Samstag, 25. Februar 2023

Der Fall Guérot: Sturz aus Gottes Gnade

Ulrike Guérot war eine "revolutionäre Vordenkerin einer Europäischen Republik". Abb: Kümram, Rügener Kreide auf Whiteboard

Ihre Idee war die eines radikalen Aufbruchs in den Absolutismus. Eine "Republik" sollte Europa werden, in der Volk nicht bestimmt, sondern nur noch mitreden darf. Die führende Rolle der Elite bei der Verschweißung Europas zu einem gesamtdemokratischen Gebilde ohne Nationalstaaten,  sie war für Ulrike Guérot das konstituierende Moment eines Ausbruchs aus der lähmenden Langeweile einer EU, die sich nie einigen kann, ehe nicht Äonen vorübergezogen sind. 

Guérot, damals, vor sieben Jahren noch als eine "revolutionäre Vordenkerin einer Europäischen Republik" (SZ) gerühmt, war bereit, das Schwert zu erheben, um die gordischen Koten zu zerschlage, die die Wertegemeinschaft daran hinderten, endlich eine "nachnationale Demokratie" zu werden, wie sie es nannte. "Bürger, die sich entschließen, in ein gemeinsames politisches Abenteuer zu gehen, gründen eine Republik", verkündete Ulrike Guérot.

Hinweg mit der Ewigkeitsgarantie

Hinweg mit dem Grundgesetz, hinweg mit der Ewigkeitsgarantie, die die deutsche Verfassung dem föderalen Bundesstaat Bundesrepublik gibt. Die Grevenbroicher Philosophin und ihre Verbündeten traten nicht nur gegen die Verfassungsordnung und die Mehrheit der Bürger an, sondern auch gegen die "rückwärtsgewandte Sehnsucht, die im Nationalstaat das einzige Gefäß einer Demokratie" (Guérot) sieht. Ein Angriff auf die Verfassungsordnung und damit auch auf das bisschen europäischer Demokratie, das der Europäische Rat der Regierungschefs als Ausgleichsmasse für ein nur halbdemokratisch gewähltes Parlament und eine in Hinterzimmern zusammengekaufte EU-Kommission derzeit noch garantiert. 

Ein Angriff, für den die selbsternannte Vordenkerin allerdings nicht etwa abgestraft und ausgegrenzt wurde. Sondern für den sie Lob erntete: Ihr Plädoyer für die Abschaffung der subsidiären Demokratie, zugleich ein Plädoyer für den Absolutismus einer EU, die alle Entscheidungen zentral und zentralistisch treffen sollte, kam an in den Elfenbeintürmen einer Elite, die im neuen Reich für sich die Rolle vorgesehen sah, allein noch beeinflussen zu können, was in Brüsseler Hinterzimmern ausbaldowert wird. 

Das strahlende Gesicht des Durchregierens

Ulrike Guérot war das strahlende Gesicht einer Sehnsucht nach Durchregieren und rabiater Machtpolitik. Ihre Vision einer EU, die nach dem Vorbild der Sowjetunion verfasst ist, galt nicht als bedrohlich, sondern als äußerst wünschenswert. Wie eine Prophetin wurde die Politikwissenschafterin durch die Gazetten gereicht und für ihre originellen Ideen gefeiert, sie saß in Talkshows und durfte ihre bedrohlichen Fantasien in langen Traktaten in den angesehensten Leitmedien verbreiten. Die Abschaffung der Nationalstaaten, sie schien den eingeschworenen Feinden von Individualismus, von checks und balances, von Rechtsstaatlichkeit und Subsidiarität als Ausweg aus der verfahrenen Gemeinschaft einer EU, in der jeder nur auf seinen Vorteil schielt, wie das Menschen seit Hundertausenden von Jahren stets getan haben.

Dass Ulrike Guérot eines Tages aus der Gnade dieser großen Meinungsbildner fallen würde, war nicht abzusehen. Dazu brauchte es eine Pandemie und einen Krieg, zwei Ereignisse, in denen die "Bestseller-Autorin" (NZZ) sich plötzlich als Querdenkerin und Russland-Apologetin erwies. Die Freundin der von Zwangsvereinigung, Kollektivismus und kontrollierter Demokratur vertrat nun Positionen, die ihr erstmals Kritik einbrachten. Guérotselbst bezeichnete sich nun als "radikalisiert", sie machte bei der regierungsfeindlichen Aktion #allesdichtmachen mit und driftete ab in Meinungsbereiche, die die staatliche Corona-Politik als "semi-autoritär" und die Kritik an den Kritikern als Stigmatisierung kritisierten.

Falsche Sichten, verkehrte Positionen

Ulrike Guérot war sich zweifellos durchaus treu geblieben, als sie forderte, Verfassungsrichter abzusetzen, die aus ihrer Sicht falsche oder oder gar keine Urteile fällen, und die "dunklen Gestalten von Pfizer und Co. nicht entkommen" zu lassen. Es brauchte aber auch noch ihr Abweichlertum beim russischen Angriff auf die Ukraine, um die "revolutionäre Vordenkerin einer Europäischen Republik" (SZ) endgültig aus dem Stand der Gnade stürzen zu lasse: Erst danach wurden nun öffentlich Vorwürfe erhoben, Guérot habe "sich während ihrer Dienstzeit an der Universität Bonn fremdes geistiges Eigentum angeeignet, ohne dies als solches kenntlich zu machen", wie es in der offiziellen Pressemitteilung der Universität zur Kündigung der Professorin heißt. 

Kein Beinbruch eigentlich in einem Land, in dem die Regierende Bürgermeisterin der größten Stadt als Betrügerin überführt wurde, und in dem eine Außenministerin amtiert, deren Buch wegen umfangreicher Abschreibübungen zurückgezogen werden musste. Wo EU-Kommissionschefinnen plagiieren, Minister sich Doktortitel hintenrum beschaffen und ehrbare Nachrichtenmagazine Enthüllungsstorys je nach Emotionsbedarf aus dem Ärmelschoner schütteln, wären ein paar ausgedachte oder unausgewiesene Zitate in populären Meinungsmeldungen wie Guérots Demokratiedemontage "Warum Europa eine Republik werden soll" normalerweise kein großes Problem.

Man dreht sich einfach um 360 Grad, lässt den Ombudsman für Verdachtsfälle wissenschaftlichen Fehlverhaltens der Universität wissen, dass populärpopulistisches Trommeln in Romanen und Zeitungsartikeln gar kein  Verdachtsfall wissenschaftlichen Fehlverhaltens begründen kann. Eine breite Medienöffentlichkeit könnte dann über die Mäkler, Kritikaster und Anschwärzer herfallen. Und gut. 

Glühende Liebe, eiskalt

Das wäre der normale Gang der Dinge gewesen, an dessen Ende die Tür zum Weitermachen weit offengestanden hätte. Irgendwas aber ist schiefgegangen, die einst so brennend heiß glühende Liebe zwischen den großen Blättern, den Talkshowmastern, den Kommentatoren und Europapolitikern und der "bekannten Politologin und Publizistin" (NZZ) ist nicht nur abgekühlt, sie hat sich in leidenschaftlichen Hass verwandelt. Als würde allein der Name Guérot die Verächter von Verfassungsstaat und Gewaltenteilung an die eigenen atavistischen Träume von "Mehropa" und neuem Sowjetreich erinnern, wird das bundesübliche "Plagiat in einem nicht-wissenschaftlichen Buch" (Guérot) zum Kündigungsgrund für die Wissenschafterin und Autorin, die seit 2021 die Professur für Europapolitik an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität innehatte.

Hinweg mit ihr, der "grossflächigen" Abschreiberin", die An- und Abführungszeichen reihenweise vergessen hatte, ihre Verstöße gegen das Urheberrecht dann aber lax als Flüchtigkeitsfehler wegerklären wollte. Das konsequente Vorgehen ihrer Universität, aber auch des ihr einst so gewogenen Medienbetriebes gegen sie jetzt als "Rufmordkampagne" zu bezichtigen und damit um Solidarität bei Friedensschwurblern, Querkriegern und "Verbreitern von Falschinformationen" (Spiegel) zu buhlen, zeigt später, aber besser als nie, wie richtig die zuletzt beständig zunehmenden Warnungen waren, dass "einige ihrer Aussagen irreführend, manchmal auch unseriös oder falsch" (Spiegel) seien.


3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

aus Fräulein Hübsch Hochbegabt wird eben keine Kindergärtnerin sondern eine "Philosophin" . Sie skaliert ihre kleinbürgerliche Kindergartendenke hoch und sagt dann : "so sollten wir es machen" .

Der Bürger als Kind . Der Bürger als Mündel , als Mündelkündelgesündel .

Freylaurerdenke eben ."WIR sind so schlau und müssen den Staat und seine Organe beherrschen - SONST : Mord und Totschlag " .

ähnlich dachte mein bolschewistischer Geschichtslehrer :"jaja Demokratie ist ne feine Sache - ABER : BIST DU demokratiefähig ?? "

und weiter :

"....eigentlich bräuchten wir eine Art Bürgerabitur - sonst wählen die Leute später die falsche Partei "

"wozu dann überhaupt noch Wahlen ? "

" na - damit es demokratisch aussieht " so der Herr Lehrer ( ohne Ironie )

der GEW Sozialdemokrat ist IMMER ein protobolschewistischer Rotfaschist - IMMER

Anonym hat gesagt…

Und das Üble daran ist - diese (Selbstzensur) hat recht.* Vier von fünf sind nun einmal mehr oder minder bescheuert, was schon Gustav der Gute (1841 - 1931) erkannt und also veröffentlicht hatte. (Wollten z.B. einen lynchen, der dem Feind mit EINER Kerze Lichtsignale gegeben hätte - über wenigstens fünf Kilometer)

*Mit der Einschränkung - ähnlich wie bei Rochus von Rochow - diese (Selbstzensur) schreiben sich selbst - völlig zu unrecht - höhere Geisteskräfte zu, so wie Rochus seinesgleichen, den blaublütigen Degeneraten von und zu Rotz an der Backe.

Anonym hat gesagt…

Jede Revolution frisst ihre Kinder,das war schon immer so. Aber bei der nächsten wird es ganz bestimmt anders. Wird es nicht.