Mittwoch, 12. Oktober 2022

Ionenkanone im Energiekrieg: Imagination und Suggestion

Der "Abwehrschirm", den die Ampel "gespannt" hat, steht. Nur wie er genau aussehen wird, steht noch nicht ganz fest.


Eine Angst geht um im politischen Deutschland, eine Angst vor dem Umkippen der Stimmung, vor dem Verlust der Macht und der Offenbarung, dass da wirklich nicht mehr hinter der Ampelfassade ist als Unwissen, fehlendes Können und grobe Unkenntnis darüber, wie eine moderne Wirtschaftsgesellschaft funktioniert. Acht Monate nach der Ausrufung der "Zeitenwende" (®© BWHF) durch den Bundeskanzler Olaf Scholz läuft das Land weitgehend im Normalbetrieb: Die Reifen sind weg, womöglich auch schon die Felgen. Doch der Motor dröhnt beruhigend und aus den Verlautbarungsorganen der Staatsverwaltung schallt es tröstend von kommenden "Erleichterungen", von "Abwehrschirmen" und "Hilfs-" oder gar "Rettungspaketen".

Gewürzt mit Almosen

Bisher hat das ausgereicht. Gewürzt mit ein paar Almosen, hundert Euro für diese gesellschaftliche Gruppe, 150 für jene und ein Happy-Weekend-Ticket für Naherholungssuchende, trugen die beiden ersten sogenannten Entlastungspakete die Bundesregierung vom Winter bis beinahe in den Herbst. Die Einnahmen des Bundes stiegen durch die galoppierenden Inflation um beinahe 13 Prozent, Vater Staat wurde zum größten Kassierer von krisenbedingten Übergewinnen, ein Kriegsprofiteur wie kein anderer. Dank der fest geschlossenen Reihen im demokratischen Spektrum und in Mediendeutschland aber langte es zur Verhinderung von "Unruhen" (Annalena Baerbock), Trost für später zu versprechen. 

Mit der Verkündigung von "schnellen" Entlastungen im kommenden Dezember und einer dann bereits im März nachfolgenden nächsten Entlastungsstufe, nach der etwa die Gaspreise im Land zumindest für 80 Prozent des Bedarfs beim Doppelten der Vorkriegszeit liegen werden, für 20 Prozent aber beim Zehnfachen, wird die Bundesregierung gut durch den Winter gekommen sein.  Ein ganzes Jahr langten Versprechungen, Vertröstungen und wolkige Zusagen aus, das Land still zu halten.

Der Zauber der großen Zahl, er wirkte wie immer. Erst versprach der Kanzler 65 Milliarden, nach dem Aufschütten des neuen Sonderschuldenberges für die Bundeswehr mit 100 Milliarden Höhe mussten dann 200 Milliarden nachgelegt werden, die nun medial bereits aus 295 Milliarden hocherklärt werden, das klingt einfach noch hilfreicher und rettender. Die 300 ist nur noch eine Frage von Tagen, da ist dann alles drin, was irgendwo für irgendwen ausgegeben wird. 3.500 Euro pro Kopf der Bevölkerung würde sich arm anhören. Deshalb lieber die Milliarden und von denen nur ja recht viele.

Details sind Nebensache

Wofür da was und wie, wem wann wozu und weswegen, all das ist nebensächlich. Angesichts der akuten Bedrohung des Wohlstandes als wichtigster Grundlage der Demokratie wurschtelt sich das rot-grün-gelbe Kabinett mit beneidenswerter Gelassenheit von einer Pleite in die andere. Galt in den alten Zeiten einer verantwortlich gestalteten Politik als ausgemacht, dass verkündet wird, was beschlossen ist, regieren Scholz, Lindner und Habeck seit Monaten mit Ankündigungen, dass etwas beschlossen werden soll. 

Das kann dann geschehen, es kann aber auch zurückgenommen werden, wie die Gasumlage zeigt, die eben noch Deutschlands Energieversorgung retten sollte. Oder wie die Schuldenbremse beweist, die nun ebenfalls einen geheimnisvollen Quantenzustand angenommen hat: Sie gilt weiter, ist aber zugleich erst mal nicht mehr gültig. Der Applaus ist stets gewiss. Jede Irrung, jede Wirrung wird als Teil eines großen, klugen Planes verkauft.

Ionen im Energiekrieg

Das politische Establishment hat die Kraft ganz besonderer Ionen für seinen Energiekrieg entdeckt. Sich selbst hält man mit der Imagination aufrecht, dass es nur die Errichtung einer ordentlichen Planwirtschaft bedürfe, um Angebot und Nachfrage auf Bestellung zu bekommen. Den Bürgerinnen und Bürgern draußen im Lande soll Suggestion helfen. Man erweckt zwar unbeholfen, aber standhaft den Eindruck, dass bald dieser oder jener "Wumms" die Lage klären werde. Die Kollegen sind dran! Die besten der Besten! Experten in einer Kommission, die im Elfenbeinturm alle Gerechtigkeitsaspekte der kommenden Geldabwurfaktionen durchrechnen, selbstverständlich unter Beachtung der globalen Perspektive und der europäischen Dimension.  Denn nichts kann hier, was andere machen, obwohl sie es nicht dürfen.

Feierlich wird dann irgendwann enthüllt werden, was sich wie immer als eine mit heißer Nadel gestrickte Jacke in der falschen Größe, von fürchterlicher Farbe und mit fraglichem Nutzwert herausstellen wird. Dieselben Trompeter, die im Juli vom Entlastungswunder durch das Neun-Euro-Ticket schwärmten, um dann im Oktober zu jammern, dass der "Doppelwumms" (Scholz) vom Herbst besser schon im Sommer hätte versprochen werden sollen, müssen ihre Argumentationslinien dann erneut nachschärfen.


3 Kommentare:

Carl Gustaf hat gesagt…

Früher hatten wir wenig Geld, dafür viel Energie, die wir uns jedoch nicht leisten konnten.
Heute haben wir viel Geld, dafür aber wenig Energie, die wir uns für viel Geld kaufen müssen.

ppq hat gesagt…

mit geld, das wir nicht haben ;-)

Carl Gustaf hat gesagt…

Geld haben, tun wir genug. Bloß kaufen kann man sich dafür nichts mehr!