Fünf Jahre sind eigentlich nur die gesetzliche Mindeststrafe, drei Monate gab es obendrauf. Übereinstimmend wird das "mehr als" betont. |
Hundert Tage Prozess und dann das. Ein Urteil, mit dem niemand leben kann und alle doch irgendwie. Die "Studentin" Lina E. ist auf freiem Fuß. Die Linke sieht sich bestätigt in ihrer Überzeugung, dass die neoliberal verfasste Demokratie Linke hasst wie Hitler. Die Rechte empört sich über die Freilassung der Angeklagten, die eigentlich selbst bis zur Freilassung nach Verbüßung von zwei Dritteln der Strafe noch ein Jahr abzureißen hätte. Und die Medien? Es herrscht kritisch konstruktive Einigkeit bei der Bewertung eines Urteils, das auf fünf Jahre und drei Monate Haft lautet.
Recht hart das alles
Der Richterspruch gegen die "mutmaßliche Linksextremistin" (Tagesschau) gilt nach Maßgabe der Schlagzeilen in deutschen Leitmedien als recht hart. Keine Überschrift, die ohne ein "mehr" vor den "fünf Jahren Haft" auskommt. Ja,
recht hart das alles. Mehr als fünf Jahre! Dabei ist sie doch eine Frau, jung, links, engagiert. Auch das Wort "über" wird bemüht, um die Einordnung zu erleichtern. Mehr als fünf Jahre. Wenn sie erst am Ende der regulären Haftzeit herauskäme, hätte Lina E. eine ganze Kanzlerschaft verpasst.
Aus den Redaktionsstuben heraus betrachtet wiegen die "achtenswerten Motive" der Lina E., die auch das Gericht quasi staatsamtlich bescheinigte, schwerer als die paar gebrochenen braunen Knochen, die zertrümmerten Gelenke, die Hammerschläge ins Gesicht. All das traf Nazis oder doch wenigstens Menschen, die mit einem gewissen Verfolgungseifer gut und gern auch für Nazis gehalten werden wollten konnten. Falsche Mütze. Falsche Fresse. Der Staat selber, ein Schoß, der fruchtbar ist und immer bleiben wird, tut ja nichts gegen rechtsextreme Modemarken, rechtsextremes Gedankengut, gegen AfD-Wählende und Sachsen. Die ungeachtet der Kosten für das Gesundheitssystem, die für das Anfallen des Zusammenflickens der Faschistenreste anfielen, immer noch "die größere Gefahr" (Taz) darstellen.
An Staates Stelle
Lina E., die aus dem Westen kam und mit dem Osten niemals klar, nahm sich im Grunde genommen stellvertretend selbst in die Pflicht. Sie plante, die Gewalttaten, sie klaute die Hämmer, die als Tatwerkzeuge dienten, sie organisierte die Gruppe, sie baldowerte die Opfer aus und leitete die Prügeleinsätze, bei denen sie auch selbst zuschlug, mit dem Hammer immer mitten in die Nazischnauze rein, um Vorbild zu sein. Eine blutige, grausame Aufgabe, gerade für eine junge Frau, die am liebsten Kinder zu friedensliebenden und faschohassenden kleinen Persönlichkeiten erziehen würde. Aber einer muss es ja machen.
Das Engagement summierte sich in der Anklage dann auf mitgliedschaftliche Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung, mehrfache gefährliche Körperverletzung, Sachbeschädigung, Urkundenfälschung, Diebstahl und Nötigung - eine Latte, die nach vernehmlich mehr gerufen hat, weil Lina E. in keinem Augenblick Mitleid mit ihren Opfern, Einsicht oder gar Reue zeigte. Aber die edlen Motive. Der tadellose Leumund. Die Mittäterschaft der Verprügelten. Und der gesellschaftliche Friede verlangten Augenmaß, das ein deutliches Zeichen der Versöhnung setzt.
Die ganze Härte des Gesetzes, sie wird ersetzt durch die "mehr" und "über" der ganzen Berichterstattung. Wer das Richtige will, und dafür das Falsche tut, der soll sich wertgeschätzt fühlen, nicht kalt abgeurteilt nach Gesetzen, die für ganz andere Problemlagen geschrieben worden sind.
6 Kommentare:
Ich habe hier ein gewisses Grundvertrauen in die Justiz und der vorsitzende Richter wird wohl bemerkt haben, dass Lina E. nicht unbedingt die intellektuell Hellste gewesen ist, um die Taten, die man ihr zur Last legt, tatsächlich selbst geplant und begangen zu haben. Wie man so liest, hat Lina E. aber einen gemeingefährlichen und ehrlosen Freund, der vor einiger Zeit in den Untergrund abgetaucht ist. Statt sich selbst dem Verfahren zu stellen, lässt dieser jetzt seine Freundin für sich einsitzen.
Danke! Der Staat selber, ein Schoß, der fruchtbar ist und immer blieben wird, Der Satz ist so gut, lohnt sich, den kleinen Tipper zu korrigieren.
>> der vorsitzende Richter wird wohl bemerkt haben, dass Lina E. nicht unbedingt die intellektuell Hellste gewesen ist
Die hat sich im gesamten Prozeß gar nicht geäußert. Daraus kann man dann eben alles ableiten, auch, daß sie strohdoof ist.
Der Richter hat das gemacht, was man ihm gesagt hat, aber m.E. nicht über den Grad an Intelligenz der Angeklagten nachgedacht.
Suchen Sie mal nach http://arbeitskreis-n.su/nsu/Blog-Sicherungen/EinstiegNSU.pdf
Da werden Sie geholfen.
War es nicht so, das Beate Zschäpe nachweislich an keinem Tatort gewesen ist? Das sie eigentlich nur Einkaufen war, den haushalt gemacht hat u.s.w. ? Dafür hat sie ...
Ist Ihre Muttersprache Deutsch?
Wer Rechte mit den Mitteln des Faschismus bekämpft, ist selbstverständlich ein Antifaschist.
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