unterdrückt, das zu den Reaktionen von Muslimen führt", hätschelt der Polenz die Judenfeinde, die sich als Friedensfreunde und unterdrückte Freiheitskämpfer tarnen. Eine deutsche Tragödie, personifiziert in einem alten, weißen Mann: Kritikern, die ihm Beispiele antisemitischer Koranverse zitieren, hält Polenz entgegen, dass es "auch sehr viele judenfeindliche Zitate in der Bibel" gebe. Ehe er, der Christ, einknickt: "Die Drukos, die anmerken, in der Bibel gebe es keine judenfeindlichen Zitate, haben recht. Meine Aussage war unzutreffend."
Selbstverständlich bleibt ein Ruprecht Polenz, Verteidiger des Glaubens der Frauenunterdrücker, Judenhasser und Verfolger von Homosexuellen, aber nicht liegen, wenn er vor aller Augen auf die Nase gefallen ist. Ein Christdemokrat, der die Bibel nicht kennt. Ein Spitzenpolitiker, der für den Dialog mit den früher Moslem und seit 2011 "Muslimen" genannten Andersgläubigen eintritt. Und keine Ahnung hat, was die eigentlich glauben.
Die Schuld der Christen
Das wäre schlimm, würde er es ernst nehmen. Doch Ruprecht Polenz hat in einer langen, wenn auch erfolglosen Karriere gelernt, im richtigen Moment zu relativieren. Mag das mit dem von Gott verordneten Antisemitismus also auch nicht in der Bibel stehen: "Worum es mir ging: nicht nur der Islam kennt Judenfeindlichkeit, auch das Christentum. Juden haben unter christlicher Herrschaft besonders gelitten", beharrt er nun darauf, dass die eine Religion vielleicht heute Juden mordet. Die andere das aber auch schon getan ha. Was alles ein bisschen erdet und hilft, trotz allen Entsetzens seinen Frieden mit der blutigen Religion des Friedens zu machen.
9 Kommentare:
²Kritikern, die ihm Beispiele antisemitischer Koranverse zitieren, hält Polenz entgegen, dass es "auch sehr viele judenfeindliche Zitate in der Bibel".
Böse Menschen könnten ja mal im Talmud nachschlagen, was dort alles an menschenfreundlichen Zitaten steht.
...könnten ja mal im Talmud nachschlagen ...
Das ja schon. Aber laut Klonovsky güldet der doch üüüberhaupt nicht mehr. (Ist nicht MEINE Meinung, aber "ebend" die allgemeine ~)
Wer hats gesagt?
"Die Lösung allerdings kann ja nicht sein, dass wir aus humanitärem, menschlichem Mitgefühl sagen: Die Lösung liegt darin, dass alle Menschen zu uns kommen nach Deutschland und wir sorgen dann für Hilfe und lösen das bei uns.
…
Es kann nicht angehen, dass Deutschland auf Dauer mehr aufnimmt als alle anderen europäischen Länder zusammengenommen."
bestimmt der höcke
Wo ist der drinne? Deutsche Atlantische Gesellschaft? Atlantische Initiative?
Vielleicht rechnet der sich noch Chancen aus, zum deutschen Botschafter in Atlantis ernannt zu werden.
Noch zweimal darfste raten
Wer hats gesagt? Dem Duktus nach Frau Dr. Merkel (Bewusstseinsstand vor ihrem Augusterlebnis 2015)
mal im Talmud nachschlagen
Des' scheinen etliche hier nicht gewillt. Kann ja auch nicht sein, weil es nicht sein darf.
"Dem Duktus nach Frau Dr. Merkel (Bewusstseinsstand vor ihrem Augusterlebnis 2015)"
Vor 2015 stimmt.
Merkel stimmt fast. Es war ihr Handlanger
https://www.youtube.com/watch?v=briqv8DDMso
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