Alle Register gezogen, um sich bei allen anzubiedern. Aber dann hat es doch wieder nur zum letzten Platz gereicht. |
Es ist zu einer wunderschönen Tradition geworden, dass Kulturdeutschland sich einmal im Jahr dem Urteil der befreundeten Völker stellt: Der "Eurovision Song Contest", eine Klangkatastrophe, die sich selbst als "größter Musikwettbewerb der Welt" bezeichnet, ist eine prallbunte Hinrichtung von Stil, Geschmack und aller rebellischen Reste, die noch irgendwo in der Popkultur schlummern könnten. Wer hier teilnimmt, gibt sein künstlerisches Gewissen bei den Blockwarten einer Stimmungsmusik ab, die allein aus Oberfläche und Inszenierung besteht. Während es bis heute als undurchführbar gilt, Architektur zu tanzen, tritt der ESC Jahr für Jahr den Beweis an, dass Musik auf Musik verzichten kann.
Unübertroffene Erfolgsbilanz
Unübertroffen ist Deutschlands Erfolgsbilanz in dieser Disziplin. Die Marschmusiknation wurde in den zurückliegenden sieben Jahren dreimal Vorletzter und viermal Letzter, der letzte Achtungserfolg gelang vor fünf Jahren. Eingedenk der gewienerten Operettenrocker, die in den Vorjahren gesiegt hatten, schickte Deutschland diesmal selbst auch eine Art Rammstein-Nachbau für Bettelarme ins Rennen. Der Tradition folgend aber nützte auch dieser Flirt mit der kulturellen Aneignung nichts. Die aus der früheren Beat-Metropole Hamburg stammende Kapelle "Lord Of The Lost"landete abgeschlagen ganz hinten, dort, wo Deutschlands Künstlernde Heim- und Hausrecht genießen.
So wenig das polierte Pop-Spektakel ESC mit Musik zu tun hat, so wenig hängt das Abschneiden der emsig um Diversität, richtige Botschaften und anerkannte "Zeichen" bemühten Formation mit deren "Blood & Glitter" genanntem Wettbewerbsbeitrag zusammen. Es geht hier immer um mehr, um eine Gelegenheit für kleine Nationen, Abscheu zu zeigen, aber auch um die nur einmal im Jahr auftauchende Chance, der als Kapo der EU, moralischer Dauerprediger und nie gewählter Erzieher auftretenden selbsternannten Führungsnation ungestraft den Mittelfinger zu zeigen.
Getarnt als Geschmacksabstimmung
Getarnt als Geschmacksabstimmung wird nur vermeintlich über traurige Lieder, dem Klimaschutz hohnsprechende Kostüme und eifrige junge Leute geurteilt, die bereit sind, alles für ihre 15 Minuten Ruhm zu tun. In Wirklichkeit aber geht es gegen einen Staat, ein Gemeinwesen, ein Gesellschaftsmodell, dessen Anmaßung im Inneren achselzuckend akzeptiert wird. Von außerhalb betrachtet aber nur obszön erscheint wie die Liedzeile von Lord of the Lost, in der es heißt, man sei so "happy we could die" im besten Deutschland aller Zeiten, dem geraten wird, sein Blut fließen zu lassen, um anschließend "with broken wings" fliegen zu lernen.
Gott, müssen die uns hassen", seufzte der nun auch hier noch als Experte eingesetzte Fernsehpreisträger Jan Böhmermann in einem hellsichtigen Moment, als sich das erneute Debakel der deutschen Sangeskunst abzuzeichnen begann. Ist die Erkenntnis auch nicht neu, so findet sich doch immer wieder ein Mutiger, der sie ausspricht: Ja, die deutsche Methode, sich selbst nicht zu mögen, sie entfaltet weder weltweit noch in der direkten Nachbarschaft den erhofften magischen Magnetismus. Der deutsche Drang, sich immer wieder zu entschuldigen, sich notorisch zerknirscht zu geben und damit alle anderen Staaten und deren Taten zu bagatellisieren, inspiriert nicht zur Nachahmung, sondern zur Ablehnung.
Im Schlechtsein besser als der Rest der Welt
Keiner will ewig erinnert werden, niemand mag jemanden, der sich selbst nicht mag. Alle Versuche, nun auch noch im Schlechtsein besser sein wollen als der Rest der Welt, um sich dafür als leuchtendes Vorbild feiern lassen, führen zum Gegenteil, alles gesetzten Zeichen, ausgesendeten Signalen und geschwenkten Regenbogen-Fahnen zum Trotz. Es ist jedes Mal, als komme ein Nazi-Onkel zu Besuch, der stolz seine Piercings präsentiert, darauf verweist, dass er vorhabe, sich nach und nach am ganzen Körper schwarz tätowieren zu lassen und Bilder von der OP herumzeigt, bei der er sich seinen Penis hat abnehmen lassen, um nicht mehr nur als Onkel gelesen zu werden. Die Familie hält ihn natürlich für verrückt. Aber das sagt sie ihm eben allenfalls durch die Blume.
Oder eben beim "Song Contest" durch die Punkte. Gehörte zum Jammern über das Versagen beim einst zumindest quotenträchtigen Wettbewerb früher die Klage, dass die Vorauswahl der deutschen Mannschaft nicht gelungen gewesen sei, gewürzt mit der Verschwörungstheorie, dass undankbare Balkanstaaten und südeuropäische Demokratien den Erben von Bach, Wagner und Beethoven den Erfolg eben einfach nicht gönnten, ist die Duldungsstarre heute neue Normalität. Wenn ein ganzes Land alles gegeben hat, seinen Stolz, seine Würde, seine Fahne, und es reicht trotzdem nicht, dann ist es eben so.
4 Kommentare:
Man müsste Bonuspunkte für das Klima-Engagement der Regierungen der Teilnehmerstaaten vergeben, mit Festkleben auf der Bühne.
nicht ganz OT https://www.achgut.com/artikel/esc_pleite_bitte_nie_wieder_ndr
Der Buurmann sollte endlich mal loslassen, es gibt ein ganzes Internet voll mit Musik, teils schockierend gute Musik, man muss keine Sekunde mit diesem gehypten Musikmultimüll verschwenden.
Keiner will ewig erinnert werden, niemand mag jemanden, der sich selbst nicht mag.
Einige umgehen das mit gelegentlichen wohlfeilen Eselstritten gegen längst verblichene Angehörige der NS-Führung, nicht in Unkenntnis, sondern Verdrängung der Tatsache, dass der Krieg gegen UNS und nicht gegen IHN und seine Mannen geführt wurde. Andere wollen es halt genauer wissen.
Diese schrägen Vögel wären vielleicht etwas für Pater Lingen: Exorzieren - und zwar auf Teufel komm raus.
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