Dienstag, 31. Oktober 2023

Millimeterarbeit: Wie die SPD die Gangart in der Migrationsdebatte verschärft

Alle gehen nach rechts, die SPD macht demonstrativ neue Flüchtlingsgesetze dazu.

SPD-Bundeskanzler Olaf Scholz will die Zahl der Abschiebungen drastisch erhöhen, seine Innenministerin Nancy Faeser zielt darauf ab, die Grenzen dicht zu machen, selbst die Parteilinke steht hinter den Absichten der Regierung, Deutschlands bislang so freundliches Gesicht für Flüchtlinge möglichst grausam zu überschminken, um den drohenden Machtverlust bei den Wahlen im kommenden Jahr abzuwenden. Seit Wochen schlagen die Sozialdemokraten härtere Töne in der Flüchtlingsdebatte an – was steckt dahinter?

Glaziale Bewegung

Ein Kurswechsel jedenfalls nicht, sagt der Medien- und Parteikonsumforscher Hans Achtelbuscher, der am An-Institut für Angewandte Entropie der Bundeskulturstiftung seit Jahren untersucht, wie Parteizentralen mit vorausschauendem oder aber nachsorgenden Themenmanagement Machtpolitik betreiben. Angesichts des Rechtsrucks der SPD, dem "nahezu im selben Augenblick" (Achtelbuscher) auch Grüne, FDP, CDU und sogar Teile der Linken gefolgt seien, zeige sich eine politische Glazialverschiebung. "So etwas findet immer nur an der Oberfläche statt, weil sich der Boden bewegt, nicht die, die auf ihm stehen".

Es sei ein Tun-als-ob, kein Handeln aus Glauben, der dazu führe, dass ehemalige Mehrheitspositionen nun verhöhnt und verlacht würden, finde sich noch jemand, der sie aus Überzeugung vertrete, weil ihm selbst die Konsequenzen gleichgültig sein könnten. "Alle anderen drehen sich mit dem Wind", diagnostiziert der Experte, der sich zuletzt mit den normativen und empirischen Grundlagen der Zulässigkeit von Coronakritik beschäftigt hatte und in diesem Bereich eine Schablone für aktuelle Straßenschlachten sieht. "Nach der Phase der Ignoranz folgt in der Regel die Verleugnung, dann die Verleumdung und schließlich die Kapitulation mit dem Hinweis, das alles habe doch bis eben niemand wissen können."

Grundrechte abgeschafft

Dass die SPD nun in den Kampf gegen Flüchtlingshelfer zieht, die sie eigens deshalb in "Schleuser"  hat umbenennen lassen, dass sie plant, Mitgliedern sogenannter "krimineller Vereinigungen" das vom Grundgesetz garantierte Recht auf Asyl pauschal zu verweigern, dass ohne Ankündigung abgeschoben und die Unverletzlichkeit der Wohnung ohne Diskussion aufgehoben werden soll, erscheine vor dem Hintergrund nachvollziehbar, "dass es natürlich für eine ganze Generation an Funktionären um die Karriere und die Lebensplanung geht." Niemand aus der Jungpolitikerriege der Kühnert, Heil, Geywitz und Schulze habe schon genug zurückgelegt, um schon mit der Arbeit an der Autobiografie anfangen zu können. "Alle müssen noch ein paar Jahre zusehen, wo sie bleiben." 

Durch die Glazialverschiebung im Untergrund drohe den Boomern in der SPD der Verlust des Bodens unter den Füßen. "Es ist ein Schockmoment für die Programmplaner auch bei der deutschen Sozialdemokratie gewesen, als sich herausstellte, dass die Realität den Koalitionsvertrag nicht gelesen hat", schmunzelt Hans Achtelbuscher, der von Haus aus eigentlich ein streng wissenschaftlich denkender Kopf ist. Hier aber amüsiert den Forscher die Begegnung mit einem historischen Augenblick, "den man als Wissenschaftlernder auch nur aller Jahrzehnte mal erlebt".

Zusammenbruch eines Weltbildes

Den Zusammenbuch eines ganzen Weltbildes, einer fein ziselierten und von Millionen akzeptierten Ideologie, hätten Beobachter in Deutschland zuletzt 1989 notieren können. "Damals dauerte es allerdings noch ein ganzes Jahr von den ersten Erschütterungen bis zum kompletten Verschwinden des institutionalisierten Aberglaubens." Dessen Delegitimierung sei anschließend jedoch total und "absolut umfassend" gewesen. "Abgesehen von kleinen Nischen, in denen ein paar Verstockte die Feuer der Revolution schüren und die alten Werte des Kommunismus schüren, rauchte die Asche nicht einmal mehr."

Dass es dieses Mal schneller gehen könnte, davon ist Achtelbuscher noch nicht überzeugt. "Zweifelsfrei lässt sich jetzt schon feststellen, dass die Auffassung, in einem Land mit begrenztem Platz sei Platz für unbegrenzt viele Zuzüge, nicht mehr überall bedingungslos als wissenschaftlich korrekt anerkannt wird." Zugleich aber sei noch umstritten, inwiefern sich daraus ableiten lasse, dass an irgendeinem Punkt "Ende Gelände" sei, wie Achtelbuscher mit ironisch hochgezogener Augenbraue auf eine soziale Bewegung, die sich unter dem Deckmantel der Ökologie als starke antisemitische Kraft etabliert hatte. 

Bockig wegen der Realität

"Wir sehen, dass gerade auf der Linken mit einer gewissen Bockigkeit auf den Umstand reagiert wird, dass die Welt eben Wirklichkeit ist und nicht Wunsch." Wie überfahren präsentiere sich angesichts der aktuellen Weltlage nicht nur die Linkspartei, der anzusehen sei, dass sie sich inzwischen auch selbst aufgegeben habe. "Nein, man kann auch bei Sozialdemokratie, Grünen, CDU und FDP sehen, dass niemand mehr unter der Last eines Vorrats an Rezepten gegen die großen Krankheiten der Menschheit marschiert." 

Dieselben Politiker, die eben noch Furore gemacht hätten, weil sie bei jeder Gelegenheit vorgaben, über Mittel und Möglichkeiten zu verfügen, das Schicksal der Menschheit zum Besseren zu wenden, hätten sich nun weitgehend unsichtbar gemacht. "Alle Hoffnung richtet sich darauf, eines Tages zurückzukehren und dann auf Wählerinnen und Wähler zu treffen, die das unangenehme Vorleben vergessen haben."

Er ist wieder da: Mit neuer Kraft und alten Plänen startet Robert Habeck durch

Aus Habeck, dem Revolutionär, wurde in diesen Sommermonaten ein Politiker, der das eigene Feld mit Tricks und geschickten Winkelzügen beackert.

Es waren Monate , von denen er selbst sicher sagen würde, sie seien nicht einfach gewesen.  Erst die Pleite mit der Gasumlage, dann das Gelächter, als er verkündete, er habe die Deutschen sicher über den Winter gebracht. Es folgte der letztlich gescheiterte Versuch, den Menschen weiszumachen, dass die Abschaltung der deutschen Kernkraftwerke völlig folgenlos geblieben sei und keinen Einfluss auf den Strompreis gehabt hatte, ehe die Idee, wegen der rekordhohen Strompreise einen Brückenstrompreis einzuführen, zu einem weiteren offenen Streit in der Koalition führte.  

Konfrontation mit Realitäten

Dazu die Schuldenbremse, die die Altvorderen für immer erlassen hatten, die danach kaum jemals galt, nie eingehalten wurde und nun schnell weg soll. Die Migration, bei der man sich vergaloppiert hat, weil sich herausstellt, dass begrenzter Platz nur begrenzt für unbegrenzte Mengen an Menschen reicht  - immer wieder stößt Klimawirtschaftsminister Robert Habeck auf Realitäten, die in der Autorenstube des Kinderbuchsschreibers kaum eine Rolle gespielt hatten. 

Anfangs reagierte der 54-Jährige bockig auf die Konfrontation mit Fakten und abweichenden Meinungen einer Bevölkerungsmehrheit. Bei der Gasumlage wie beim Heizungsaustauschgesetz schien er lange entschlossen, seine Pläne durchzuziehen, was immer es koste. Spät erst wurde dem bis dahin als gewiefter Stratege eingeschätzten Grünen-Politiker klar, dass politische Erfolge so von kurzer Dauer sind. Nicht zuletzt der eigene Hader mit der Schuldenbremse erinnerte Habeck daran, dass jede nachfolgende Regierung, an der man selbst nicht beteiligt ist, die eigenen Beschlüsse und Gesetze im Handumdrehen rückabwickeln kann.

Aus für den großen Erklärer

Aus Habeck, dem Revolutionär, wurde in diesen Sommermonaten nach dem Verlust des als Ratgeber, Einflüsterer und Vordenker so wichtigen Lobbyisten Patrick Graichen ein Taktiker, der weniger oft auf sich aufmerksam macht und stattdessen versucht, hinter den Kulissen Weichen zu stellen. Widerständen auf nationaler und internationaler Ebene, von der unruhevollen grünen Jugend, die sich in ihren Kreisen profilieren will, und von den Naziparteien CDU, AfD und FDP begegnet Robert Habeck durch wegducken. Er, der sich anfangs als der große Erklärer der Politik der großen Transformation verstanden hatte, will nun "nicht aufhören, nachzudenken." 

Aber dieses "Prinzip des ständigen Infragestellens" (FAZ) sieht Habeck als Selbstverpflichtung im Sinne von "wie kann ich an meinen Plänen festhalten, ohne aus dem Amt gefegt zu werden". Nicht als Aufgabe, die das Ziel hat, Ziele zu relativieren, eigene Positionen zu korrigieren und Überzeugungen aufzugeben, wenn sie sich als falsch herausstellen. Nein, Robert Habeck ist noch lange nicht fertig mit Deutschland. Nach der großen Sommerpause in seiner Öffentlichkeitsarbeit ist er nun wieder da, mit neuer Kraft und alten Plänen zum kompletten Umbau von allem. 

Kein Stein auf dem anderen

Kein Stein soll auf dem anderen bleiben, denn alle werden gebraucht, um ein adenauer- oder merkelähnliches Denkmal für Habeck zu bauen, der als der Mann in die Geschichte eingehen will, der Deutschland fit gemacht hat für den Rest des Jahrtausends: Nachhaltig beheizt, soll das Land klimaneutral wirtschaften, gestützt auf eine staatseigenen Planökonomie, die bis in jede Ritze reicht und den Bürgerinnen und Bürgern eng überwachte Freiheiten gewährt, deren Grenzen auf Parteitagen festgelegt werden. 

Würde es nach Robert Habeck gehen, ginge alles sehr viel schneller. Der Klimaminister, der auch Vizekanzler ist, würde so tief in den Schuldentopf greifen, dass kommende Generationen noch in tausend Jahren mit der Rückzahlung beschäftigt wären. Dafür aber erbten sie ein besenrein sauberes Land ohne Chemie, ohne Automobilwirtschaft, ohne schmutzige Energieerzeugung und Individualverkehr. Obwohl auch der Bundeskanzler diesem Ideal folgt, stößt Habeck bei der Umsetzung fortwährend an Grenzen. Menschen widerstreben. Vor allem im Osten wollen sie am Altgewohnten festhalten und nicht schon wieder neu anfangen. Selbst in den Bionadevierteln der Lastenradfahrer wuchs zuletzt die Skepsis, ob sich die Wärmepumpe wirklich an allen Gründerzeithäusern einsetzen lässt, ohne dass die Miete steigt.

Mit dem Kopf durch die Wand

Habecks Kurs war bisher das Trotzalledem. Ungeachtet aller Konfliktpunkte wollte er durch die Wand, ein schneller Schmerz wie beim Abziehen eines Pflasters, keine zarten Ziehen, sondern ein Ruck, der vielleicht ein, zwei Generationen betrifft. Habeck baute dazu die Bürokratie aus, er verbreitete Optimismus, Pessimismus und Thesenpapiere, die wie Horrorlisten alle Erfolge der deutschen Politik bis hierher aufführen.

Hohe Energiepreise, brüchige Lieferketten, endlose Genehmigungsverfahren, Millionen an Ungebildeten im Land, ein grassierender Fachkräftemangel, Beschwerden über wegrutschenden Wohlstand und eine Babyboomer-Generation, die sich wohl weigern wird, bis zur Bahre weiterzuarbeiten, selbst wenn es doch noch gelingt, ihnen zur Strafe noch ein wenig vom Gesparten wegzunehmen. Dazu kommt die Gefahr von rechts und die Gefahr, dass man selbst den Zugang zu den Schalthebeln der Macht schon bald verliert.

Kampf ums Überleben

Gegenmaßnahmen sind dringend gefragt, an allen Fronten. Habeck möchte immer noch Bundeskanzler werden, dazu ist er bereit, allen alles zu versprechen, aber auch allen alles zu geben, wenn sie dafür mitmachen bei seinem Plan oder wenigstens stillhalten. Als "aktive Industriepolitik" bezeichnet der studierte Literat die in Aussicht gestellte umfassende Subventionswirtschaft, bei der der Staat überall dort, wo es nicht mehr reicht, mit Geld aushilft, das er aus der hohlen Hand schöpft und künftigen Generationen als rückzahlbare Verpflichtung auferlegt. 

Die hohen Strompreise in Deutschland sollen damit wenigstens für die fossilen Großverbraucher sinken, die dank ihrer Lobbyarbeit am lautesten klagen. Für den Ausgleich der damit einhergehenden Klimalasten werden die Bürgerinnen und Bürgern sorgen, indem sie nach und nach höhere Preise für ihren "CO2-Verbrauch" (Annalena Baerbock) zahlen.

Lockere Luderwirtschaft

Stadt und Land, Hand in Hand, mehr Subventionen, weniger Schuldenbremse, mehr Luft für lockere Regelungen statt einer strengen Hand für eine staatliche Luderwirtschaft, die heute zehnmal so viel Geld zur Verfügung hat wie vor 30 Jahren, aber immer noch nicht genug, um damit auszukommen. Robert Habeck argumentiert, dass die Schuldengrenze aus einer Zeit stamme, die mit der heutigen nichts mehr zu tun habe. 

Damals, zu Zeiten der Finanzkrise, sei alles schön gewesen, Politiker hätten es leicht gehabt, das Leben lief prima. Heute aber gebe es Krisen, geopolitische Verschiebungen und die Notwendigkeit eines Energieausstieges - das alles lasse sich mit den Werkzeugen von gestern eben nicht begegnen, argumentiert Habeck, dem eine Freie-Hand-Regelung vorschwebt:Wenn der zuständige Minister Finanzbedarf sieht, muss er auch an die notwendigen Mittel herankommen. 

Winkelzüge und Tricks

So deutlich sagen würde das der neue Habeck allerdings heute nicht mehr. In der langen, stillem Sommerpause hat der frühere Grünen-Politiker gelernt, dass sich das eigene Feld mit Tricks und geschickten Winkelzügen besser beackern lässt als mit der konfrontativen Transparenz der ersten 24 Monate im Amt. Den zweiten Teil seiner Amtszeit, das hat sich Robert Habeck vorgenommen, will er nicht mehr verstanden werden, sondern Dinge schaffen, die den Menschen für immer in Erinnerung bleiben.

Was genau es werden wird, wie tief die Schnitte gehen und was eines Tages am Ende stehen kann? Die Deutschen dürfen gespannt sein. Denn Robert Habeck ist noch längst nicht am Ziel.

Montag, 30. Oktober 2023

Mautbremse: Sprachzuschuss für die Klimakasse

Alles wird teurer, aber der Staat sorgt für gefühlte Entlastung.


Erst die Umsatzsteuer rauf, dann die Gasbremse weg, dafür Aufschläge auf den CO2-Verbrauch und ein wenig Zuschlag beim Krankenkassenbeitrag. Im Kampf um Preisstabilität bei sinkenden Inflationsraten hat die Bundesregierung aber noch mehr in pnetto: Vorbeugend für die anstehende nächste Runde des Preistreibens hat die Bundesworthülsenfabrik (BWHF) in Berlin bereits jetzt Pläne für eine umfassende Mautbremse (MB) vorgelegt. Mit der geplanten Abfederung der Effekte der ausgeweiteten und erhöhten Lkw-Maut sollen vor allem private Haushalte sowie kleine, mittlere und große bis sehr große Unternehmen entlastet werden.

Vorbild Gasbremse

Vorbild ist die auslaufende Gasbremse, bei der der Bund einen Rabatt für den Gaspreis gewährt hatte, den er aus den inflationsbedingt erhöhten Steuereinnahmen an die Energieversorger gezahlt hatte. Die wurden gesetzliche verpflichtet sind, den Verbraucherinnen und Verbrauchern den Entlastungsbetrag gutzuschreiben – entweder mit der Abrechnung oder über die Voraus- oder Abschlagszahlung. Auch entsprechende Wärmepreis- und Strombremsen waren Teil des 200-Millarden-Euro-Abwehrschirms, durch den Deutschland besser durch die Krise gekommen war als die meisten anderen Ländern.

Nach Angaben der BWHF, die zuletzt den eskalierenden Judenhass im Land durch strenge Sprachmaßnahmen eingehegt hatte, will die Bundesregierung vermeiden, dass es wie zuletzt bei der Einführung der Gasumlage zu Verunsicherungen in der Bevölkerung kommt. Mit Blick auf die anstehenden Landtagswahlen im Kommenden Jahr, insbesondere aber wegen der EU-Wahl im Frühsommer, sollen alle geplanten Erhöhungsschritte zeitnah durchgeführt, aber vom Bund symbolisch gegenfinanziert werden. 

Wohlstandskollaps an der Wand 

Sowohl die Rückkehr zur höheren Umsatzsteuer in der Gastronomie als auch der geplante Steueraufschlag von zwölf Prozent bei klimaschädlichem Erdgas, der angehobene CO2-Preis und die auf Kleintransporter ausgeweitete Maut waren von Kritikern als Schritte beklagt worden, die die Inflation weiter antreiben würde. Im Landkreis Potsdam-Mittelmark kursieren bereits Warnungen vor einer deutlichen Anhebung der Müllgebühren, in Norddeutschland schürten Gastronomenverbände die Angst vor einer weiteren Pleitewelle und selbst Ampel-Minister stießen zuletzt ins Horn der Panikmacher, die einen Wohlstandskollaps an die Wand malen.

"Die Mautbremse ist Teil eines Krisenpaketes, das wir der Bundesregierung bereits im August zur Verfügung gestellt haben", beschreibt BWHF-Chef Rainald Schawidow. Als Teil des "Startersets" (BWHF) zur Krisenbekämpfung solle die Mautbremse vor allem über die Weihnachtsfeiertage zum Gefühl beitragen, dass die Bundesregierung die Lage nach wie vor im Griff habe und genau wisse, was sie tue. 

EU muss noch zustimmen

Die konkrete Unterfütterung und Ausgestaltung der fünften und jüngsten Preisbremse sei noch in der Abstimmung zwischen den Ministerien und Fraktionen, auch die EU, die die Erhöhung vorschreibt, müsse letztlich noch zustimmen. "Aber mit der Mautbremse wird für Bürgerinnen und Bürger sowie für kleine, mittlere, große und sehr Unternehmen ein Kontingent von 80 Prozent ihres Zulieferverbrauchs mautfrei gedeckelt", weiß Schawidow. Dafür gebe es einen Rabatt im Vergleich zum Transportpreis mit Maut. 

Für den restlichen Bedarf müsse zwar der normale Marktpreis gezahlt werden. "Doch können sich Familien, Freundeskreise, Nachbarschaften oder Arbeitskollektive natürlich zu Tauschkreisen zusammenschließen, um das ihnen zustehende Kontingent optimal auszunutzen." Schöner Nebeneffekt der Mautbremse: Für Firmen, die sich von der LKW-Maut und dem neueingeführten CO2-Aufschlag in ihrer Existenz bedroht gefühlt hatten, erübrigt sich der Widerstand gegen befürchtete Arbeitsplatz-Verluste. 

Doppelt, aber schrittweise

"Die Lkw-Maut auf Bundesstraßen und Autobahnen wird selbstverständlich ausgeweitet werden und bis 2040 160 Milliarden Euro mehr für Investitionen in die Schiene einspielen", fasst Rainald Schawidow zusammen. Aber auch wenn die Bürgerinnen und Bürger am Ende die sein würden, die die Rechnung auf den Tisch bekommen,"lassen wir sie mit dem Gefühl nicht allein, dass sie zahlen müssen." Der staatliche Aufschlag für jedes Kilogramm, das durchs Land transportiert werden, verdoppele sich zwar zum 1. Dezember. Aber nur schrittweise. "Erst zum 1. Juli 2024 erfolgt dann die Ausweitung auf die kleineren Nutzfahrzeuge", sagt Schawidow, der dank seiner Erfahrungen aus früheren Sprachschlachten sicher ist: "Dann wird dank unserer Mautbremse bereits ein großer Teil der Aufregung verraucht sein".

Die Unersättlichen: Groß, größer, EU-Parlament

Als Großbritannien austrat, fielen nur einige der EU-Parlamentssitze des Aussteigerstaates weg. Nun geht die Brüsseler Volksvertretung daran, sich auch die übrigen langsam zurückzuholen.

Das muss jetzt, denn durch die Zuwanderung ist die EU gewachsen. Diesmal nicht durch neue Mitgliedstaaten, die sich mit gefälschten Daten eingeschmuggelt haben. Sondern dadurch, dass die Gemeinschaft weltweit als leuchtendes Vorbild für einen konsequenten Klimakampf, für gerechte Lieferketten und hohe Naturschutzstandards gilt. 

Für das Europaparlament, die weltweit größte jenseits normaler demokratischer Standards gewählte Volksvertretung ohne das Recht, Gesetze zu beschließen,  muss deshalb geradezu zwangsläufig größer werden: Weil heute nicht mehr 446,56 sondern sogar 446,83 Millionen in der Gemeinschaft leben, hat der Ausschuss für konstitutionelle Fragen im Straßburger EU-Parlament mit großer Mehrheit beschlossen, die Zahl der Abgeordnetensitze nach der anstehenden EU-Wahl zu erhöhen.

Mehr Abgeordnete für alle

Um die um 300.000 Menschen gestiegene Zahl der Bürgerinnen und Bürger auszugleichen, sollen zwölf Länder jeweils einen Sitz oder sogar zwei Sitze hinzubekommen. Aus bisher 705 werden dann 720 Abgeordnete - nur ein Jahr nach dem Ausscheiden der 73 britischen EU-Abgeordneten hätte das Parlament sich dann bereits 39 der damals gestrichenen Sitze zurückerobert.

Ein echter Triumph der stillen und nachhaltigen Arbeit des geheimnisumwitterten "Ausschusses für konstitutionelle Fragen", der einst die große Europäische Verfassung ausgearbeitet hatte, die dann von den Mitgliedsstaaten verworfen wurde. Seitdem hat sich der Ausschuss ersatzhalber um die Umsetzung des Lissabon-Vertrages gekümmert, die "Europäischen Bürgerinitiative" (EU) mitbegründet, die es "Bürgerinnen und Bürgern seit 2012 ermöglicht, sich aktiv in das politische Leben der EU einzubringen" (SPD) und sich um die Vorbereitung vieler Regierungskonferenzen verdient gemacht.

Meisterleistung der Strippenzieher

Dass das EU-Parlament nun bereits mit der Wahl im Juni 2024 kräftig Zuwachs bekommen soll, war keine kleine Meisterleistung der Frauen und Männer, die unter dem früheren Martin-Schulz-Nachfolger Antonio Tajani beharrlich an einer Rückkehr des EU-Parlaments zur alten Größe von 751 Mitgliedern arbeiten. Nur weil die Gemeinschaft nun viel weniger Einwohner hat, müssen doch die Parlamentarier darunter nicht leiden!

Finanziell etwa hatte der Brexit mit dem Ausscheiden Großbritannien ja auch kaum Folgen. Zwar fiel mit den Briten nicht nur ein Nettozahler aus, der die Gemeinschaftskasse regelmäßig mit Milliardenbeträgen gepolstert hatte, sondern auch ein Empfängerland, das Jahr für Jahr etwa 6,8 Milliarden aus Brüssel zurücküberwiesen bekam. Doch als die Briten die Tür hinter sich zugeschlagen hatten, wurde der EU-Etat nicht etwa um die britischen Einzahlungen minus die Auszahlungen an Großbritannien gekürzt. Sondern gar nicht. Mit zehn Prozent weniger Bürgern wird seitdem genauso viel Geld verbraucht wie zuvor mit zehn Prozent mehr. Kein Problem, denn ein neuer Sponsor sprang für die fehlenden zehn Milliarden ein. 

Neue Arbeitsplätze schaffen

Warum also soll das Parlament nicht mehr Arbeitsplätze schaffen, nur weil weniger Wähler da sind? Offiziell waren die von den 73 Sitzen Großbritanniens verbliebenen 46 offenen Sitze zwar "für künftige EU-Erweiterungen in Reserve gestellt" worden. Doch da diese Erweiterungen weiter auf sich warten lassen, hatte sich das EU-Parlament im Juni selbst vorgeschlagen, die Zahl der Abgeordneten für die Legislaturperiode von 2024 bis 2029 um elf auf 716 Sitze zu erhöhen, um "dem demografischen Wandel in den Mitgliedstaaten Rechnung zu tragen" (EU-Parlament). 

Bei elf blieb es dann nicht, weil Frankreich, Belgien und Polen anfangs ebenso wie Deutschland keinen zusätzlichen Sitz abbekommen sollten und deshalb - im Unterschied zu Deutschland - eine Zustimmung verweigerten. Am Ende steht deshalb nun ein glücklicher und durch und durch europäischer Kompromiss: Es gibt einfach nicht elf, sondern 15 zusätzliche Abgeordnete. Zwei darf Frankreich schicken, je einen Spanien und die Niederlande, bedacht werden auch Österreich, Dänemark, Belgien, Polen, Finnland, die Slowakei, Irland, Slowenien und Lettland.

Ein dreister Streich der Unersättlichen

Deutschland stellt mit 96 weiterhin die meisten Abgeordneten. Jeder von ihnen vertritt gleich stolze 875.000 Einwohner, immerhin 25.000 mehr als die Kollegen aus Frankreich. Luxemburg, Malta und Zypern dagegen haben auch nach der Erhöhung der Zahl der Sitze zusammen nur zwölf Abgeordnete in Brüssel und Straßburg, die jeweils 166.000 Bürger vertreten müssen - fünfmal weniger als die deutschen Kolleginnen und Kollegen.

Aber auch das ist eine ganze Menge, verglichen mit den 15 neuen Abgeordneten. Die können sich dagegen in Ruhe einarbeiten, denn der dreiste Streich der Unersättlichen in Brüssel eilt der als Begründung angeführten "demografischen Entwicklung" weit, weit voraus: Jeder von ihnen weiß rein rechnerisch 20.000 Wählerinnen und Wähler hinter sich. 43 Mal weniger als jeder deutsche EU-Parlamentarier zu vertreten hat.


Sonntag, 29. Oktober 2023

Der Aufschneider: Hoher Beauftragter für Peinlichkeit

Josep Borrell hat es trotz einer Verurteilung wegen Insiderhandels auf den Posten des "EU-Außenbeauftragten" geschafft. Der junge Künstler Kümram hat den Spanier mit Rügener Kreide gezeichnet auf Stierhaut gezeichnet.

Er ist das alte Europa in Person, ein 75-jähriger Mann, der seit 50 Jahren in der Politik mitmischt, ein letzter, allerletzter Zeitgenosse von Leonid Breschnew, Helmut Schmidt und Ronald Reagan, der immer noch da ist, mittlerweile als "EU-Chefdiplomat", ein Posten, den frühere EU-Politiker-Generationen verbal schon zum "Außenminister" der Gemeinschaft aufgeblasen hatten, der aber mit seiner offiziellen Bezeichnung "hoher Vertreter der EU für Außen-und Sicherheitspolitik" schon andeutet, wie wichtig und bedeutsam er wirklich ist.

Bekannt aus Funk und Fernsehen

So wie Künstler, die auf Dorffesten mit "bekannt aus Funk und Fernsehen" angepriesen werden, wirbt die EU mit dem Titel "Hoher Vertreter" um Aufmerksamkeit, die bei offiziellen Besuchen oft nicht einmal ihren höchsten Bürokraten zuteil wird. Josep Borrell, ein Spanier mit argentinischem Pass, der seine Aktivitäten nach einer lange Karriere als Minister für dieses und jenes vor 20 Jahren auf die europäische Bühne verlegte, hat sich auch von gelegentlichen Widerständen nicht dabei bremsen lassen, nach den höchsten Posten der Moralgemeinschaft zu streben. Der Sozialdemokrat kassierte insgeheim für einen Aufsichtsratsposten, er betrieb Insiderhandel und verriet alle Ideale der EU, indem er sich schon 2018 im Stil eines Rechtspopulisten gegen offene Grenzen und eine global gerechte Willkommenskultur stellte.

Im Hinterzimmer, das ihm zuvor bereits einmal auf den Posten des Präsidenten des EU-Parlaments verholfen hatte, wurde der damals 72-jährige Greis 2019 wurde vom Europäischen Rat für das höchste außenpolitische Amt der EU nominiert. Als "unermüdlicher Europäer" gerühmt, trat der gelernte Volkswirtschaftler an, zu "kämpfen, um die EU zu einem Schwergewicht auf der Weltbühne zu machen." Dazu gehöre es, "den Frieden zu wahren und die internationale Sicherheit zu wahren", wie es damals hieß“. Auch die Aufrechterhaltung des Atomabkommens mit dem Iran stand auf der Liste des Bäckersohnes, der als jähzornig, mathematisch begabt und als begeisterter Wanderer gilt.

Dass nichts klappt, schadet auch nicht

Das hat alles nicht geklappt. Aber Borrells Ansehen auch nicht geschadet. Je häufiger die EU auch in außenpolitischen Fragen nicht ist einer Zunge spricht, sondern als vielstimmiger Chor zu hören ist, desto unverdrossener gibt sich der spanische Sozialdemokrat als Ansager der Auffassungen aller 27 Staaten aus. Borrell, ein Typ Mann wie aus der Schablone der Juncker, Brok und Schulz gepresst, war entweder erfolgreich mit seinen Bemühungen, mochten die auch ergebnislos sei. Oder aber nicht verantwortlich für deren Scheitern.

Völkerrechtler ist der Spanier, den sie im politischen Brüssel nur den "Aufschneider" nennen, dadurch mittlerweile auch noch geworden. So sicher er seine Nazivergleiche zu platzieren versteht und so ungerührt er bliebt, wenn ihm und seinen Erwägungen weltweit niemand zuhören will,  so unverdrossen spielt er die Rolle des "Außenbeauftragten" weiter, die ihm nach einer eiligen Geheimabsprache zwischen EU-Rat und EU-Parlament zugeschoben worden war, ohne dass in der Eile über die Verurteilung wegen Insiderhandels gesprochen werden konnte. 

Der "unglückliche Herr Borrell" (SZ) hat sich seitdem verdient gemacht um die Fortsetzung des Verfalls der Bedeutung des "High Representative" und wachsende Zweifel daran, ob der Katalane, auf dessen Idee die EU-Strategie zurückgeht, den Krieg in der Ukraine auf dem Schlachtfeld zu entscheiden, nicht eher für sich spricht als für die EU.

Im Nahen Osten soll nicht die Schlacht entscheiden

Im Fall Israels jedenfalls möchte Borrell nicht das Schlachtfeld entscheiden lassen, ob der Judenstaat überleben darf oder die Hamas. Noch ehe die israelischen Streitkräfte überhaupt mit einer Bodenoffensive gegen die Mörder von mehr als 1.400 Menschen begonnen hatten, galten Borrells ganze Sorgen dem Leiden der Leute, die der Hamas zujubeln, sie seit fast zwei Jahrzehnten an der Macht halten und der Meinung sind, dass das gelobte Land der Juden (hebräisch הארץ המובטחת) aus der hebräischen Bibel von vor Beginn der Zeitrechnung sei natürlich immer schon arabisch gewesen und müsse deshalb künftig rein arabisch werden.

Israels Angriffe verletzten das Völkerrecht, klagt Borrell, von dem bis heute außer einem Bedauern über die Opfer kein einziges Wort der Kritik an der Hamas und deren Verletzung des Völkerrechts überliefert ist. Aus Sicht des Spaniers haben nicht etwa die Palästinenser versagt, die es in den zurückliegenden 80 Jahren nicht einmal geschafft haben, den Anschein eines eigenen Staatswesens aufzubauen, trotz billionenschwerer Unterstützung der ganzen Welt. Sondern eben diese "Welt hat kläglich versagt", weil es ihr nicht gelingen ist, die Vielzahl der palästinensischen Terrororganisationen mit noch mehr Geld und noch mehr guten Worten von den Vorteilen einer friedlichen Koexistenz mit Israel zu überzeugen.

Sorgen um die Familien der Terroristen

So sehr Josep Borrell davon überzeugt ist, dass der Westen die Ukraine so lange mit Waffen und Munition versorgen kann, bis ukrainische Armee die Atommacht Russland in die Knie gezwungen haben wird, so sehr ist er leidenschaftlich dabei, das Lebensrecht der Hamas gegen die Nachstellungen des israelischen Militärs zu verteidigen. Borrell redet nicht von Waffenhilfe für das angegriffene Israel, er schlägt keine Sanktionen gegen Staaten vor, die die Hamas mit Geld und Raketen versorgen und es fällt ihm nicht ein, die Führer der islamistischen Mörderbanden und ihre Unterstützer in den Scheichemiraten, in Berlin und der Türkei mit den Judenmördern Hitler, Himmler und Goebbels gleichzusetzen. Stattdessen wirft er dem Angegriffenen vor, sich nicht an die Spielregeln der sauberen Verteidigung zu halten.

AfD: Wer zu früh kommt, den bestraft das Leben

Zur großen Koalition der Flüchtlingsabweiser gehören inzwischen alle Parteien des demokratischen Blocks.

Wie ein Mann stehen sie da, bereit zu Verschärfungen, zu harten Maßnahmen, schwerem Geschütz. Von SPD über die Grünen bis zur FDP hinüber zur Union hat sich in den zurückliegenden Wochen eine informelle Harte-Hand-Fraktion der deutschen Politik zusammengefunden. Die Teddybären sind verschwunden, die Bahnhöfe ohne Klatschkolonnen, selbst die Rufe nach besseren Erklärungen für das gemeine Volk und einer besseren Verteilung über andere Staaten sind verstummt.  

Nur noch Reste von Romantik

Allenfalls im kleinen Kreis schwärmen einzelne Romantiker noch von einer Rückkehr zu Willkommenskultur und einer Breite des Zuwanderungsstromes, der das Zeug gehabt hätte, die Schonlängerhierlebenden bis zur Jahrhundertmitte in eine zu schützende Minderheit zu verwandeln.  Nun ducken sie sich weg, voller Furcht, sonst weggespült zu werden von einer Welle an Furcht vor dem Neuen, vor einer Gesellschaft, die ihr Zusammenleben tagtäglich auf "pro-palästinensischen" Demos und bei Straßenschlachten zwischen Eritreern neu aushandelt.

Ein Gespenst geht um in Deutschland, es ist das Gespenst des Machtverlustes. Es geistert vor allem durch die Parteizentralen, aber auch durch die Ministerien. Es zwingt ausgewiesene Träumer, sich unschönen Realitäten zu stellen. Es radikalisiert Männer, die sich sich selbst bisher als queerfeministische Internatsektionalisten sahen, und Frauen, deren Alptraum es war, Grenzen zu schließen und Menschen, die nur nach einem bequemen Platz zum Leben suchen, kaltherzig abzuweisen. 

Wer spät lenkt

Wie im Rennsport zeigt sich schlagartig: Wer zu nicht rechtzeitig lenkt, muss stärker ins Steuer greifen. Und hoffen, nicht aus der Kurve zu fliegen. Zugleich wird klar, wie falsch manche politische Binsenweisheit ist: Nicht wer zu spät kommt, wird vom Leben bestraft, sondern der, der zu früh da war. Eine Erfahrung, die sie nun alle machen, die Regierungskritiker, Querdenker, Zweifler und Kopfschüttler, deren zaghafte Bedenken, dass ein Land mit begrenzter Fläche schon allein aus geografischen und geometrischen Gründen keine unbegrenzte Menge an Zuzug verkraften könne, über ein Jahrzehnt zuverlässig als Hetze, Hass und Menschenfeindlichkeit enttarnt worden war.

Nun stehen sie da, staunend über die neue Welle an fremdenfeindlichen Parolen, die aus den Parteizentralen quillt als sei ein Wettbewerb um die Aufnahme in die einst wegen genau solcher Auffassungen beinahe verbotene NPD ausgerufen worden. Der Kanzler hat "neue Härte" befohlen. Die Innenministerin riegelt die Grenzen zumindest symbolisch ab. Wer nicht ertrinkt, wird nicht eingesperrt, aber böse angeschaut.

Vorreiter der neuen Grausamkeit

Das Nachsehen haben die Vorreiter der neuen Grausamkeit, deren krude Thesen nun von allen großen Adressen im Chor verbreitet werden. Das ZDF behauptet "Flüchtlingskrise steigert Wohnungsnot", weil es durch den Zuzug "für Menschen mit geringem Einkommen noch schwerer" werde, bezahlbaren Wohnraum zu finden. "Fehler" in der  Migrationspolitik werden wie Neuigkeiten ausgewalzt, mit sichtlichem Behagen fragwürdige Kronzeugen zitiert und der sichtlich radikalisierte Kanzler wird als Genosse "Kernig" gelobt. 

Zur großen Koalition der Flüchtlingsabweiser gehören inzwischen alle Parteien des demokratischen Blocks, aber auch sämtlich angeschlossenen Abspielstationen. Nach der "Energiewende" (BWHF) müsse nun die "Migrationswende" (Wirtschaftswoche) folgen, angeblasen von Rufen nach einer Orbanisierung mit Zäunen und scharfen Waffen, schamlosen Schuldzuweisungen und von Gemeinsinnsender verbreiteten Zweifeln am neuen Kurs. Dabei lässt der schon erste befriedigende Ergebnisse erkennen: Nichts ist passiert. Nichts hat sich geändert. Aber der Effekt des verbalen Einprügelns auf Schutzsuchende zeigt die erhoffte Wirkung.


Samstag, 28. Oktober 2023

Zitate zur Zeit: Das Erfolgsgeheimnis

Die Bezeichnung "Pack" hat Gabriel bekannt gemacht.

Wir wollen jedem vorschreiben, wie er zu denken hat. 

Der frühere SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel, inzwischen im Parteiruhestand, beschreibt das über Jahre bewährte Erfolgsgeheimnis seiner Partei.

Fünftes Jahrgedenken: Ende der Zeitrechnung

Vor fünf Jahren kündigte die EU an, die jährlichen  Zeitumstellungen abzuschaffen. Wie so oft, wenn die größte Staatenfamilie der Welt sich etwas vornimmt, wurde auch daraus nichts.

Einmal Tatkraft zeigen, Durchsetzungvermögen, blitzschnell Entscheidungen durchdrücken, die sich die Menschen draußen in den 27 Mitgliedsstaaten schon lange sehnlichst wünschten. Kurz vor dem Ende seiner langen und überaus erfolgverprechenden Laufbahn als einer der Macher an der Spitze der Europäischen Union ließ Jean-Claude Juncker das Volk befragen. Sollen wir? Oder sollen wir nicht?  

Ende des Endes der Zeitumstellung

Zwar beteiligte sich nur eine verschwindend kleine Minderheit der EU-Bürger an der tief im Netz versteckten EU-Online-Umfrage zum Thema Zeitumstellung. Doch immerhin waren viele Deutsche dabei - und Juncker beschloss, dass eine bessere Gelegenheit nicht mehr kommen würde,  die Wähler in den Mitgliedsländern davon zu überzeugen, dass in der Großgemeinschaft nicht etwa wie gehabt alle wichtigen Entscheidungen im Hinterzimmer getroffen werden, an den Bürgerinnen und Bürgern vorbei und ausgewürfelt in undurchsichtigen Kungelrunden. Mit höchster Transparenz verkündete der eigensinnige Modeliebhaber, dass schon in Kürze eine Abschaffung der Zeit erfolgen werde, zumindest einer. Nur die EU-Staaten und das EU-Parlament müssten noch kurz zustimmen.

In der Regel eine "Formsache" (DPA), denn vorgeschaltet ist der berühmte Trialog, ein Prozess, in dem die Zeit nach  ganz eigenen Regeln vergeht. Schnelles wird langsam, zuweilen bleiben die Uhren über Jahre stehen. Die europäische Armee etwa ist wie die Gesundheitsunion ein Jahrhundertprojekt, ebenso die europäische Arbeitslosenversicherung und die europäische Flüchtlingslösung. die immer wieder gefunden und zufrieden verkündet wird, unmittelbar im Anschluss aber wieder verlorengegangen ist.

27 Köche und kein Brei

27 Köche und kein Brei und obwohl Juncker mit fester Stimme verkündete, "die Menschen wollen das, wir machen das", blieb es beim "raschen Vorschlag der EU-Kommission zur Abschaffung der Zeitumstellung und eine Entscheidung noch vor der Europawahl im Mai". Mai 2019, nur neun Monate nach dem Abschluss der Umfrage. Achtmal wurde seitdem zwischen Sommer- und Normalzeit umgeschaltet, gelegentlich noch ploppte die Frage auf, was aus dem großen Juncker-Plan geworden war.  Die zuständige Kommissarin Violeta Bulc konnte sie nicht mehr beantworten. Die frühere Basketballerin war durch einen früheren Kunstturner ersetzt worden, der daheim weggemusst hatte. Sein Thema war das nie

Juncker war auch weg, die Zeit blieb. Die EU-Europäer nahmen es stoisch wie so vieles. Wie immer hatte sich die EU nicht einigen können, wie immer hatten das außerhalb der Brüsseler Blase und der Leitmedienredaktionen eigentlich alle geahnt. Kein normaler Bürger war ernsthaft davon ausgegangen, dass eine Wertegemeinschaft, die zwei venezuelanische Präsidenten anerkennt, zu selben Zeit, ein Problem damit haben könnte, an zwei Zeitumstellungen jährlich festzuhalten, von denen die EU-Kommission überzeugt ist, dass sie unnötig, störend und nicht im Sinne der Regierten sind.

Ignoriert und torpediert

Auch aus diesem großen Plan wurde also nichts, obwohl das "Ergebnis einer Konsultation so offensichtlich" war, dass die "europäischen Gremien es nicht ignorieren" durften, wie der CDU-Europaabgeordnete Peter Liese mit einem Vierteljahrhundert EU-Parlamentserfahrung einschätzte, taten sie genau das. Nichts. Es würde doch im Norden zu schnell dunkel und im Süden zu früh hell werden, oder umgekehrt, hieß es. Niemand wisse auch genau, ob es besser sei, für immer Winter zu haben oder doch, für immer auf Sommer zu setzen.  Never change a winning time. Man beschloss also, sich in der Mitte zu treffen. Und nicht mehr von der peinlichen Angelegenheit zu sprechen.

Ursula von der Leyen, für die die Umstellungsabschaffung zu Beginn ihrer Amtszeit noch Chefsache war, besteht nun darauf, dass der "Ball bei den Mitgliedsstaaten" liege. Wenn die 65-Jährige im kommenden Jahr auf bewährte Weise, also ohne vorher umständlich zur Wahl angetreten zu sein, als Wahlsiegerin in ihre zweite Amtszeit geht, wird er dort immer noch liegen.

Freitag, 27. Oktober 2023

Falsche Verschwörungstheorie: Fridays for Vergangenheit

Fridays for Future bekennt sich auch nach dem Massaker vom 7. Oktober zum "Yalla Intifada".

Die kindliche Klimakaiserin preschte vornweg, wie immer schäumend vor gerechtem Zorn über die Ungerechtigkeit der Welt. Sich gegen einen Angriff zu verteidigen, das ist das Vorrecht der unruhevollen Jugend, nicht das eines Staates, dessen Bürgerinnen und Bürger zu Hunderten von Terroristen hingeschlachtet wurden. Greta Thunberg jedenfalls solidarisierte sich entschieden mit den Wählern der Täter, die den Mördern nach begangener Tat lauthals zugejubelt hatten, nach den ersten Gegenschlägern aber feststellten, wie wichtig und bedeutsam ihnen das Völkerrecht ist.  

Wortmeldung mit Palästinenserflagge 

Als antisemitisch wollte die Mutter der Weltklimabewegung ihre Wortmeldung mit Palästinenserflagge nicht verstanden wissen. Nur eben ist aus ihrer Sicht die Sachlage klar: Hier die entrechteten Araber, die es jenseits der ölreichen Scheichdiktaturen bis heute in keinem Land geschafft haben eine halbwegs funktionierende demokratische Gesellschaft aufzubauen. Dort der Judenstaat Israel, klein, von Feinden umgeben. Eine kriegstreiberische Gemeinschaft von knapp neun Millionen, die es darauf anlegt, sich mit den 450 Millionen Andersgläubigen ringsum im Schießen, Bomben und Meucheln zu messen.

Selbstverständlich  war das nicht so gemeint, wie es da geschrieben stand. Die deutsche Sektion von Fridays for Future wiegelte ab. In den Bionadevierteln in Hamburg, Berlin und München ist man sich der Gefahr gewahr, dass es für Klimaschützer unter Antisemitismusverdacht nie wieder irgendwo einen der begehrten öffentlich-rechtlichen Talkshowsessel geben wird, keine unredigierten "Gastbeiträge" voller Fake News in den Leitmedien und keine Interviews im "Spiegel", wenn wiedermal ein neues Buch in die Kamera zu halten ist.

Aktivisten gegen Apartheid

Es nützte nichts. Das Zahnpasta, kaum halbwegs in die Tube zurückgedrückt, kam am anderen Ende schon wieder hervorgequollen. Fridays for Future International, eine globale Sektion, die es nach der Verteilung der Protestanten beim letzten schmalen "Klimastreik" eigentlich nicht geben kann, legte mit neuen Verschwörungstheorien nach: "Wie die westlichen Medien dich gehirnwaschen und veranlassen, zu Israel zu stehen" klärten die Aktivisten über das "Apartheid-System" Israel und den laufenden "Genozid" an den Palästinensern auf. 

Diplomatisch, bei FFF arbeiten Profis, ist nie von Juden die Rede, wo Juden gemeint sind. Klare Kante aber, und da läutet das Totenglöckchen, zeigen die Klimakämpfer gegenüber dem, was sie "western Media" nennen: Genau die Sender, Zeitungen, Magazine und Zeitschriften, die in den zurückliegenden vier Jahren für die bizarre Überhöhung des Kinderkreuzzuges und seiner Propagandaprinzessinnen  sorgten, finden sich nun als "nicht unabhängig und nicht neutral" ins Lager der hasserfüllten Verleumder der "palästinensischen Sache" (Georg Restle) geschoben.

Post nicht mit uns abgestimmt

Alles abwiegeln, die Verantwortung auf den - anonymen - internationale Account schieben und darauf, dass "der Post nicht mit uns abgestimmt" ist und beteuern "wir stimmen nicht mit den Inhalten überein", es wird nichts nützen.Wenn auch eine saftige Portion Rassismus von Anfang an zum Propagandabesteck der Kreuzzügler gegen Abendland, weißen Mann, westlichen Wohlstand und die Juden das Verkörperung der globalisierten Welt mit ihrer modernen Technik gehörte, braucht es doch neun Monate, ehe sich die deutsche Division pikiert vom "Yalla Intifada!" der Verbündeten distanzierte.

Selbst die Taz, jeder grundsätzlichen Ablehnung von Antisemitismus  unverdächtig, kündigt da die Freundschaft. Wo jahrelang Bedauern herrschte, dass der von Dieter Kunzelmann mit Bomben auf ein jüdisches Gemeindehaus herbeigebombte Versuch scheiterte, den "Judenknacks" der deutschen Linken zu überwinden, ist die "Delegitimation der Bewegung" (Taz) nach den verschwörungsideologischen Posts nicht mehr zu reparieren. Fridays for Future ist Vergangenheit.


Ampel: Das Klimageld ist nicht tot, es hat nur ein anderer

Klimageld, Klimaprämie, Klimapauschale - jede Ampelpartei hatte einen eigenen Namen für die Rückzahlung an die Bürger. Dabei blieb es.
Klimageld, Klimaprämie, Klimapauschale - jede Ampelpartei hatte einen eigenen Namen für die Rückzahlung an die Bürger. Dabei blieb es.

Alle waren dafür, alle wollten nicht lange warten. Die Fortschrittskoalition schrieb es in ihrem Regierungsprogramm nieder: Ein Klimageld, wie es die SPD genannt hatte,  würde einen "sozialen Kompensationsmechanismus" etablieren, der die notwendigen Härten durch steil steigende CO2-Steuern und andere neue Klimaprämien auf Waren, Güter und Dienstleistungen, auf Mobilität und Lebensführung mindern würde.  

Ein Wunsch der Gerechtigkeitsparteien

Die Klimapauschale würde gar nicht lange auf sich warten lassen, denn gerade den großen Gerechtigkeitsparteien SPD und Grünen war von Anfang an klar, dass jede Preiserhöhung, und sei sie auch wichtig und bedeutsam für das globale Klima, "vor allem die Armen ganz besonders hart" (DPA) triff. Zwar favorisierten die Grünen eine Auszahlung als "Energiegeld", die FDP wollte es  "Klimadividende" nennen, SPD und Union dagegen machten sich für "Klimaprämie" stark. Aber es zeigte sich weder das eine noch das andere.

So ging ein Jahr ins Land und noch eines, das dritte begann und das sagenumwobene Klimageld tauchte noch ein einziges Mal auf, am selben Tag, als auch der Bundesarbeitsminister einen Augenblick Urlaub nahm von der Unsichtbarkeit. Niemand reagierte. Niemand antwortete. Der Finanzminister blieb bei seiner Linie, dass er ohne Kontozugang zu allen 84 Millionen Deutschen niemandem Geld auszahlen könne, schon gar nicht Geld, das er nicht habe, weil es längst verplant und im übrigen bereits im vergangenen Jahr ausgegeben worden sein.

Nur eine Quelle für Milliarden

Im kommenden wird es dann als Quelle der Milliarden benötigt, die der neue Industriestrompreis braucht. Robert Habeck plant eine Atempause beim Rückbau der fossilen Wirtschaft, Unternehmen sollen nicht mehr für ein paar Jahre einfach zu produzieren aufhören, ohne deshalb gleich pleite zu sein, sondern mit Hilfe staatlicher Zuschüsse weiterarbeiten. Mit Blick auf die Bundestagswahlen 2025 möchte Habeck vermeiden, dass zu viele Bürgerinnen und Bürger zugleich aus dem Berufsleben ausscheiden, weil ihre Jobs nicht mehr gebraucht werden. 

Das nun als Industriestrompreisstütze verwendete Klimageld der Bürger erhalte Arbeitsplätze, argumentiert der Wirtschaftsminister, komme also letztendlich auch so den Bürgerinnen und Bürgern zugute. Habeck ist deshalb dafür, die fossile Stromerzeugung, die traditionelle Großchemie und das energieaufwendige Schmelzen von Stahl aus dem Klimafonds zu finanzieren, auch wenn das bedeutet, dass Wählerinnen und Wähler weiter auf die ihnen zustehende Teilrückzahlung von CO2-Abgabe und Co. durch den "sozialen Kompensationsmechanismus" (Koalitionsvertrag) warten müssen.

Geldüberweisung als Gnadengesuch

Mit den Plänen des ehemaligen Liberalen Christian Linder kollidiert dieses Vorhaben allerdings. Schwerer angeschossen noch als SPD und Grüne hatte der FDP-Vorsitzende vor, die 2021 versprochene Klimazahlung "bereits 2025" (Handelsblatt) vorzunehmen. Lindner hoffte darauf, die Empfänger mit einer satten Überweisung gnädig zu stimmen und von der grundsätzlichen Ernsthaftigkeit seiner Politik zu überzeugen. 

Auch der Bundeskanzler war aus diesem Grund gegen einen Industriestrompreis: Einerseits würden viele Wähler ja doch bemerken, dass ihre Existenznöte durch die höchsten Energiepreise der Welt der Ampelkoalition deutlich weniger wichtig sind als die von Großspendern der Parteien. Andererseits müssten die Milliarden aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF) mit einer Finanzierung des vergünstigten Stromtarifes für ausgesuchte klimaschädliche fossile Industrieunternehmen bereits zum dritten Mal ausgegeben werden. Im politischen Berlin gab es lange Zweifel, ob das machbar ist.

CO2-Einnahme einfach dreimal ausgeben

Geplant ist deshalb nun, das eine nicht vom anderen zu trennen. Bundeskanzleramt und  Wirtschaftsministerium arbeiten gemeinsam an einem Plan, mit dem der Industriestrompreis aus dem Klima- und Transformationsfonds finanziert wird, ohne dass damit das Klimageld wegfällt, weil die Mittel schon anderweitig eingesetzt worden sind. 

Möglich würde das werden, indem die Einnahmen aus dem Verkauf sogenannter Verschmutzungsrechte ein weiteres Mal ausgegeben werden. Waren die zuletzt von den Bürgern eingezogenen 13 Milliarden Euro bisher nur verplant, um 18,8 Milliarden für die energetische Sanierung von Gebäuden, 12,6 Milliarden für den Ausgleich der fehlenden Einnahmen aus der gestrichenen Erneuerbare-Energien-Sondersteuer, 4,7 Milliarden für die "Weiterentwicklung der Elektromobilität inklusive des Ausbaus der Ladeinfrastruktur" und vier Milliarden für die marode Bundesbahn auszugeben, kommen nun noch zirka zehn Milliarden dazu, um jeweils etwa 120 Euro an jeden Einwohner Deutschlands auszuzahlen.

Die CO2-Einnahmen aus den staatlichen Handel mit Luft wären damit dann zum dritten Mal komplett ausgegeben. Sozialdemokratische Mathematiker halten das für denkbar, Wissenschaftlernde, die kürzlich für die grünen Bundestagsfraktion nachgerechnet haben, sehen es als zwingend notwendig an. Bewegt sich die FDP, steht einer endgültigen Lösung nur noch die reine Arithmetik im Wege.

Donnerstag, 26. Oktober 2023

Heil Hamas: Die Wahrheitsschleudern der Terrortruppe

Jammern und jammern lassen: Beim teilstaatlichen Portal T-Online bekommen ausgewählte Opfer Gelegenheit, sich über ausgewählte Angriffe zu beklagen.

Sie haben Tausende ermordet, nicht, weil es unumgänglich war, sondern weil sie in der absoluten Entgrenzung des Terrors eine Möglichkeit sehen, die Blicke der Welt wieder auf ihr Leiden zu richten. Dessen Ursache sehen sämtliche Palästinenserorganisationen seit 80 Jahren nicht bei sich selbst in der eigenen Unfähigkeit, ein Gemeinwesen aufzubauen, das sich selbst ernähren und erhalten kann. Sondern in einem kleinen Nachbarstaat, der ebenso lange vorführt, wie sich das bewerkstelligen lässt.

Solidarität der Medien

Hamas und Islamischer Dschihad können sich dabei darauf verlassen, dass große Teile der Weltöffentlichkeit ihren trotz aller Morde, aller Brutalität und Unmenschlichkeit treu die Fahne hält: Massaker werden als "Widerstand" in Verständnis gepackt. Die Hinrichtung von zivilisten, von Kindern, Frauen und alten Leuten geschehe ja "nicht im luftleeren Raum" hat zuletzt auch Uno-Chef Antonio Guterres gelobt. Emmanuel Macron hat das bestätigt und die Massenmorde relativiert: "Nichts kann die Leiden der Zivilisten in Gaza rechtfertigen."

In den deutschen Medien haben die Mörder allerdings besonders treue Verbündete: Von "Tagesschau" über Süddeutsche Zeitung bis Taz, Deutschlandfunk und ZDF wird aufs Wort der Hamas gehört. Hier gilt eine Pressemitteilung von Massenmördern als Goldstandard der Verlässlichkeit. Stellt sich später heraus, dass es doch nicht so wahr, tut es im Kleingedruckten leid. Macht ja nichts. Merkt ja keiner.

Die Opferzähler

Seit dem Angriff der palästinensischen Terrororganisation Hamas auf "israelisches Staatsgebiet" (Statista) werden mit Hingabe Opfer gezählt. Die Uno, das Uno-Flüchtlingshilfswerk, UNOCHA (United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs), die amtliche deutsche Nachrichtenagentur DPA - sie führen im Moment "bereits mehr als 1.400 israelische Todesopfer" an, wissen es also im Falle des angegriffenen Landes, das über eine funktionierende Verwaltung verfügt, nicht auf die einzelne Person genau. Von den "palästinensischen Behörden" (DPA, Zeit, Spiegel, Tagesschau etc.) kommen hingegen sehr exakte Zahlen: Durch "Gegenschläge des israelischen Militärs gegen die Hamas" seien "5.087 Menschen" gestorben.

Ein wenig Wunderglaube ist dabei, diese Zahlen für zumindest so richtig halten zu wollen, dass sie mit dem Hinweis verbreitet werden, "eine objektive Zählung" sei "häufig kaum möglich", so dass "auf Schätzungen zurückgegriffen werden" müsse. Denn diese Schätzungen lagen am 15.Oktober bei 2.300 und am 19.10, dem Tag vor dem angeblichen "Luftangriff" (ZDF) auf das Al-Ahli-Krankenhaus in Gaza, bei 3.500. Danach stiegen sie nach den Angaben der "palästinensischen Behörden" (Deutschlandfunk), dass bei dieser verheerenden Attacke 100, 300, 471 oder sogar 500 Menschen ums Leben gekommen seien, nachvollziehbarerweise auf mehr als 4.000.

Widerlegte Propaganda

Anschließend widerlegten die israelischen Streitkräfte die Hamas-Propagandamitteilung zumindest so glaubwürdig, dass Blätter wie die New York Times oder "Die Presse" und Gemeinsinnsender wie der Deutschlandfunk zurückruderten und selbst das jeder übertriebenen Sympathie mit Israel unverdächtige teilstaatliche Internetportal T-Online von einer "großen Hamas-Lüge" schrieb. Auch die Zahl von hunderten Opfern fiel damit auf "eher ein paar Dutzend" (Tagesspiegel). Erstaunlicherweise aber nur im Einzelnen, nicht in der Gesamtzählung. Die kennt nur eine Richtung, strikt nach oben und ohne den Knick, den eine Zurechnung von 300, 400 oder 500 Opfern am 17. Oktober und deren Substraktion am 19., 20. oder 21. hätte in der Statistik hinterlassen müssen.

Unbeeindruckt von diesem Umstand addieren sie weiter, was aus der Hamas-Pressestelle kommt, die als Quelle den Titel "palästinensische Behörden" oder "palästinensisches Gesundheitsministerium" bekommt, um sich Nachfragen nach den tagtäglichen Zahlenwundern aus einem von Terroristen besetzten Landstrich zu ersparen. Der hat keine funktionierende Wirtschaft und keinen Wirtschaftsminister. Aber einen Innenminister, der die Kontrolle bereits am 9. Oktober verloren hat, und trotzdem eine Kriegsopferstatistik, der deutsche Medien so bedingungslos zu vertrauen bereit sind, dass sie die Wahrheiten der Terrortruppe bereitwillig weiterstreuen. 

Joe Biden mag zweifeln. Sie nicht.

Habecks Industriestrategie: Mit Geld von den Bäumen

Mit seiner neuen Industriestrategie setzt Robert Habeck auf eine Umverteilung vom Bürger zu den internationalen Großkonzernen, aber auch auf den energischen Rückbau klimaschädlich wirtschaftender Privatfirmen.

Er hat die Energieversorgung heruntergefahren, die Bäcker in Urlaubssemester geschickt und begonnen, Deutschlands starke und zukunftsfähige Industrie langsam und klimaverträglich zurückzubauen. Robert Habeck gilt als einziger Minister der Fortschrittskoalition, der bisher halten konnten, was das grüne Wahlprogramm versprochen hatte. Doch er ist auch der einzige, der dennoch nicht nachlässt in seinem Bemühen, die Fehler aller Vorgängerregierungen entschieden auszumerzen.

Hin zur Kreislaufindustrie

Der Energieausstieg ist dabei auf eine grundlegende Voraussetzung, die andere ist der Umbau der Wirtschaft vom ressourcenverzehrenden Produktionsmoloch hin zu einer nachhaltigen Kreislaufindustrie mit starkem Dienstleistungscharakter. Es geht um Handel im Wandel, um Tauschwirtschaft und die Errichtung großer Reparaturbetriebe, die künftig dafür sorgen sollen, dass Deutschland auch ohne die Herstellung von neuen Handys, Fernseher, Hosen, Jacken, Socken und Möbeln weiterhin ein Land bleibt, in dem sich gut und gerne leben lässt.

Robert Habeck weiß, dass das nur klappen kann, wenn die Bundesregierung die Wirtschaft auf ihrem Weg Richtung Klimaneutralität tatkräftig unterstützt. Die jetzt vorgelegte Industriestrategie zeigt, wie sich der Klimawirtschaftsminister den weiteren Weg vorstellt: Die Schuldenbremse, eine Regelung bezeichnet, die von Bundesrat und Bundestag erst vor 14 Jahren mit Zweidrittelmehrheit Verfassungsrang verliehen bekommen hatte, geht über Bord. Die Staatsverschuldung Deutschlands soll wieder grenzenlos möglich sein, die für Bund und Länder seit 2011 verbindlichen Vorgaben zur Reduzierung des Haushaltsdefizits macht gelten nicht mehr. 

Riesenfortschritt zurück

Ein Riesenfortschritt zurück in eine Zeit, als das Geld auf den Bäumen wuchs und sich jede Regierung nahm, was nötig war, um den Laden am Laufen zu halten. Der Hybris von CDU, CSU und SPD, die geglaubt hatten, mit der Verankerung einer Schuldenbremse eine Entscheidung von "historischer Tragweite" (Peter Struck) zu treffen, die die Handlungsfähigkeit des Staates auf Dauer sichere, widerspricht Robert Habeck entschieden. Der 54-jährige Wirtschaftspolitiker will Wohlstand erneuern und er ist bereit, das auch auf Kosten kommender Generationen zu tun. Nur gerecht, denn so wie die heute Schonlängerhierlebenden für Schulden und Versäumnisse früherer Generationen aufkommen müssen, wird diese Verantwortung nun auch weiterhin auf im Gebiet Deutschlands siedelnde Menschen zukommen.

Nach uns die Sintflut, lautet das Motto des gelernten Philosophen Habeck, der als erster Politikernder der Welt darangeht, Wohlstand zu erneuern. Bisher galt für diesen diffusen Begriff als gesetzt, dass jemand ihn hat oder nicht und dass er sich erarbeiten oder aber ach ererben lässt. Habeck nun schlägt vor, das zu ändern und Wohlstand zu erneuern wie einen Anstrich, ein gebrochenes Versprechen oder eines jener sagenumwobenen Impfzertifikate während der Corona-Zeit. Als Mittel seiner Wahl hat Habeck staatliche Subventionen für die Industrie ausgemacht, die dafür zustimmen müsse, sich zentraler staatlicher Planung, Lenkung und Leitung zu unterwerfen. 

Bürokratie gegen Marktwirtschaft

Nur eine enggeführte Marktwirtschaft, davon ist der immer noch viertbeliebteste Ampel-Minister überzeugt, kann Unheil vermeiden und nur ein ausuferndes Staatswesen mit einem immer weiter wuchernden bürokratischen Apparat ist in der Lage, Menschen die Angst zu nehmen, dass es zu einem Kontrollverlust kommt und durch den kostenbedingten Rückbau der wirtschaftlichen Basis Arbeitsplätze und Lebensqualität verlorengehen.  

Als überzeugter Etatist, der jedem freien Spiel der Kräfte misstraut, tritt Robert Habeck den Gegenbeweis an. War die Einführung der Schuldenbremse seinerzeit noch alternativlos, weil der Staat ein starkes Signal an die Kapitalmärkte senden musste, um zu zeigen "wie ernst es Deutschland mit der Sanierung der Haushalte meint" (Peer Steinbrück), geht es nun nicht mehr um die Kreditwürdigkeit des Landes, sondern um den Beweis, dass jedes politische Handeln jeweils nur bis zum Beweis des Gegenteils richtig ist. Als der Bund sich vor 15 Jahren 330 Milliarden Euro frisches Geld leihen musste, um alte und neue Kredite sowie Zinsen bedienen zu können, gab es keine dringendere Aufgabe, als diesen auf Dauer unhaltbaren Zustand zu beenden, denn damals flossen 15 Prozent des Bundesetats fließen allein in Zinszahlungen.

Präsenz als Industriedenkmallandschaft

Inzwischen liegt die Bruttokreditaufnahme dank Schuldenbremse bei beruhigenden 475 Milliarden Euro vorgesehen, da ist nur ein Anstieg um 43 Prozent, so dass die Zielmarke von 15 Prozent Zinsausgaben weiterhin in Reichweite bleibt. Mit Hilfe der neuen Industriestrategie, die unter dem Stickwort "Verlängerung der Netzentgelte" auch eine Umverteilung von Geld vom Bürger hin zu den großen Konzernen vorsieht, wird das vor Monaten ausgerufene "Jahr der Industriepolitik" 2023 auf den allerletzten Metern zu einem guten Abschluss kommen: Selbst die energieintensive Grundstoffindustrie soll nach dem Willen des Ministers "weiterhin präsent" sein und als Industriedenkmal neugieirge ausländische Touristen locken.

Mittwoch, 25. Oktober 2023

Wurzeln der Verklärung: Wurde beim heiligen Marsch Hass gepredigt?

Es ist die höchste Pflicht jedes Moslems, auch wenn er seit einer Entscheidung der Bundesworthülsenfabrik (BWHF) aus dem Jahr 2001 durchgehend "Muslim" genannt werden muss.  Solche deutschen Befindlichkeiten hin oder her, wie in den Zeitaltern der "Muselmanen", der "Mohammedaner", "Islamiten" und "Sarazenen" ist jeder Follower von Allah und seinem Propheten Mohammed aufgefordert, einmal im Leben teilzunehmen an der großen Pilgerfahrt nach Mekka. Nur der ist ein guter Gläubiger, der dort im Kreise geht. Nur der wird eines späteren Tages erlöst werden, der auch diese fünfte der fünf Säulen des Islam erklimmt. Unabhängig davon, dass der arabische Begriff "Haddsch" ursprünglich aus der Bibel stammt, wo es für jüdische Wallfahrten verwendet wird.

Friedensfahrt zu Gott

Eine Friedensfahrt zu Gott, so malten deutsche Fernsehsender den Ausflug von Millionen zu einer der weltweit etwa 276 heiligsten Stätten des Islam stets aus. Die Haddsch oder Hadsch war ein einziger Gottesdienst in ein "gigantisches Wallfahrtszentrum", das zwei Millionen Besucher ohne jedes Klimaproblem bewältigt. Staunende "Kufr" (arabisch كفر ‚Unglaube') bewunderten das Vermögen der fortschrittlichsten muslimischen Ländern uneingeschränkt, solche Menschenmasse zu kanalisieren, sie zu nähren und unterzubringen, während nur 1.000 Kilometer entfernt Glaubensbrüder im Gaza-Streifen seit Jahren gefangen und seit Wochen ohne Wasser, Brot und Benzin vegetieren müssen.

Dass bei der Hadsch Hass gepredigt wird, haben rechte Hetzer und sächsische Pegidisten, ewiggestrige AfD-Sturmtruppen und irregleitete Radikalkonservative vor vielen Jahren vergebens behauptet. Angebliche Angaben dazu, dass ein Vorbeter in einem Video mit Bildern der um die Kaaba trottenden Menge ein Gebet anstimmt, in dem er "Allah bestrafe diese ungerechten Christen, Allah bestrafe diese verbrecherischen Juden, Allah bestrafe diese boshaften Abtrünnigen" und "Allah verderbe ihren Glauben, Allah zerstöre ihre Wege" forderte, stellten sich als brutale Hetze fanatischer Islamhasser heraus, von deren Vorwürfen sich heute selbst im Internet kein Wort erhalten hat.

Überraschtes Erstaunen

Umso überraschender ist nun das Erstaunen allerorten darüber, dass "migrantische Gruppen den Terror der Hamas unterstützen und ihren Hass auf Juden zeigen", wie die FAZ über einen "Krieg der Bilder und Darstellungen" notiert, in dem es "weniger um Fakten als um Emotionen" gehe. Wo kommt denn das auf einmal her? Das war doch eben noch nicht da? Beim Marsch der Gläubigen um die berühmte Kaaba, jene Kultstätte, die einst von den Anhängern des heute längst vergessenen Gottes Hubal erbaut wurde und sich später ähnlich ressourcenschonend zum Zielort der Pilgerfahrt der Muslime verwandelte wie die ehemalige Kapernaum-Kirche in Hamburg in eine Moschee, ging es um nichts als Frieden und die friedliche Gemeinschaft  im gemeinsamen Glauben.

Wie Kai aus der Kiste erstand der Hass, der noch vor Tagen die Muslime traf, als "tödlicher Hass von Islamisten" (Taz) aus dem Nichts. Keine Vorwarnung, keine Karenzzeit. Auf einmal war er da. Worüber sich nun "niemand wundern" (FAZ) soll, weil "Politik, Medien und Gesellschaft hätten gewarnt sein können". Was noch vor wenigen Wochen als bösartiger Vorwurf galt, aufgemacht von Rechtspopulisten und Internethetzern, um sogenannten "Hass" zu schüren, entpuppt sich als geheimer Glaube hinter dem Glauben nicht aller Muslime. Aber doch erschüttern vieler mehr als seinerzeit von Faktenfindern nachgewiesen, als der Filmemacher Imad Karim die beunruhigende Diagnose stellte, dass im Hadsch-Film wirklich auch "Allah bestrafe die verbrecherischen Juden" gefordert werden.

Falsche Fake News

Die gesamte Übersetzung der Tonspur des Videos sei zutreffend und schlüssig zudem, denn "das Verfluchen von Juden und Christen" sei "innerhalb vieler strenggläubiger Familien" in seiner Heimat, dem Libanon, immer schon "völlig normal" gewesen. Eine landeskundliche Information, die viel zu verstörend war, als dass sie hätte so stehenbleiben dürfen. Bereits kurz nach seiner Verfehlung wurde das Profil von Imad Karim bei Facebook gelöscht. Wenig später sendete die ARD die 45-minütige Reportage "Im Netz der Lügen – Der Kampf gegen Fake News" in dem Karim als warnendes Beispiel für die Verbreitung von falschen Fake News vorgeführt wurde.

Boombranche Öko-Energie: Wind um nichts

Beneidete Branche: Mit künstlichen Energieinseln und einem europaweiten Gebläsegebot ruft die EU-Kommission mit dem neuen Masterplan mit China-Bremse eine neue Boomstufe aus.

Wie hart die Zeiten geworden sind, gerade für boomende Zukunftsbranchen, zeigt ein einfacher Vergleich der Gegenwart mit ehemals. Damals war alles schlimmer, damals aber mussten Politiker allenfalls einzelne Unternehmen retten, wenn es zum Allerschlimmsten kam. Da war mal eine Stahlhütte, da braucht mal ein Busbauer Hilfe oder eine Plastiktütenbude. Oft eilte ein Kanzler herbei, die Taschen voller Kleingeld, um die Arbeitsplätze im trockene Tücher zu bringen und die Kuh vom Eis.  

Antworten vor den Fragen

Heute nur noch eine ferne Vergangenheit, romantisch verbrämt von den Erinnerungen der Älteren. Denn heute geht es um mehr, um viel mehr, weil immer gleich ganze Branchen auf der Kippe stehen, wenn die Retter aufkreuzen. Das geschieht heute allerdings nicht mehr, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist, sondern weit vorher. Mit Richtlinien und Gesetzen werden Antworten gefunden, ehe Fragen gestellt worden. Es gibt Lösungen, ehe gordische Knoten geknüpft wurden.

Oft geht es dabei darum, die unschönen Äußerlichkeiten von Mutter Natur hübsch aufzuschminken. In abgelegenen Regionen wie etwa in Bayern, das über keinen einen eigenen Meerzugang verfügt, abgesehen vom Ufer des Ammer- und eines Stückes des Bodensees, verhindert die Willkür des Windes immer öfter, dass Windkraftanlagen sich wirtschaftlich betreiben lassen. Beton, Stahl, Kupfer und seltene, umweltschädliche Chemikalien, alles wird immer teurer. Und genau wie Katrin Göring-Eckardt vorhergesagt hat, wird ausgerechnet der elektrische Strom durch den vermehrten Einsatz von erneuerbaren Energien immer billiger. 

Der Strom ist zu billig

Zu billig, um noch Windkrafträder bauen zu können, die ihre eigenen Kosten in ihrer begrenzten Lebenszeit durch die Herstellung von Elektroenergie wieder einzuspielen. Kein Klimawirtschaftsminister kann das mit Industriestrom retten, kein Finanzminister mit Milliardenpaketen retten, kein Kanzler durch die Ausrufung einer neuerlichen Chefsache eine Änderung bewirken. Nicht einmal der große Windkraftgipfel vom Mai, der "freie Fahrt für Windenergie" im Gedenken an die frühere freie Fahrt für freie Bürger ausrief, konnte die Gesetze der Marktwirtschaft dauerhaft außer Kraft setzen.

So muss nun einmal mehr die EU ran, der ehemaligen Fortschrittskoalition den weg ebnen. Die Brüsseler Kommission geht die Aufgabe zum Glück nicht kleinlich an, sie sorgt nicht vor für ein oder einige Unternehmen. Seit Ursula von der Leyen Europa regiert, geht es immer um alles - und deshalb plant die Gemeinschaft der Kommissare nun vorsorglich gleich die Rettung der gesamten Windrad-Branche. 

Die Überplanung des Jahrhunderts

Eine Aufgabe, deren Größe dem großen "Green Deal" zur Überplanung des Jahrhunderts zumindest bis zu seiner Mitte ("Fit for 55") angemessen scheint. Nicht "mehr Licht", wie Johann-Wolfgang von Goethe einst kurz vor seinem Tod gefordert haben soll, sondern mehr Wind ist das Ziel. Gerettet werden diesmal nicht Firmenzwerge oder ohnehin sterbende Mittelständler. Nein, es geht um die Giganten einer Boombranche, denen es schlecht geht, so schlecht wie nie seit dem Zusammenbruch der europäischen Solarenergie unter konzertierten chinesischen Billigattacken niemandem mehr. 

Da macht Brüssel selbst das Unmögliche möglich: Zwischen zwei knallharten Zwistigkeiten über die gemeinsame Position der EU zu einem Waffenstillstand in Nahost und keinem Waffenstillstand in der Ukraine nahmen die 27 Kommissare sich Zeit, eine Strategie zu entwerfen, deren Kühnheit in der Geschichte der Menschheit ihresgleichen sucht. Weg mit kleinem Karo, her mit einem richtig großen Wurf. Hader und Streit beiseite, Brüder in eins die Hände, jetzt kommt die Windwende!

Kolossale Rotation

Nicht irgendwie, sondern "kolossal" soll die EU mit Rotoren bestückt werden, an Land, zu Wasser und zur See. Kabel von Nord nach Süd, Kabel von Süd nach Nord und Ost nach West, mit ehrgeizige Ausbauzielen und verdoppelten Windkraft-Kapazitäten, die die deutsche Energiewende wie ein laues Lüftchen erscheinen lassen. Von derzeit rund 200 Gigawatt, die liefern können, wenn der Wind weht, geht es hoch auf 500 Gigawatt. Ganz egal, was es kostet.

Ein Orkan zieht auf. Noch schreiben die großen europäischen Windturbinenhersteller alle rote Zahlen, noch lässt sich mit der Zukunft kein Geld verdienen. Doch das Rezept der EU ist bestechend einfach: Es wird schneller gebaut werden, digitaler und damit mit der "massiven Krise" (EU) als Rückenwind. Auch dort, wo es sich nicht lohnt, denn das ist der eigentliche Kniff an Sturmangriff der Gemeinschaft: Beim Ausbau der Windkraft sollen "künstliche Energieinseln" (EU) helfen, auf denen mit günstigen Industriestrom auf Basis von Festtarifen Gebläse für eine stetige Rotation der Rotoren sorgen. 

Masterplan mit China-Bremse

Das wäre ein Wettbewerbsvorteil für Europäer - und ein harter Schlag für China, dass unter Verdacht steht, seine Windkraftanlagen nicht nur von Arbeitern zusammenschrauben zu lassen, die weniger Gehalt bekommen, sondern zudem auch von billigerem Strom, niedrigen Steuern und einer ohne Rücksicht auf das Weltklima ausgebaute moderne Infrastruktur zu profitieren. Geht der EU-Masterplan mit China-Bremse (BWHF) auf, und es gelingt, bis 2030 mindestens 42,5 Prozent ihres Energiebedarfs aus erneuerbaren Quellen zu decken, könnte die Nordsee bis 2050 Europas größter Energielieferant werden - mittels Offshore-Windkraft.

Der neue Fahrplan der Bundesregierung für mehr Wind vom Meer, im Januar beschlossen, wäre hinfällig. Der Weg für den flächendeckenden Ausbau der Windenergie in Nord- und Ostsee erneut "geebnet" (Tagesschau). Profitieren würden alle: Die maladen europäischen Windkraft-Hersteller, die Gebläseindustrie der EU, die großen Industriestromverbraucher und die Politik, deren Tatkraft beim Manöver, China "den Wind aus den Segeln zu nehmen" (BR) Millionen dankbarer Wählerinnen und Wähler beim EUrnengang zum europäischen Parlament im nächsten Juni honorieren dürften.