Dienstag, 20. Juni 2023

"Üppig ausfinanzieren": Füllhorn voller Fördermittel

Der Umstieg aufs Pferd könnte den Verkehrsbereich in Bälde entlasten. Der junge Maler Kümram hat Klimawirtschaftsminister Robert Habeck gemeinsam mit den Hoffnungsträgern porträtiert.


Es ist soweit. "Russland hat uns das Gas abgeklemmt", hat Bundesklimawirtschaftsminister Robert Habeck jetzt erstmals deutlich geradegerückt, wie die Dinge wirklich liefen im vergangenen Jahr, als die Zeitenwende begann. EU-Chefin Ursula von der Leyen mag sich heute noch daran erinnern, wie sie mit geboten ernster Miene die härtesten Sanktionen aller Zeiten ankündigte und deutlich machte, dass Russlands Bankrott nun nur noch eine Frage der Zeit sei. Doch in Wirklichkeit war es der Russe, der nicht nur völkerrechtswidrig in der Ukraine einmarschierte, sondern auch den Gashahn zudrehte.

Es war alles ganz anders

Alles andere ergab sich aus dieser Sachlage. Die Gasumlage, die zwei Wochen unerlässlich war, ehe sie wegfiel, ohne zuvor eingeführt worden zu sein. Die Bundesheizungsvorgaben zum schnellen Vollzug der Wärmewende, die einerseits die bereits vollständig beseitigte Abhängigkeit von Russland beenden, andererseits aber auch dem Weltklima auf die Füße helfen sollten. Im Studio von Anne Will, dem Platz im deutschen Fernsehen, an dem führende Politiker stets auftauchen, wenn sie in einer krisenhaften Umfragesituation Erklärungsbedarf wittern, erläuterte der Bundeswirtschaftsminister jetzt erstmals umfassend, was alles wer da draußen an den Empfängern falsch verstanden hatte. 

Bei der Wärmewende etwa ging es nie ums Klima oder auch nur die Pariser Klimaziele, so der Grüne, denn die werde Deutschland sowieso nicht schaffen, weil die FDP die - kürzlich suspendierten - Sektorziele im Verkehr nicht erreiche. Vielmehr sei das Gesetz als Beitrag zur Krisenbewältigung gedacht gewesen, nur eben nicht so angekommen, trotz der Zusicherung, niemandem werde es schlechter, vielen aber besser gehen, wenn erst überall Wärmepumpen stehen. 

Der eilige Zeitplan

Dass der Zeitplan erst eilig war, um das Klima zu retten, nun aber nach ausgiebigem Streit in der Koalition doch genug Zeit bleibt, ein paar Jahre auf den Abschluss der bundesweit notwendigen kommunalen Wärmeplanung zu warten, ist aus Habecks Sicht kein Widerspruch, sondern eine Chance. Die gespannte Lage könne sich nun beruhigen. Wird das Fass wieder aufgemacht, in zwei, drei vier oder fünf Jahren, hilft vielleicht schon der dann durch die CO2-Abgabe kräftig gestiegene Gaspreis dabei, die Menschen draußen im Land zum freiwilligen Umsteuern zu bewegen.

Robert Habeck zeigte sich einmal mehr eher als Philosoph denn als einfacher Politiker. Der 53-Jährige, in den wenigen Monaten im Amt zusehends grau geworden, versucht immer noch, die Dinge von allen Seiten zu betrachten, ehe er sie aus seiner Sicht schildert. Ja, dass die Bundesregierung Zustimmungswerte erreiche, die unter denen des früheren US-Präsidenten Donald Trump liegen, stimmt ihn nachdenklich. Aber im Grunde sei auch er ja "nicht zufrieden mit der Bundesregierung". Deren Leistungen in allen Ehren, mehr hat wohl kaum jemals ein Kabinett geleistet: Die Winterhilfe, die Gasumlage, die Gaspreisbremse, die erfolgreichen Sparaufrufe. Und doch wirken sie wie Verzweifelte, denen das Steuer immer wieder aus der Hand rutscht, nicht wie Männer und Frauen an der Macht, die zumindest in Ansätzen wissen was die tun, weil sie einen Plan haben.

Ein wunder Held

Habeck hätte schon, hat aber in den dunklen Stunden und Tagen nach dem Desaster bei der Bremenwahl, wundgeschossen durch die Graichenaffäre, erkennen müssen, dass sich Mehrheiten in der Demokratie nicht anordnen lassen. Und zuweilen auch der Versuch scheitert, Weichen in aller Stille zu stellen. Viel war ja erreicht worden, mehr sogar, als die meisten mitbekommen hatten. Aber das Heizungsgesetz, wie gesagt gedacht als Beitrag zur Krisenbewältigung, hätte es doch vielen erlaubt, sich für viel Geld neue Heizungen anzuschaffen, sei womöglich "der Tropfen zu viel an Gesetzgebung" gewesen. 

Konnte niemand wissen. Auch Habeck, der in kritischen Porträts immer als eine Art Menschenflüsterer beschrieben wird, ahnte ohne Kontakt zu den 99 Prozent außerhalb der Parteibasis nicht, dass sich angesichts der Geschwindigkeit, mit der seine Partei nach dem Sprung an die Macht begann, Land, Gesellschaft und Wirtschaft nach ihrem Bilde umzubauen, ein gewisser Unmut bei denen aufstaute, die es bisher gar nicht so schlecht fanden. Deshalb nun die Zerknirschung vor laufender Kamera, das Wirhabenverstanden und die selbstbewusst ausgestellt Einsicht, man habe sich ja schon "aus dem Loch herausgebuddelt". 

Gelöst werden alle Fragen am Ende wie immer, am liebsten gleich noch im Sommer, wenn alle unterwegs sind. Es gibt aber auch keinen Grund, nun noch zuzuschauen. Die noch bestehenden Fragen zum Heizungsgesetz seien beantwortbar, sagt Robert Habeck. Und es werde überdies für alle gesorgt und allenthalben "üppig ausfinanziert". Ricarda Lang, Habecks Parteichefin, hat die Strategie schon genauer umrissen. Nicht mehr spitz und schnell geht es voran. Sondern "jetzt in die Breite".


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