Mittwoch, 4. Oktober 2023

Die Ankommenden: Worthülse für den Grenzkrieg

Solche Forderungen nach einer bedingungslosen Öffnung der deutschen Grenzen sind leiser geworden, aber nicht weniger wichtig.

Sie waren Ausländer und Asylanten, dann Asylbewerber, wurden zu Flüchtlingen, die sich später in Flüchtende oder auch Geflüchtete verwandelten, ehe daraus Migranten wurden, die auch als Zuwanderer oder Nochnichtsolangehierlebende bezeichnet werden durften, mit oder ohne "Migrationshintergrund", im Fall von Sportlern aber mit sogenannten Wurzeln.  

Ausgeklügelte Mechanismen

Die herrschaftsnahe Berichterstattung eilte von Euphemismus zu Euphemismus. Kaum war ein neuer Begriff in den tiefen, weiten und bis heute unergründlichen Werkhallen der Bundesworthülsenfabrik (BWHF) in Berlin geprägt und über die ausgeklügelten Medienmechanismen bundesweit verteilt worden, regte sich schon Widerstand bei den ersten Nutzern. Da jede neue Bezeichnung doch stets wieder dieselben Mitbürgerinnen und Mitbürger beschreiben musste, verging nie viel Zeit, bis auch diese neue und selbst die allerneueste zarte Umschreibung erneut als zutiefst abwertend empfunden wurde. Nicht bei denen zwar, die sie beschrieb. Aber bei denen, die über die zulässigen Beschreibungen gebieten.

Der "Asylant" klang auch im Nochnichtsolangehierlebenden nach. Der "Asylbewerber" konnte sogar ein "abgelehnter" sein, der "geduldet" wurde und sich damit begrifflich immer noch bewarb. "Ausländer" zu sagen verbot sich, denn man sieht es ihnen nicht an und wer sich im Inland befindet, wie kann der überhaupt einer sein? Es gab einfach kein Wort mehr, denn selbst der "Flüchtende" konnte sich am Ende einer langen und gefährlichen Flucht nicht gewertschätzt fühlen, wenn er verbal immer noch und für immer auf der Flucht bleiben muss, weil es bei den Deutschen nur zu "Geflüchteter" reicht als sei ein Mensch damit ausreichend und fair erklärt.

Dauernde Zurücksetzung 

Die Benachteiligung der Wenigen, empfunden als Zurücksetzung einer Minderheit, die sich von der Mehrheit unterscheidet, wich nicht, weder durch die Formen von Flüchtigkeit noch durch das aus der Zoologie entlehnte "Migrant" (von migrare für mit seiner Habe an einen anderen Orte ziehen, um da zu wohnen). Was gemeint ist, ändert sich ja doch nicht dadurch, dass man es mühsam anders auszudrücken versucht. Die "Euphemismus-Tretmühle", wie sie der amerikanische Sprachforscher Steven Pinker nennt, ist ein Prozess, der kein Ende kennt. Auf Ausländer folgt Migrant, auf Migrant der Mensch mit Migrationshintergrund, der Asylbewerber wird zum Flüchtling, der Flüchtling zum Geflüchteten oder Flüchtenden. 

Aber alles klingt beleidigend, ablehnend und muss deshalb schneller durch neue Begriffe ersetzt werden als der ehedem neue Begriff sich überhaupt bis in die widerstrebenden Dörfer und Kleinstädte, an die Stammtische und in die Sportvereine als verbindlich durchsprechen kann. Die Bundesworthülsenfabrik (BWHF) in Berlin füllt hier seit Jahren eine Schlüsselposition aus: Gejagt und zuweilen fast schon gehetzt von der Erwartungshaltung einer politischen und medialen Öffentlichkeit, die nach Sauberkeit und Unschuld verlangt, ist die BWHF gezwungen, aus dem Geist einer totalitären Spracherziehung heraus Verrat am Ideal der Emanzipation zu begehen und wider besseren Wissen eine Medizin zu liefern, die niemals helfen wird.

Auf den Moment reduziert

Eben erst wieder waren es die "Ankommenden", die nun um jeden menschlichen Zug erleichtert einfach nur noch eine Tätigkeit personifizieren. Waren die Flüchtlinge, Flüchtenden und Geflüchteten noch Zeugen ihrer eigenen und oft dramatischen Geschichte, ist der "Ankommende" als solcher nur noch reduziert auf den Moment seines Eintreffens. Er hat kein Schicksal mehr und keinen Willen, keine Ziele und keine Familie, er ist reines Dasein im Augenblick der Ankunft, der, soweit ist den Worthülsenschmieden und Sinnwortsuchern der BWHF ein genialer Streich gelungen, in der Regel ein glücklicher ist.

Ankommen bedeutet, dass Migrationsfeinde und Gegner einer ungebremsten Zuwanderung kaum mehr ausdrücken können werden, was sie an Ressentiments und unbegründeten Ängsten plagt. Eben noch hatte sich Elon Musk mit einem migrationsfeindlichen Post bei X zu Wort gemeldet - beim nächsten Mal aber wird er einen ankommensfeindlichen Spruch absetzen müssen.  Zugleich nimmt das neue Wort den negativen Zungenschlag aus der Debatte, mit dem nicht nur die Endung -ling (wie Liebling, Zwilling oder Häuptling), sondern auch das "Zu" in den von Angela Merkel favorisierten "Zustrom" und "Zuwanderung" eliminiert wird.


9 Kommentare:

Die Anmerkung hat gesagt…

OT Fefe über Verschleierungshülsen beim Einsatz von Krypto

"als ob die NSA das NIST-Post-Quantum-Krypto-Verfahren sabotiert, damit die Welt knackbare Verfahren einsätzt"

Anonym hat gesagt…

OT

Akute Morddrohungen gegen Alice Weidel und ihre Familie: Eine Schande für die Bundesrepublik.
Merz‘ Steuerreform geht in die richtige Richtung.
Invasion aus Afrika: Keine Schicksalsgewalt, sondern die Folge politischer Fehler.
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Roger mal wieder.
Punkt eins, sehe ich, ward schon korrigiert: Nicht mehr "Schande für Deutschland".
Punkt zwei, bestenfalls, aber unwahrscheinlich*, ein Bröcklein für die Spießerlein, "Klingt doch ganz vernünftig ...".
Punkt drei, von wegen "Fehler" - diplomatisch ausgedrückt: O sancta simplicitas ...

*eher blanke, pure Verarsche ...

Anonym hat gesagt…

In der Adventszeit werden die 'Ankommenden' dann zu den 'Erwarteten'.

Anonym hat gesagt…

Eine Gute, die ich seit ewig im Internet kenne, und die wohl entnervt aufgegeben hat, äußerte sich auf PIPI (Perlen vor die Säue ...) dahingehend, dass der Begriff "Flüchtling(e)", wie der Begriff "Sauerstoff", sich fest etabliert habe, obwohl beides gar überhaupt nicht zutrifft: Frühe Chemiker vor über zweihundert Sonnen haben noch gewähnt, dass dieses Zeug die Säuren sauer mache, es sind aber, wie man weiß, die Wasserstoffionen, die das tun.
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Was Ananas - unsere begnadeten Föhrer könnten die Schelme, welche uns' Alice an Leib und Leben bedrohen, leicht und locker hopsnehmen, und in der U-Haft den Weg der Selbsttötung wählen lassen - wenn man sie erstens ließe und sie zweitens auch wollten - jemand anderer Meinung?
In Ergänzung noch, wenn es die denn überhaupt gibt.

Die Anmerkung hat gesagt…

>> - jemand anderer Meinung?
>> In Ergänzung noch, wenn es die denn überhaupt gibt.

Es gibt zwei Landeshäuptlinge, die ein großes Interesse haben, die Weidel nicht stattfinden zu lassen. Sie mit einem Rollkommando für eine Woche aus dem Verkehr zu ziehen, traue ich den Staatsdienern beider Länder zu, wobei Fraktionsvorsitzende des Bundestages meines Wissens vom BKA-Personenschutz umringt sind. Dann wäre es eine Bundesangelegenheit, die in Verantwortung von Olaf & Nancy läge.

Denen traue ich aus prinzipiellen Gründen ebenfalls jede Sauerei im Sinne der Antwort von Helmut Schmidt auf diese Frage zu. (Interview mit Giovanni)

Gäbe es solche Schlingel, die das Kriegsbeil ausgegraben haben, dann tun sich innerbehördlich heftige Widerstandstürme auf, dort mal einen Laubbläser reinblasen zu lassen und zu schauen, wer aus dem Schützengraben hervorschaut. Man will ja seinen teuer eingekauften Kumpel nicht ans Messer liefern.

Gut möglich allerdings, daß es wirklich nur eine Übung war, um mal zu schauen, wer so alles mit wem über was kommuniziert.

Wissen wir nicht, werden wir auch nie erfahren.

Nur eines habe ich nicht verstanden, was diese sich verdichtenden Hinweise sind,aufderen Grundlage die Übung abgehalten wurde, da ich nicht weiß, was sich verdichtende Hinweise sind und es auch nicht wissen will, denn ich kann allemal schneller kacken als ein Journo ins Internet.

Hase, Du bleibst hier... hat gesagt…

Zum Text. Wie wäre es den mit "Inversive Arten". Bei Flora und Fauna bekennt sich die Wissenschaft zu dieser feindseligen Argumentation.
"Sie können erhebliche Schäden anrichten, da sie einheimische Arten verdrängen oder ökonomische und gesundheitliche Folgekosten verursachen können ".

Die Anmerkung hat gesagt…

Ups, folgenschwerer Fehler der zuständigen Sicherheitsorgane. Die sich verdichtenden Hinweise verdichteten sich bezüglich Chrupalla zu einem vollendeten Totschlagsversuch oder so, auch wenn bisher unklar ist, was überhaupt passierte und noch keiner gar nichts weiß.
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https://twitter.com/Sokraton/status/1709614200258019426

Reimond Hoffmann 🇩🇪 @ReimondHoffmann

In diesem Krankenwagen wird unser AfD-Bundessprecher Tino Chrupalla davon transportiert nach einem Angriff in Ingolstadt. Hoffentlich werden die Täter bald geschnappt und bestraft.

Die Anmerkung hat gesagt…

Der Spiegel schreibt gerade, Frau Weidel sei am 3.Oktober in einem Cafe auf Malle gesichtet worden.

Und der Tichy vergißt diesen Teil mit Malle.

https://www.tichyseinblick.de/daili-es-sentials/afd-chef-chrupalla-krankenhaus/

ppq hat gesagt…

flucht nach spanien, während frau dröge hier gegen den faschismus kämpft. passt doch