Bald wird es billig, dennoch plädiert Robert Habeck für einen subventionierten Industriestrompreis, den die Haushaltskunden schultern sollen. Verliert der Grüne den Glauben an den Energieausstieg? |
Wer hat noch nicht, wer braucht noch mal? Jemand ohne Rettungspaket an Bord? Sind noch Milliarden übrig oder braucht es das nächste Sondervermögen? Noch ist nicht ganz klar, wie tief die deutschen Strompreise nach der Abschaltung der teuren Kernkraftwerke ins Bodenlose fallen werden, schon aber zeigen sich neue Risse in der Ampelkoalition. Ausgerechnet dort, wo der Glaube an Wind und Solar, die keine Rechnung schreiben, zur mentalen Grundausstattung gehört, fehlt es offenbar an Überzeugung, dass Deutschland weltrekordhohe Energiepreise in Bälde wirklich so enorm purzeln werden wie es führende Expert*innen vorhergesagt haben. Was, wenn es nichts wird mit dem "Nulltarif", den die grüne Spitzenpolitikerin Katrin Göring-Eckhardt in Aussicht gestellt hatte?
Furcht vor der De-Industrialisierung
Aus Furcht vor einer massenhaften Abwanderung deutscher Industrieunternehmen ins befreundete Ausland wollen Wirtschaftsminister Robert Habeck und SPD-Chef Lars Klingbeil Wirtschaftsunternehmen künftig mit billiger Energie versorgen. Dazu soll der Staat einen namhaften Zuschuss zu jeder Kilowattstunde leisten, deutlich mehr, als bei den Privathaushalten möglich war: Denen spendierte die Bundesregierung einen Deckel bei 40 Cent pro Kilowattstunde, ein steuerfinanzierter Nachlass von durchschnittlich zehn bis 20 Prozent auf den höchsten Strompreis der Welt. Für die Wirtschaft sind Grün und Rot bereit, tiefer in die Taschen zu greifen und die Rechnung bis zu einem Sockel von "5 oder 7 Cent pro Kilowattstunde" (Klingbeil) zu übernehmen.
Eine titanisch große Aufgabe, denn die Industrie verbraucht hierzulande mehr als 50 Prozent des Stroms. Finanzminister Christian Lindner weigert sich denn auch, diese nächste Runde auf dem Subventionskarussell mitzufahren: Nur weil es Unternehmen mit besonders hohem Stromverbrauch wie Bäcker, Eisdielen, Fleischereien und die metallverarbeitende Industrie schwer haben, international wettbewerbsfähig zu bleiben, könne der Steuerzahler als Gesamtschuldner aller Staatsausgaben angesichts knapper Kassen der Industrie nicht mit billigerem Strom unter die Arme greifen. Lindner vertraut auf die Versprechen der grünen Experten, die den Abschied von der Atomkraft als Beginn einer Ära fortwährend sinkender Energiepreise bezeichnet hatten.
Platz für Billigstrom
Ein wenig Geduld noch, dann greift die "marktwirtschaftliche Lösung", die der Liberale favorisiert. Weil kein Atomstrom mehr die Netze verstopft und dank festgezurrter Zeitpläne zum Kohleausstieg bald noch mehr Platz für Billigstrom auf den neuen Stromautobahnen wird, sind die vergleichsweise hohen Strompreise hierzulande nur vorübergehend ein Standortnachteil, der sich mit schnell sinkenden Tarifen rasch in einen Vorteil verwandeln wird. Die Unternehmen sind resilienter als ihre Konkurrenten in Billigstromnationen, ihre Profite steigen unmittelbar, sobald die kostenlosen Terawatt aus den Offshore-Windfarmen und den neuen Solarlandschaften im brachliegenden Ostteil der Republik hochfahren.
Robert Habeck wird in diesen Tagen vor dem Beginn der neuen Zeit dennoch unerklärlich nervös. Natürlich, die Clan-Affäre rund um die Verschwippschwägerung seines Ministeriums ist nicht spurlos am Mr. Energieausstieg vorübergegangen, auch der ständige Kleinkrieg mit Lindner um beinahe jede einzelne Subventionsmilliarde geht an die Substanz. Die "ganze Wirtschaft" aber steht diesmal nicht hinter dem FDP-Mann, sondern hinter dem früher so gefürchteten Grünen: Überall, so hat der jetzt selbst geschildert, rede man "derzeit intensiv über einen Industriestrompreis". So dass er denke, "dass wir das machen müssen."
Alternativlose Entscheidung
Eine Entscheidung, die alternativlos ist schon aus Tradition. "Wenn wir die Preise deckeln, verlieren wir Geld. Wenn wir sie nicht deckeln, verlieren wir womöglich die Industrien der Zukunft", hat Habeck seine Ängste geschildert, sich vielleicht schon als letzter Bundeswirtschaftsminister zurecht mit diesem Titel schmücken zu dürfen. Wenn nach der Elektronikindustrie, der Atomindustrie und der Bäckerei auch noch die Chemie, die Autobauer, die letzten Hütten und der Bergbau Deutschland verlassen und den bereits verlorenen Schlüsseltechnologien hinterher nach China und in die USA abwandern, so fürchtet der erste Deutsche, der auch Klima-Minister ist, hätten künftige Generationen keine Grundlage mehr, um auch nur die exorbitant steigenden Zinsen auf die überbordenden Schulden des Gemeinwesens zu bedienen.
Für vier bis fünf Jahre müsse der Industriestrompreis deshalb von derzeit durchschnittlich 20 Cent je Kilowattstunde auf Klingbeils "6 bis 7" oder sogar auf die von Habecks Staatssekretär Patrick Graichen angekündigten "5 bis 6" Cent gesenkt werden. Wie beim neuen Strompreis für wohlsituierte Wärmepumpenbesitzer steht die Gemeinschaft der privaten Energieverbraucher bereit, die zum Marktpreis fehlenden zwei Drittel bis drei Viertel an Restkosten zu schultern, bis durch die klugen politischen Weichenstellungen der Fortschrittskoalition in Berlin dauerhaft kostenloser erneuerbarer Strom verfügbar ist.
2 Kommentare:
Der Preiß ist heiß. Danisch hätte ihn fast gewonnen, hätte er weitergelesen.
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https://www.danisch.de/blog/2023/05/08/die-gruene-klimamafia/
Klima und Umweltschutz sind nicht das Ziel, sondern nur die Masche der Grünen.
Tatsächlich sind die ein hochkrimineller und hochaggressiver Verein, der mit allen Mittel und an allen Stellen versucht, die Demokratie auszuhebeln und den Staat zu übernehmen.
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Der zitierte RealTom
https://twitter.com/tomdabassman/status/1655544333670465537
... beste Recherche zum Themenkomplex Mercator, Agora und #Graichen, und beantwortet präzise die Frage, wer in Deutschland die Klima-Strippen zieht. (Spoiler: Die Grünen sind es nicht).
Kohle gibt es auch zum Nulltarif. Die liegt einfach so in der Erde rum und schickt keine Rechnung. Man muss sie bloß rausholen, so wie man bloß Windräder und Solarzellen hinstellen muss.
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