Sonntag, 23. Juli 2023

Funk-Streife: Kapitalismus ist 'ne Bitch

 

Sein Mut kostete ihn die Heimat, denn seine berührende Hymne "Belief" führte dazu, dass der gebürtige Däne Carl Ladeplads sich ins Exil in den Brandenburgischen Wäldern flüchten musste. Seitdem gilt das traurige Schicksal des begnadeten Songwriters als bitteres Beispiel dafür, was es heißt, für seine Überzeugungen zu kämpfen - gegen eine Ideologie, die auch in ihren heftigsten Ausprägungen so viele Anhänger hat, dass es einen hohen Preis kostet, unverwandt gegen sie anzusingen. "Ich will nicht in einer Welt leben, in der Zeichnungen und Musik verboten sind", hatte Ladeplads dereinst seine Motivation beschrieben. Ein Bedürfnis, sich tief von innen zu äußern, öffentlich zu machen, was und wie es ihn bewegt.

Triebkraft Widerspruch

Eine Triebkraft, die Rock- und Popmusiker schon immer beseelt hat. Immer wieder haben Musikanten standgehalten angesichts mächtiger Versuche der Einschüchterung. Sie haben Lieder gesungen, die verboten waren. Haben Überzeugungen geäußert, die nicht die der Mehrheit waren. Sie sind illegal aufgetreten, haben Ausgrenzung und Verfolgung akzeptiert und am Ende oft triumphiert: Als Vordenker der Gesellschaft überlebten ihre von den Mächtigen verpönten Lieder oft genug Boykott und Bekämpfung. Sie selbst wurden mehr als einmal zu Heldenfiguren, deren so lange verunglimpfte poetische Mahnungen Denkmalstatus erlangten. 

Und es hört nicht auf. So sehr auch das Rockbeamtentum  Erfolge damit zu feiern scheint, der Macht nach dem Munde zu singen, so häufig erheben sich jungem, unangepasst Kreative, um mit ihrer Kunst zu zeigen, dass es noch eine andere Popkultur gibt - schräg, wild und ungezähmt, mit Inhalten, die wider den Stachel löcken und die Möglichkeit eines anderen Lebens außerhalb der routiniert rotierenden Verwertungskreise der marktwirtschaftlich organisierten Massenmusik behaupten.

Das Pferd im Apfelbaum

Ein prägnantes Beispiel dafür ist Bina Bianca, eine junge Frau, die mit nur drei Jahren ihren ersten Hit schrieb. "Ich hab ein Pferd im Apfelbaum gefunden" war noch gänzlich unpolitisch, nicht mehr als eine Fingerübung eines frühberufenen Jahrhunderttalents. Seitdem aber hat die als deutsche Joan Baez geltende junge Frau aus Berlin mehr und mehr ein Faible für menschliche Verhaltensweisen, Hobbypsychologie, Philosophie und die im Bereich der Populärmusik eigentlich als unsexy geltenden  Wirtschaftswissenschaften entwickelt. 

Ohne Rücksicht auf die Empfindlichkeiten einer von Berührungsängsten geprägten alternden Gesellschaft pflegt die studierte Singer/Songwriteren heute das politische Lied als Hauptaufgabe bei der Durchsetzung der Popularisierung einer Gesellschaftsordnung, die oft versucht, aber nie richtig durchgesetzt wurde: Bei "Funk", einem Internet-Ableger des Gemeinsinnfunks, rechnet sie jetzt ab mit den leeren Versprechen der Älteren, die Dinge predigen wie "mit harter Arbeit erreichst Du Deine träume" oder "Du musst nur an Dich glauben. Ihr komme da "immer ein bisschen Erbrochenes hoch", gesteht die hübsche Blondine, für die jede Art von Arbeit "am Ende auch nur eine Form der Ausbeutung" ist, weil manche Dinge "eben nicht jeder erreichen kann".

Alles Lüge

Das alles ist "Lüge", wie schon Rio Reiser angeprangert hat, das all die "goldenen Kälberherden" grasen nur auf Asphaltfeldern wie Blixa Bargeld in seinem Gleichnis "Der Turm stürzt ein" reimte. Bina Bianca braucht keine so verschlüsselten Verse, keine Melodie, keine Band und keine Plattenfirma, um ihre Botschaft zu verbreiten: "Kapitalismus ist eine Bitch",  singt sie, schwer enttäuscht von einer Welt, in der "niemand superreich wird mit harter Arbeit", weil doch am Ende immer nur "an irgendeiner Stelle entweder das System oder Menschengruppen ausgebeutet" würden. Wie ungerecht ist das denn? Gezwungen zu sein, reich geboren zu werden oder zu erben, weil "harte Arbeit und etwas, was man gerne macht, selten" dafür reichen, einen zu einem Superreichen zu machen?

Jede Zeile der vielleicht härtesten, auf jeden Fall aber kürzesten Anklage gegen die herrschende Ordnung trifft auf den Punkt, ins Schwarze und fasst die Enttäuschung einer jungen Generation zusammen, der eine paradiesische Zukunft versprochen wurde, die nun aber erkennen muss, dass Lehrer und Eltern und Politiker und Medienschaffende das alles nur so dahin gesagt haben. Immerhin noch lächelnd trägt die Musikerin ihre Anklage vor. Nach 29 Sekunden ist klar: Ohne Planwirtschaft und Kommunismus wird es nicht gehen.


6 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Auf Youtube ist die Kommentarfunktion unter dem Song gesperrt. Schade. Vermutlicht haben dort Kapitalisten ihrem Hass freien Lauf gelassen, weil die junge Künstlerin dem System die Maske vom Gesicht gerissen hat. Vom hässlichen Gesicht gerissen. Also Fratze.

Die Anmerkung hat gesagt…

https://www.tiktok.com/@binabianca89/video/7245198530778828058

Sie will wiederkommen, vielleicht.

https://www.instagram.com/p/CazCnp_jQLS/

Anonym hat gesagt…

Das Dumme ist nur, dass wir überhaupt keinen Kapitalismus (mehr) haben.
Und, dass jeder seines Glückes Schmied wäre, das galt (auch nicht immer) zu früheren Zeiten.

ppq hat gesagt…

jaja, der hass. nimmt zu, genossen bauern, nimmt zu

Anonym hat gesagt…

OT Vera Lengsfeld war bei Rammstein. Schönes Spektrum, so als Hobby-Kulturtante.

Halb Thüringen schien anwesend zu sein...

Man hier hier auch relativ viele FreiWild-Heckscheibenaufkleber. Vom Vierten Reich in Sonneberg ganz zu schweigen. Wieso ist hier nochmal der angebliche Linke Ramelow am Ruder? Achja, da war was.

Anonym hat gesagt…

Bernd möchte vergeistigt überhebliche Oberschichtkinder in die Fischfabrik stecken und weichprügeln .