Donnerstag, 4. Mai 2023

Moderne Krisenkommunikation: Habeck vom Haken

Ebnete anderen den Weg, ist selbst aber nur noch Vorsitzender des Ausschusses für die Angelegenheiten der Europäischen Union: Anton "Toni" Hofreiter.

U
nd  wenn es nur das gewesen wäre, was Patrick Graichen am Ende erreicht hat, es wäre genug gewesen. Vor einer Woche noch litt der grüne Bundesklimawirtschaftsminister Robert Habeck unter Nachstellungen selbst von solidarischen Medien. "Habecks Klüngelwirtschaft" wurde im "Spiegel" beklagt, "grüner Sumpf" voller "Vetternwirtschaft" und "Filz" (Spiegel) dominierte die Schlagzeilen. Der beste Minister für Klima und Wirtschaft, den Deutschland jemals hatte, sah aus wie der Pate eine Clans, kaum mehr zu halten, obwohl sich seriöse Medien wie die "Tagesschau" oder "Heute" bis zu den ersten Dementis und Entschuldigungen mit der Berichterstattung zurückhielten.  
 

Ohne bundesweite Relevanz

Eine regionale Berliner Geschichte ohne bundesweite Relevanz, die aber auch über das lange erste Maiwochenende nicht enden zu wollen schien. Ein Fall für modernes Kommunikationsmanagement: Steht der Chef im Feuer, muss sich ein Vertrauter und Verschworener für ihn in die Flammen werfen. Habeck, nach dem Scheitern seiner Gasabgaben- und Heizungspläne ohnehin schon lange nicht mehr der starke Mann im Kabinett, konnte sich in diesem Fall nicht mehr selbst freisprechen, selbst nicht mit Hinweis, dass er angesichts all der offensichtlichen Interessenkonflikte "selbstverständlich sichergestellt" habe, dass "keine Interessenkonflikte" gebe.

Er hatte sie alle an Bord geholt: Patrick Graichen als Staatssekretär, seinen früheren Bundesgeschäftsführer Michael Kellner ebenso, den ehemaligen Büroleiter von Claudia Roth. Dazu Jakob Graichen, Bruder von Patrick und Verena und Schwager von Michael. Dahinter Felix Matthes, mit der früheren grünen Berliner Umweltsenatorin Regine Günther verheiratet, die zusammen mit Patrick Graichens früherem Chef Rainer Baake die "Stiftung Klimaneutralität" leitet, der nebenher von Habeck auch "zum Sonderbeauftragten für die deutsch-namibische Klima- und Energiekooperation ernannt wurde" (Spiegel). 

Eine neue Leiche

Eine schwer beherrschbare Situation. In der es galt, nun schnell in Patrick Graichens Keller eine Leiche zu finden. Nicht zu tot, nicht zu lebendig, gerade ausreichend müffelnd, um die "Habeck-Affäre" unter einer "Graichen-Affäre" beerdigen zu können. Dabei handelt es sich zum Glück für alle Beteiligten um eines der kleinsten Probleme im politischen Berlin: Patrick Graichen hatte versucht, seinem Trauzeugen Michael Schäfer den Chefposten der Deutsche Energieagentur (dena) zuzuschustern, einer im Rahmen der Bundesbehördengründungsinitiative neugeschaffenen nachgelagerten Institution, die "gemeinsam  mit zahlreichen Projekten und Dienstleistungen die Energiewende und den Klimaschutz vorantreibt" und "im Dialog Antworten auf die offenen Fragen der Energiewende findet" (dena).

Das geht ja nun gar nicht. Wie geplant schlugen neue Wogen der Empörung hoch, ganz vorn dabei die Adressen, für die alle Vorwürfe eigentlich Anlass wären, per Faktencheck zu beweisen, dass  weder Patrick Graichen existiert noch eine Deutsche Energieagentur. So dass niemand gar keinen Fehler gemacht haben könne. Und wenn doch, habe der Minister dazu alles Wichtige gesagt. Und Graichen habe sich auch noch entschuldigt.

Habeck war jedenfalls vom Haken. Auch dank der Hilfe von Jürgen Trittin, dem Erfinder der Eiskugel und gewieftem Pianisten auf der Empörungsklaviatur. Natürlich sei es "ein Fehler gewesen“, den Trauzeugen von Staatssekretär Graichen (Grüne) zum Chef der Energieagentur machen zu wollen", gab Trittin im "Deutschlandfunk" zu Protokoll. Aber diese lässliche Sünde zu nutzen, um nun eine "gezielte Kampagne aus der rechten Ecke" zu betreiben, sei wirklich zu viel. Das werde nun korrigiert, fertig. 

Kein Platz für Habecks Klüngel

Der Mann, der vom Habecks Vorgänger Jürgen Möllemann mal als "Reha-Lenin auf Staatskosten" veräppelt worden war, weiß genau, was er tut. Je mehr über Graichens Leichen gesprochen wird, desto weniger bleibt Platz um Habeck Klüngel zu betrachten. Möllemann musste seinerzeit zurücktreten, nachdem er in einem Schreiben auf Ministeriumspapier um Aufmerksamkeit für einen Einkaufswagenchip geworben hatte, den ein Verwandter erfunden hatte. Damals aber fand sich niemand, der für ein Ablenkungsmanöver den eigenen Kopf riskieren wollte. Die Medien witterten Ministerblut, das Jagdgeschrei wurde von Tag zu Tag lauter - bis die Position des Liberalen unhaltbar geworden war.



4 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Die pariser U-Bahnstation "Stalingrad" soll heute in "Natograd" umbenannt werden .

( Generell Na-To , eigentlich General Na-To Vin Minn Zett ( oder Zipp ) Schreibweise unklar ; langjähriger Berater von Onkel HO , Erfinder der Spurweite HO ( "HA -OH" ("Hamburg - Oldenburger-Hbf" )) .

Band 4 , "militärtechnisches Lexikon des 20. Jahrhunderts , Teil 9b , die 12 wichtigsten Taktiker " , siehe auch : Band 11 , Abschnitt 5c : " Asien, die unterschätzte Mittelmacht " , insgesamt 42 Bände, 29887 Seiten , 5593 Bilder und 440 Tabellen ; mittlerweile kostenfrei im Netz erhältlich , sonst direkt beim Zipp-Verlag zu beziehen ( nur noch Restposten ) , Preis auf Anfrage .

Anonym hat gesagt…

Reha-Lenin auf Staatskosten ist recht akkurat. Den Möllemann wünscht man sich freilich nicht zurück, aber den Unterhaltungswert.

OT Fefe in einer fernen Galaxie

Je nach Erzähler gibt es auch noch einen Identity Politics-Winkel, weil die meisten geschnappten Ladendiebe Schwarze oder Latinos waren,...
...
Aber das Narrativ mit den Schwarzen passt geradezu optimal in Wahlkampflügen der Republikaner.


Heilige Einfalt.

Spaziergänger hat gesagt…

Bei Michael Schäfer lese ich immer Michaela Schäfers. Keine Ahnung, warum ...

Anonym hat gesagt…

Wobei Väterchen Sepp Wissarionowitsch durchaus zu danken ist erstens, dass uns die Große Sozialistische Oktoberrevolution in den Zwanzigern erspart blieb, zweitens, der Morgenthau-Plan oder gar der Kaufman-Plan nach fünfundvierzig. Allah ist groß, und alles steht im Buch des Lebens seit ewig verzeichnet, na, a Gaudi muass san.