Friedrich Merz (l.) hatte erste gute Vorgespräche zur Bildung einer Deutschland-Pakt-Koalition mit Olaf Scholz. Frauen waren zur informellen Vorbereitungsrunde nicht zugelassen. |
Die einzigen offiziellen Bilder, nur halboffiziell geschossen, sind verrauschte Nachtaufnahmen, auf denen allenfalls intime Kenner des politischen Berlin und seiner alteingesessenen Bewohner erkennen können, wer Sache ist. Eine Spiegelung auf einer Halbglatze, das ist Friedrich Merz. Der kleinere Mann etwas weiter rechts, knolliger, aber offenbar lachend, muss der andere Gigant sein, der in diesen bewegten Tagen und Stunden nach Dienstschluss weitermacht, weil er muss. Die Welt brennt an allen Enden. Die Grenzen sind zu auf, der Oktober ist zu warm, die EU tut zu wenig und die Freunde in Amerika müssen erst einmal wieder entscheidungsfähig werden.
Kaiser Wilhelms Geist
Olaf Scholz, trotz alledem und alledem noch Bundeskanzler, sitzt deshalb seit Wochen schon an den Hausaufgaben. Nach "Zeitenwende" und "Doppelwumms", "Wirtschaftswunder", "Dämmbremse", "Oberkante" und Nationalplan zum Brandmauerbau hatte der Sozialdemokrat schon Anfang September den "Deutschlandpakt" ausgerufen, mit dem die Ampel auf Anraten von Rainald Schawidow, als Chef der Bundesworthülsenfabrik (BWHF) in Berlin höchster Sprachaufseher Deutschlands, anknüpfen will an den unvergessenen Wilhelm II. und seine Reichstagsansprache aus dem August 1914.
"Ich kenne keine Parteien mehr, ich kenne nur noch Deutsche" hatte der Kaiser gesagt. Beim "nationalen Kraftakt" (Scholz) lud der Kanzler die Konkurrenz zu gleichem Denken: Das Nationale mit dem Modernen versöhnen. Andere Ansichten beiseiteschieben. Störendes Ausblenden. Sich unter Demokraten auf eine Lösung einigen. Und die dann durchziehen, so dass der Bürger da draußen nach Jahren wenigstens wieder den Eindruck bekomme, die da oben streiten nicht nur, weil sie auch nicht wissen, wie sie den Karren aus dem Dreck bekommen sollen. Sondern sie ziehen in eine Richtung, wenn sie auch nicht sagen können, ob es die richtige ist.
Kommando Rohrkrepierer
Es war ein Rohrkrepierer, den sich beide Seiten fortwährend unter die Nase hielten. Erst müsst ihr, rief die CDU. Mit uns nicht, sagten die Grünen. Macht Vorschläge, wie ich sie vorgeschlagen habe, forderte der Kanzler. Der Dreck um die Karrenräder, er band weiter ab. Wenn sich niemand bewegt, dann bewegt sich nichts. Scholz' Deutschlandpakt, er schien schon am Ende, ehe noch Geschenkpapier darumgebunden worden war, um ihn den Millionen Deutschen da draußen als neuestes Rettungspaket zu verehren.
Dann aber die Balkonbilder, plötzlich, undurchsichtig, aufgenommen am Abend vor dem Abflug des Kanzlernden auf den Balkan, wo Scholz eine Reihe von Aufnahmegesprächen mit EU-Kandidatinnen und Kandidaten fühlen will, ehe er weiterreist nach Israel, um nun auch persönlich herzlichste unverbrüchliche Solidaritätsgrüße zu überbringen. Kaum waren die Schatten an die Wand gemalt, signalisierten die um hunderte und tausende Posten und Pöstchen auf allen Ebenen von Verwaltung und Gestaltung bangenden Grünen Kompromissbereitschaft.
Techtelmechtel auf dem Balkon
Alarmiert vom Techtelmechtel der deutschen Sozialdemokratie mit dem Politzahnarzt Merz ließ Parteichef Omid Nouripour wissen, dass ihn die Sorgen der "meisten Menschen in Deutschland" sorgten, "weil die Kommunen an eine Belastungsgrenze kämen". Gelänge es, das gemeinsame Kind auf den Namen "Obergrenze für Belastungsgrenzen" zu taufen, statt wie bisher angedacht auf "Obergrenze für Flüchtlinge", sei sogar der Menschenrechtsflügel in der ehemaligen Ökopartei bereit, einen "härteren Kurs in der Migrationspolitik" (Nouripour) mitzutragen.
Ob das aber reicht, ist ungewiss. Die Schattenrisse vom Berliner Balkon zeigen eine Männerrunde bei bester Laune und in großer Einigkeit. Scholz hat seine Idee der "Parität" fallen lassen, Merz behandelt den "intersektionellen Feministen" dafür anstandslos wie einen richtigen Mann. Die beiden alten Hasen spielen gemeinsam über Bande: Scholz droht im nächsten Jahr eine Reihe von nie dagewesenen Wahldebakeln, Merz dagegen weiß, dass er von den empfindlichen Verlusten des Genossen der Bosse kaum profitieren wird. Und sich deshalb immer lauteren Stimmen ausgesetzt sehen wird, die seine Fähigkeit infragestellen, die CDU wieder zur entscheidenden politischen Kraft im Land der Mitte zu formen.
Bizarres Bühnenmanöver
Gemeinsam ginge es beiden besser und nach der nächsten Bundestagswahl müssten nicht mehr die Pferde, sondern nur noch die Sättel gewechselt werden. Scholz würde dann wieder Vizekanzler, Merz rutscht eins rauf mit Mappe und erfüllt sich doch noch den Lebenstraum von ein paar schönen Jahren auf dem Kanzlersessel, die ihm den ersehnten Platz in den Geschichtsbüchern einbringen würden.
Im Moment ist das nicht ernst gemeint. Aber der angedrohte Vereinigungsparteitag, ohne den es nach 2025 wohl ohnehin nicht mehr gehen wird, züchtigt auch als Spaß. Die Grünen fallen schneller um als Kegel, die Liberalen sind gar nicht mehr zu hören und von der AfD ist nicht mehr die Rede.
1 Kommentar:
Es lebe die Demokratische Einheitspartei Deutschlands (DED). Alle Macht dem Generalsekretär des Politbüros. Die Fahnen raus zum 1. Mai!
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