So engagiert fahndet das ZDF seit gestern nach einer "Lindner/Lehfeldt-Bande", die auch als liberale RAFDP oder LAF bezeichnet wird. |
Der Vorwurf kam aus berufenem Munde und zur allerbesten Sendezeit. Jan Böhmermann selbst hatte die Spannung vorher bereits angeheizt, als er bei Twitter, einem seit der Übernahme durch Tesla-Chef Elon Musk für grenzenlose rechtspopulistische Hassbotschaften bekannten asozialen Netzwerk, ein Fahndungsplakat veröffentlicht: Führende FDP-Aktivisten wurden dort als "linksradikale Gewalttäter" dargestellt, eine liberale RAF, die wegen der "Beteiligung an staatsfeindlichem Aktivismus, Bildung einer kriminellen Vereinigung, gemeinschaftlicher Vorbereitung schwerer staats- und menschheitsgefährdender Straftaten" steckbrieflich gesucht werde.
Bisher völlig unbekannte Bande
Unter den Verdächtigen neben Bundesfinanzminister Christian Lindner auch Wolfgang Kubicki, der Virologe Hendrik Streeck, der Twitterer Benedikt Brechtken, der Journalist Ulf Poschardt, der frühere Spiegel-Chef Stefan Aust, Springer-Chef Mathias Döpfner, der frühere Thüringer Ministerpräsident Thomas Kemmerich, der Kabarettist Dieter Nuhr, der EU-Abgeordnete Alexander Graf Lambsdorff und der Wirtschaftsweise Lars Feld. "Für Hinweise, die zur Ergreifung der Gesuchten führen, sind insgesamt 100.000 DM Belohnung ausgesetzt, die nicht für Beamte bestimmt sind, zu deren Berufspflichten die Verfolgung strafbarer Handlungen gehört", hieß es auf dem Fahndungsplakat der Liberalen RAF, kurz LAF. Eine Zuerkennung der Gewinnsummer erfolge "unter Ausschluss des Rechtsweges", Mitteilungen, die auf Wunsch vertraulich behandelt werden, nähme das Bundeskriminalamt, Abteilung Sicherungsgruppe entgegen.
Beim BKA in Bonn allerdings wollte niemand etwas von der Fahndungsaktion gegen die sogenannte "Lindner/Lehfeldt-Bande" wissen, die ausweislich des Fahndungsplakates aus "Gewalttäter" besteht die "u.U. von ihrem Jagdschein rücksichtslos Gebrauch" machten. Kaum verwunderlich, wie der Terrorexperte Jan Henry Schneidemüller sagt. "Bisher gab es keinerlei Hinweise darauf, dass einer oder einige oder gar alle der Genannten gewaltgeneigt sind oder gemeinschaftlich planen, schwere staats- und menschheitsgefährdende Straftaten zu begehen", sagt der Kenner der deutschen Terrorszene, der am An-Institut für angewandte Entropie der Bundeskulturstiftung zu Vernetzungsprozessen in der Szene der neuartigen verfassungsfeindlichen Delegitimierer von zuständigen Organen forscht.
Eine verbotene Feindesliste
Richtig sei sicherlich, dass die im Stil einer seit kurzer Zeit durch einen neuen Strafrechtsparagrafen verbotenen "Feindesliste" samt geschützter persönlicher Daten aus dem Kernbereich der privaten Lebensführung angeordneten Personen - von drei Ausnahmen abgesehen durchweg alte weiße Männer - sich durchweg weigerten, sich am deutschen Klimakampf dergestalt zu beteiligen, dass sie "als Fortsetzung von Protesten auf den Straßen auch milde Mittel wie Sachbeschädigung, die Störung und Zerstörung von Teilen der kritischen Infrastruktur und Hungerstreiks" (Schneidemüller) in Betracht zögen.
Man könne daraus womöglich ableiten, dass die Betroffenen sich nicht ausreichend für das Schicksal kommender Generationen einzusetzen bereit seien. "Aber nur weil jemand keine Straftaten angekündigt und Hausfriedensbruch, Sachbeschädigung, Nötigung im Straßenverkehr oder Verstöße gegen das Versammlungsgesetz begeht, darf man ihn aus der Sicht der ernsthaften Terrorforschung nicht mit Mördern und Räubern gleichsetzen, wie sie sich in der RAF zusammengeschlossen hatten."
Liberale RAF wie Letzte Generation?
Fragwürdig sei bereits der Vorwurf, Finanzminister Christian Lindner und die anderen angeprangerten Personen hätten mit der RAFDP eine etwa der vorerst nur gegen Dinge gewalttätigen Gruppe "Letzte Generation" vergleichbare Vereinigung gegründet, deren Hauptaugenmerk darauf gerichtet sei, kriminelle Straftaten zu begehen. "Ich bin mir sicher, dass die Rechtsabteilung des ZDF uns bisher nicht vorliegende Beweise oder Indizien für dies Vorwurf gründlich geprüft hat", sagt der in Kiel geborene Gesellschaftspsychologe, "aber so lange uns die harten Fakten dazu nicht vorliegen, müssen wir an der Unschuldsvermutung festhalten."
Er sehe wie auch viele Kolleginnen und Kollegen, mit denen er Rücksprache gehalten habe, keine Hinweise darauf, dass die "Lindner/Lehfeldt-Bande" existiere oder als extremistisch angesehen werden müsse. "Ich erkenne nicht, sich diese Gruppierung, sollte es sie geben, gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung richtet“. Insofern gehe auch die Forderung fehl, die liberalen Aktivist:innen durch den Verfassungsschutz beobachten zu lassen.
Gesellschaftsschädlinge enttarnen
Damit widerspricht Jan Henry Schneidemüller dem zuletzt immer häufiger in der Rolle des Staatsanwalts Peter Przybylski auftretenden Fernsehlieblings, dem es bereits verschiedentlich gelungen war, Gesellschaftsschädlinge zu enttarnen und der Gerichtsbarkeit des gesunden Volksempfindens zu übergeben. Die überwiegend liberalen Aktivist:innen und Politiker.*/&Innen mit der Roten Armee Fraktion (RAF) in Verbindung zu setzen, sei "Nonsens", sagt Schneidemüller.
Er fordert, das Kind nicht mit dem Bade auszuschütten und das ZDF über die Rundfunkräte und die "anderen politischen Stellschrauben" (Schneidemüller) schnellstmöglich zur Offenlegung aller Beweise gegen Lindner, Döpfner, Poschardt und Co. zu veranlassen, "unter Wahrung des Redaktionsgeheimnisses". Hier sei auch die Regierung gefordert nachzuweisen, "wie sehr man dieses System eigentlich respektiert".
3 Kommentare:
Wirklich eine Sauerei des ZDF und völlig an den Haaren herbeigezogen, Leuten wie Lindner oder Lambsdorff Liberalität zu Unterstellen.
Böhmermann sollte mal nach Talent fahnden.
Böhmermann ist ein Mitläufer und Depp
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