So reich ist Euro-Europa heute, dank der EZB: |
Im Grunde genommen war es schon ein richtig rauschendes Fest, die Party zum 25. Geburtstag der Europäischen Zentralbank. Alles waren sie noch einmal gekommen, jedenfalls die, die gekommen waren: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, die Präsidentin des EU-Parlaments Roberta Metsola und EU-Ratspräsident Charles Michel. FDie amtierende EZB-Chefin Christine Lagarde ahtte auch die früheren EZB-Präsidenten Jean-Claude Trichet und Mario Draghi eingeladen, Wim Duisenberg, dem Kompromisskandiaten, mit dem alles begonnen hatte, ist leider bereits verstorben. Emmanuel Macron fehlte entschuldigt, ebenso die meisten anderen prominenten Gäste.
Von Krise zu Krise
Doch die EZB hatte es noch nie auf öffentlichen Applaus abgesehen. Seit einem Vierteljahrhundert eilt sie schon "von Krise zu Krise", wie die deutsche Nachrichtenagentur DPA auf die Geburtstagstorte cremte. Einst als "Hüterin des Euro" gegründet und beauftragt, die Gemeinschaftswährung so hart zu halten wie es die D-Mark war, gelang es ihr, die Kaufkraft des Euro bislang bereits um fast 40 Prozent zu senken. Dafür gibt es allerdings heute achtmal mehr Euros als zu Beginn - ein schöner Beleg für den Erfolg der "Helden der Krise", wie Christine Lagarde die Banker einst selbst nannte, als sie noch nicht wegen des fahrlässigen Umgangs mit öffentlichen Geldern schuldig gesprochen war.
Heute steht die damalige IWF-Chefin als Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB) selbst am Ruder eines Schiffes, das immer in Schieflage segelt. In keinem einzigen Jahr seit ihrer Gründung hat es die EZB vermocht, ihre selbstausgerufenen Inflationsziele zu erreichen: Erst war immer zu viel Inflation, dann viel zu wenig, dann wieder viel zu viel. Für die einen Euro-Länder war der Zins immer zu hoch, für die andren zu niedrig, der stabile Euro flackerte hoch und runter und für die Menschen in den 20 angeschlossenen Staaten war schon nach wenigen Jahren klar, dass die gemeinsame Zentralbank allenfalls so unabhängig war der Euro hart.
Es ist immer richtig
Jahr für Jahr musste die Bundesbank in Deutschland den Silbergehalt ihrer Euro-Gedenkmünzen senken, damit deren Materialwert nicht höher war als der aufgeprägte Geldwert. Immerhin verbal steuerte die EZB einen geraden Kurs: Was auch immer sie tat, es war richtig. Wie auch immer ihr Vorsteher hieß, gerade aus dem Hinterzimmer gekommen, wo ihn Deutschland und Frankreich im Tausch gegen diesen oder jenen anderen Posten ausgewürfelt hatten, er ließ keinen Zweifel, worum es der Behörde vor allem gehen würde: um das Vertrauen der Bürger. "Der Euro ist ihre Währung, und sie sollten sich darauf verlassen können, dass er seinen Wert behält", schrieb schon Wim Duisenberg, der womöglich selbst noch an seine Mission glaubte.
Seinen Nachfolgern ist das nicht zu unterstellen. Sie hielten immer zugleich am mittelfristigen Zwei-Prozent-Ziel fest, weigerten sich aber stur, den Begriff "mittelfristig" zu definieren. Sie waren knallhart beim Entschluss, Staaten niemals direkt mit der Druckerpresse zu finanzieren. Und fanden doch einen Weg, es zu tun. Mit Zinserhöhungen wartete die EZB, bis es zu spät war, doch sicher ist: Sie wird auch mit Zinssenkungen erst beginnen, wenn es zu spät ist. Aus Frankfurter Sicht sind es äußerst glückliche Umstände, die helfen, mit dem bisschen Erklärungsvorrat zu wirtschaften, das nach 25 Jahren noch übrig ist: Der Ukraine-Krieg hat die Teuerung angeheizt, nicht die billionenschweren Geldspritzen für die immerklammen Staatshaushalte.
Die Bad Bank der Staaten
Heute ist die EZB die bad bank von Staaten, deren Eigenkapitalquote so tief im Dispo liegt, dass ihnen keine Sparkasse auch nur einen Kredit für den Kauf eines Fußabtreters geben würde. Schuld sei ein bedauerlicher "Konstruktionsfehler der Währungsunion", heißt es offiziell: Die Europäer hätten "eine gemeinsame Währung eingeführt, ohne eine gemeinsame Wirtschafts- und Finanzpolitik zu haben". Überraschung! Wer hätte ahnen können, dass das schiefgeht?
Ein Grund zum Feiern also allemal, schließlich gibt es sie trotzdem noch. Whatever it takes oder koste es, was es wolle. Der FDP-Finanzpolitiker Frank Schäffler ätzte knapp unter dem halben Schrottgeldstand, den die Bank heute in den Büchern hat, dass die wohl eines Tages auch alte Fahrräder aufkaufen und mit neugedrucktem Papiergeld bezahlen werde. Mittlerweile aber verzichtet sie auch darauf. Als "Krisenfeuerwehr" spritzt Buchstabengruppen wie OMT, APP, PEPP und TLTRO quer über Europa und verziert das Ganze mit blumigen Versprechen: "Die Menschen können sich auf die EZB verlassen, die Inflation wird wieder sinken", versicherte EZB-Direktoriumsmitglied Isabel Schnabel im letzten Herbst, als die Preise außer Kontrolle gerieten und die Zentralbanker nicht mehr ein und aus wussten. Man werde natürlich seine "erfüllen und für stabile Preise sorgen."
Mittelfristig.
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