Mittwoch, 2. November 2022

Hassattacken gegen Hafenverkauf: Dax - deutsch ist nur der Name

Im Unterschied zum umstrittenen Terminal im Hamburger Hafen gehört das große Corporate Deutschland schon lange mehrheitlich Ausländern.

Nein, dieser kleine Teil eines kleinen Terminals am Hamburger Hafen, der darf nicht in ausländische Hand geraten! Chinesen noch dazu! Als Eigentümer kritischer deutscher Infrastruktur! Der Kanzler machte sich stark für ein Geschäft, das Deutschland zumindest in der medialen Erzählung erneut und schlimm in die fatale Abhängigkeit von ausländischen Investoren führen würde. Ganze sechs Ministerien, so viele sind hierzulande fachlich zuständig für Hafen-Terminals, zeigten sich höchst besorgt.  

Die Hamburger Welle

Hinter ihnen surfte die gesamte Medienbranche aufgeregt die Hamburger Welle. "Trotz der Warnungen aller Fachministerien will das Kanzleramt offenbar den Verkauf von Teilen des Hamburger Hafens an den chinesischen Staatskonzern Cosco durchsetzen", verstieg sich die "Tagesschau" zur offenen Regierungskritik. Der "Krach um ein Stück Hamburger Hafen" (Tagesspiegel) war für 24 Stunden die Wasserscheide zwischen Nationalisten und Globalisten. "Stoppt den Verkauf" forderte die Hamburger Morgenpost. Das bürgerschaftlich engagierte Petitionsportal Campact mobilisierte für einen "Eil-Appell an Kanzler Scholz mit dem Titel "Hafen-Ausverkauf an China verhindern!"

Erst als der Bundeskanzler dann eines seiner Machtworte sprach,leider diesmal als bneim Atomstreit, war die Kuh vom Eis. der "erhöhte strategische chinesische Einfluss auf die deutsche und europäische Transportinfrastruktur" und der "nachteilige Einfluss auf die Resilienz von Lieferketten und die Versorgungssicherheit" war nun doch akzeptabel, lag er doch nun deutlich unter 30 Prozent. 

Aus alter Verbundenheit deutsch

Das gilt als preiswert angesichts eines drohenden neuen Zwists in der Ampel und liegt in der Tat deutlich unter dem Anteil, den ausländische Besitzer in der Regel an Unternehmen halten, die aus alter Verbundenheit gemeinhin bis heute  als "deutsche" bezeichnet werden. In Wirklichkeit sind die Deutsche Börse, Adidas und der Chemieriese Bayer keineswegs mehr  "deutsch", auch Siemens, die Versicherung Allianz und der Autobauer Daimler gehören mehrheitlich ausländischen Eigentümern.

Bei Daimler - neuerdings Mercedes Group - ist die staatliche chinesische BAIC Group größter Anteilseigner, fast ebenso groß ist der Anteil der Tenaciou3 Prospect Investment Ltd. des Chinesen Li Shufu. Dahinter folgt schon der Menschenrechtsstaat Kuweit. Ganze 33 Prozent der Anteile gehören noch Inländern, verglichen mit nur 14 Prozent bei der Deutschen Börse oder 26 Prozent bei Bayer ist das viel.  

Das WM-Emirat Katar, aktuell eines der am energischsten angeprangerten Reiche des Bösen weltweit, ist der größten Aktionäre deutscher Großunternehmen: Bei VW hält das Menschenschinderregime rund 17 Prozent der Stimmrechte, beinahe so viel wie das Land Niedersachsen. Bei Siemens sind es mehr als drei Prozent, bei Hapag-Lloyd 14 Prozent und bei der Deutschen Bank, die mit 58 Prozent ausländischer Besitzer nur dem Namen nach noch deutsch ist ist, sind es etwa acht Prozent

Schuld ist der deutsche Sparer

Ein Umstand, der in der Vergangenheit gelegentlich auch schon zu einer gewissen Besorgnis geführt hat, auch wenn nach einer Analyse des "Spiegel" vom "deutschen Sparer" verursacht wird, ärgerlich ist, aber nichts zu tun hat mit einem "erhöhten strategischen Einfluss auf die deutsche und europäische Transportinfrastruktur" oder "nachteiligen Einfluss auf die Resilienz von Lieferketten und die Versorgungssicherheit" zu entfalten verspricht. 

Sorgen verursachte allein die traurige Berechnung der Jahr für Jahr nutzlos ins Ausland abfließenden Dividenden: 2019 blieben von 36,5 Milliarden Euro, die die deutschen Großkonzerne aus dem Dax ausschütteten, nur 12,5 Milliarden Euro im Lande. Der Rest von 24 Milliarden füllte die Taschen anderswo. Bei einem durchschnittlich Anteil von 53,7 Prozent der Dax-Aktien in den Händen von Ausländern auch ein Zeichen dafür, dass es für deutsche Anleger vielleicht auch besser ist, die Hände von der Börse zu lassen.

Meist gut akzeptiert

Angst vor dem Einfluss der Aktienbesitzer aus China, dem arabischen Raum und den USA auf strategische Entscheidungen bei Firmen, die hierzulande zehntausende Arbeitnehmer beschäftigen, hatte seinerzeit niemand. Dass Technologie im Tausch gegen Investitionen auch mal ins Ausland abfließt, ist im großen Maßstab Teil des Spiels und allgemein akzeptiert,  nur an speziellen Tagen schießt die Furcht vor dem "schleichenden Einfluss"  durch die Decke: Wenn es passt, kann ein kleiner Hafen fremdenfeindliche Reflexe auslösen. Wenn gerade nicht, dann eben was anderes. 


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