Mittwoch, 30. August 2023

Dreckschleudernde Elite: So schaden Politiker dem Klima

In Ägypten kam es zuletzt zu einem Weltgipfel von Menschen mit einem besonders großen und zerstörerischen Klima-Fußabdruck.

Sie jetten nach Reykjavik über Menschenrechte, den Ukraine-Krieg und Russland zu reden. Sie reisen nach Ägypten, um tagelang über Klimafragen zu verhandeln. Sie sind in Afrika unterwegs, im arabischen Raum, aber auch in den beiden Amerikas. Sie sind zudem nie allein, sie lassen sich begleiten von Beratern, Helfern und Berichterstattern, die die Menschen daheim wissen lassen sollen, wie toll die Arbeit ist, die sie gerade wieder leisten. Bundesaußenministerin  Annalena Baerbock schickte zu Beginn ihrer Amtszeit Bilder in die Welt, die sie in historischer Pose vor dem Eiffelturm zeigten. Robert Habeck und Cem Özdemir ließen sich in Südamerika von Kindern schminken. Der Bundeskanzler war gleich mehrfach nachdenklich nach Japan unterwegs.

Über den Nordpol nach Hause

Der Airbus A350 „Kurt Schumacher“, die größte und modernste Maschine der Bundeswehr-Flugbereitschaft, überquerte auf dem Rückflug eigens den Nordpol, denn um den russischen Luftraum zu vermeiden, reiste Scholz von Japan zuerst Richtung Norden über Alaska, dann nach Westen über das Nordpolarmeer und schließlich über Finnland nach Deutschland. Nach etwa 13 Stunden und 30 Minuten und 12.319 Flugkilometern landete die Maschine daheim in Berlin, ohne neue Vereinbarungen, einen Friedensvertag im Gepäckabteil oder Plänen, dem japanischen Beispiel des Ausbaus der klimafreundlichen Atomenergie nachzueifern. Mehr als ein neues Loch in den Himmel gebrannt zu haben, durch das das Klima sich weiter erhitzen kann, war nicht passiert.

So geht es meist zu, wenn die Weichensteller der Weltgeschichte in malerischen Kulisse alles für das Wohl der Menschheit tun. Mal in Genf, mal in Portugal, mal in Davos, mal in Jackson Hole - wo sich die Mehrzahl der Menschen keinen Kaffee würden leisten können, wohnen sie in Luxus-Hotels, finanziert von der öffentlichen Hand. Sie essen Drei-Gänge-Menüs, nutzen täglich den Wäscheservice und haben zuweilen sogar Familienangehörige dabei wie der Bundeskanzler, der im Frühjahr auf einer Dienstreise "viel Zeit" (Scholz) mit seiner Britta Ernst verbrachte. 

Die armen Alleinreisenden

Für hunderttausende Normalsterbliche eine traumhafte Vorstellung. Sie sind gezwungen, ihre Reisen im Auftrag ihrer Arbeitgeber allein zu absolvieren - niemand würde die zusätzlichen Kosten tragen. Zudem wäre da ja immer noch die Extrabelastung für das Weltklima, wenn zwei Personen reisen, wo nur eine reisen muss.

Diese Anekdote erzählt nicht nur von der Instinktlosigkeit der Mächtigen, sondern auch von ihrer abgekoppelten Lebenswirklichkeit. Es handelt sich um eine exklusive Elite, über deren genaue Lebenswirklichkeit oft wenig bekannt ist. Ihre Lebenshaltung verbergen sie hinter Parteiämtern, staatlichen Aufgaben und Verpflichtungen, die in Terminkalendern stolz präsentiert werden. Kein Krieg und keine Pandemie, kein Kampf gegen die Erderwärmung und kein Energiesparappell kann den Angehörigen dieser abgeschotteten Elite etwas anhaben – sie reisen, wann immer sie mögen, wohin sie wollen und ohne Gewissensbisse, wie wie sie auf stolz verbreiteten Fotos zeigen.

Umgeben von Influencern

Das in Sachsen beheimatete Climate Watch Institut (CWI) hat jetzt nachgerechnet, wie drastisch sich der CO2-Fußabdruck von Politikern von dem gewöhnlicher Menschen unterscheidet. Die Ergebnisse sind erschütternd. Allein die Auslandsreisen der führenden Verantwortlichen der Bundesregierung summieren sich auf Tausende Tonnen des Klimagiftes CO2, die zusätzlich in die Atmosphäre geblasen werden. Sogar noch schlimmer wirkt die Haushaltung der ihnen unterstellten Behörden: Wie das Bundeskanzleramt in Berlin sind die Gebäude häufig nicht ausreichend gedämmt, Hunderte neugeschaffener Stellen erhöhen den Heiz- und Kühlaufwand trotz bereits ausgerufener Notstandgebiete.

Der französische Soziologe und Politologe Grégory Salle hat darüber den erschreckenden Essay "Luxus und Stille im Kapitalozän" (Suhrkamp) verfasst. Für ihn sind die Zustände  ein Symbol dafür, dass der "Exzess zum Kennzeichen unseres Zeitalters" geworden ist. Die zumindest finanziell Glücklichen seien kaum mehr eingebunden in demokratische Entscheidungsprozesse, sie sind allenfalls abhängig von der Gnade ihrer Parteien. Für sie spielt es keine Rolle, wenn für das Volltanken eines Airbus mal eben mit 50.000 Dollar bezahlt werden müssen, ohne dass das Benzin dem verschärften europäischen CO₂-Handel, gewissermaßen einer Klimasteuer, unterliegt. 

Klimafrei in alle Welt

Nach den Zahlen des CWI, einer von der früheren Bundeskanzlerin Angela Merkel im Rahmen der Behördenansiedlungsinitiative angeschobenen Gründung im sächsischen Grimma, liegen die Emissionen der politischen Klasse in Deutschland bei mehr als 10.000 Tonnen CO2 pro Kopf und Jahr. Den Kriterien der Forscher zufolge umfasst die betreffende Gruppe aus Parteiführern, Vorständen, Ministern, Staatssekretären, Strippenziehern und Talkshowtouristen etwa um die tausend Personen. Diese 0,0001 Prozent der vielreisenden Entscheidungsträger belastet das Klima jeweils etwa mit dem dem Tausendfachen des Durchschnittsdeutschen. 

Da verwundert es natürlich, wieso die abgeschottet wirtschaftende Elite nicht längst schon auf der moralischen Anklagebank schmort oder wenigstens schnurstracks zur Kasse gebeten wird – gerade, was die durch sie verursachten Umweltkosten betrifft. Sie sind weit überdurchschnittlich beteiligt an der Zerstörung unseres Planeten, meistenteils dienen ihre Fernreisen keinem direkten Zweck außer dem, schöne Bilder für die Daheimgebliebenen zu produzieren. An den Pranger gestellt zu werden, mussten Minister, Mitarbeiter und zur Mitreise eingeladene Influencer nie befürchten. 

Dreckschleudernde Elite

Während fleißigen Pendlern ein Tempolimit eingeredet wird und auswärts arbeitende Monteure sich mit dem 49-Euro-Ticket zu ihren Baustellen durchschlagen sollen, müssen die mit einem ganzen Hofstaat reisenden Entscheider nicht einmal Ablass für ihre dreckschleudernden Fortbewegungsmittel leisten. Heute geht es nach mit dem Kurzstreckenflieger oder einer Diesellok nach Hamburg zur Talkshow, morgen ist schon Moma in Berlin, Mittwoch dann Parteitag in München oder Straßenwahlkampf im Ruhrgebiet. 

Gesellschaftlich wird das alles noch akzeptiert", fasst CLI-Chef Herbert Haase die Ergebnisse der Studie "How decision-making elites exploit and destroy the planet" zusammen. Der Forscher konstatiert: "Ihre Welt ist ein Paradebeispiel für einen atemberaubenden Taschenspielertrick: die Fähigkeit der Weichensteller und ihres engsten Umfeldes etwa in den sogenannten Hauptstadtbüros der Medien, sich von den gesellschaftlichen und umweltbezogenen Kosten zu befreien. In einer Meisterleistung wälzen sie diese Kosten auf die anderen gesellschaftlichen Gruppen ab, darunter auch auf die ärmsten."


3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Wenn Funktionäre 10000 Tonnen Treibstoff verbrennen, um auf einem Internationalen Gipfel eine Reduzierung des Treibstoffverbrauchs des Pöbels von 1 Mio Tonnen zu beschießen, dann ist das ein Nettoplus und es bleibt noch Spielraum für die Yachten.

Anonym hat gesagt…

Das in Sachsen beheimatete Climate Watch Institut (CWI) ---

Überflüssig wie ein Pickel am Urschbacken. Kann festgenommen und auf Hohnstein für einfache forstwirtschaftliche Tätigkeiten freiwillig zwangsausgebildet werden.

ppq hat gesagt…

irgendwer muss aber doch die augen offenhalten