In seiner neuen großen Rolle als Klimadoktor jagt Karl Lauterbach Todesursachen jenseits der Virenwelt. |
Das vergangenen Jahr war schon schrecklich gewesen. Gemittelt über die Fläche Deutschlands zählte das Umweltbundesamt "etwa 17,3" sogenannte "Heiße Tage"(Originalschreibweise), also Tage, an denen Temperaturen von 30 °C oder mehr gemessen wurden. Das waren nicht ganz so viele wie noch 2003, 2015 und 2018, als die Belastung durch Hitze in Deutschland gemittelt zwischen 18 und 20 Tage lang anhielt. Doch im Gegensatz zu damals, als europaweit Menschen wie die Fliegen starben, Politik und Medien die Tragödie aber hartnäckig ignorierten, waren Bundesregierung, Ministerien Gemeinsinnsender und Gesellschaft nun sensibilisiert.
Sieg im Hitzekampf
Im Gegensatz etwa zu Estland, das stärker noch als Deutschland von zunehmenden Hitzewellen betroffen ist, das damit einhergehende Sterben aber seit Jahren schon für nicht weiter erwähnenswert hält, ging Deutschland deshalb diesmal mit einem Plan in die Hitzeschlacht. Der Sommer, der schließlich weltweit nicht nur heißer als der des Vorjahres, sondern der heißeste der letzten 120.000 Jahre werden würde, traf auf eine zu allem entschlossene, kühl reagierende Regierung. Schon Anfang August, die glühend heiße Jahreszeit war nicht einmal halb vorüber, sondern fing im Grunde genommen gerade erst an, stellte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach seine Pläne für einen nationalen Hitzeschutzschild vor.
Bürgertrinkbrunnen, Betreuungsangebote für vulnerable Gruppen, Volkskühlhallen - auch wenn der fünftheißeste deutsche Sommer der aller Zeiten es schließlich nicht einmal auf zehn Heiße Tage brachte, knapp halb so viele wie der des vergangenen Jahres, zeigen Klimamodellierungen doch klar, wie wichtig das angesichts zukünftig noch länger anhaltender Hitzeperioden und einer weiter steigenden Anzahl Heißer Tage ist. Mag auch derzeit auch für Verwirrung sorgen, weshalb nicht die heißesten Jahre die meisten Heißen Tage haben - der Sommer 2023 hatte sie auch nicht.
Lauterbach rettet unzählige Leben
Dafür aber konnten zahllose Leben gerettet werden: Starben amtlichen Angaben zufolge im vergangenen Jahr noch 4.500 Menschen infolge einer "hitzebedingten Übersterblichkeit", wie es das Robert-Koch-Institut sachlich nennt, so gelang es allein durch die Ankündigung der Erstellung von Notfallplänen einen Gutteil von Opfern zu vermeiden. 2023 weisen die Statistiken nur noch glatt 3.100 Hitzeopfer für die Kalenderwochen 15 bis 36 aus - ein Rückgang um mehr als 30 Prozent gegenüber dem Vorjahr, ein Rückgang von 64 Prozent sogar zum besonders tödlichen Hitzejahr 2018, dem es mit einer Durchschnittstemperatur, die nur 0,05 Grad über der des Jahres 2019 lag, gelang 20 Prozent mehr Hitzetote zu fordern.
Alles Menschen, die noch leben könnte, wäre die Temperatur auch im Sommer bei 20 Grad gedeckelt, wie es RKI-Modellierungen vorsehen, mit deren Hilfe die Zahl der mutmaßlichen Hitzetoten errechnet werden muss, weil Hitzeeinwirkung nur in sehr seltenen Fällen, "zum Beispiel beim Hitzeschlag" (RKI) unmittelbar zum Tod führt, während in den meisten Fällen die Kombination aus Hitzeexposition und bereits bestehenden Vorerkrankungen tödlich ist. Daher ist Hitze oder Heißer Tag auf Totenscheinen "normalerweise nicht als die zugrunde liegende Todesursache angegeben". Stattdessen müssen statistische Methoden angewendet werden, um das Ausmaß hitzebedingter Sterbefälle abzuschätzen.
Todesspitzen abgeschnitten
Einlaufende Mortalitätsdaten des Statistischen Bundesamtes werden mit den Temperaturmessungen des Deutschen Wetterdienstes synchronisiert, wobei die Todesspitzen während der kalten Monate nicht etwa vollkommen beiseitegelassen werden. Als leichte graue Unterlegung, gut erkennbar für jeden, der länger als zwei, drei Stunden intensiv hinschaut, finden sie durchaus Platz in den Schaubildern des RKI. Für Karl Lauterbachs großes Sommerprojekt Hitzeschutz waren das die besten Voraussetzungen, die Zahl der Hitzetoten noch im laufenden Jahr 2023 unter 4.000 zu senken.
Mit dem Tag der Ausrufung im Juli sanken die Temperaturen, mit der Klarstellung, dass in den kommenden Jahren zahllose Trinkbrunnen gebaut und Kühlräume gegraben würden, nahm sich Gevatter Tod zurück wie lange nicht mehr. Es wurde weiter gestorben, aber so, dass Lauterbach jetzt ein umfassendes Gelingen verkündigen konnte: Man habe "viele Leben gerettet", freute sich der Mann, der immer noch auf der Jagd nach einem Thema ist, das ihm seine Pandemiepopularität zurückzugeben verspricht.
1.000 Opfer weniger diesmal, spielt das Wetter wieder mit, vielleicht schon nächstes Jahr weitere tausend weniger. Hoffnung für Millionen: Geben die Wählerinnen und Wähler Karl Lauterbach 2025 grünes Licht zur Fortsetzung seiner erfolgreichen Politik, ist in 1.000 Jahren Unsterblichkeit für alle erreicht.
2 Kommentare:
'War heiß neulich' oder besser 'Klima' als Todesursache im Totenschein ließe sich per Verfügung leicht umsetzen, weil auch wenn es nicht heiß ist, verursacht Klima laut vieler Studien und Modelle so ziemlich alles Schlimme.
Es wäre aber schade, wenn dadurch den anderen modernen biblischen Plagen wie Feinstaub oder neuerdings Mikroplastik die Toten ausgingen. Hier ist Augenmaß gefragt.
Je nun, "wir" sind halt im Aasch. Auch Julian Apostata (331-363) kam zu spät - die allgemeine Verblödung war einfach schon zu weit gediehen.
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