Nie war der Vorlauf kürzer, nie waren die Elogen erwartungsvoller, nie kamen mehr Europäer mit mehr gutem Willen zusammen und nie war ein Gipfel ein deutlicheres Signal gegen Putin, den russischen Energiekrieg und für ein geeinigtes Europa gleichen Willens und gleichen Trachtens. Der "XXL-Gipfel" (Radio Eins) in Prag, eine Weltpremiere auch für die zuvor völlig unbekannte "Europäische Politische Gemeinschaft" (EPG), hatte noch nicht begonnen, da wurde seine weltgeschichtliche Bedeutung schon in Hymnen besungen.
Mehr denn je
44 Staats- und Regierungschefs aus EU- und Partnerstaaten beim Gründungstreffen. Ganz Europa gegen Putin (ZDF). Mega-Gipfel der erweiterten Nachbarschaft (Deutsche Welle). Aufgeladen mit Erwartungen, die die EU offenbar nicht, aber eine "neue Plattform für die stärkere Zusammenarbeit mit nahen und fernen Nachbarn" schaffen können sollte. Alle außer Moskau mit einer Stimme, selbst Armenien und Aserbaidshan, die im Schatten des großen seit Jahren ihren eigenen kleinen Krieg miteinander auskämpfen, relativ ungestört, denn die Lage dort im Südosten ist schwer in Petitionen zu fassen und wenn kein Gas mehr aus Russland kommt, weil niemand mehr es haben will, dann muss neben Katar, den USA und Saudi-Arabien auch Aserbaidshan einspringen.
Mit dem Start der Versammlung in Prag und einem Gruppenfoto, für das eigens eine Weitwinkellinse aus japanischen Beständen hatte eingeflogen werden müssen, war das Wichtigste schon verraten. Scholz stand angesichts der Bedeutung Deutschlands als am schlimmsten vom russischen Überfall betroffenes Gebiet zu weit hinten. Die Kollegenden aus den anderen Staaten schalten den Kanzler zudem, weil er die Bürgerinnen und Bürger mit 300-Euro-Almosen, 9-Euro-Ticket und Tankrabatt weit über Gebühr entlastet hat.
Alle stehen zusammen
Aber im Übrigen stehen die Europäer zusammen, nicht nur auf dem Breitbild, sondern überhaupt wie nie. Der Armenier herzt den Aserbaidshaner. Ursula von der Leyen hat großen Respekt vor den Leistungen, die Viktor Orban beim Aufbau der ungarischen Demokratie gezeigt hat. Deutschland akzeptiert, dass die Regierung in Warschau nach der Abschaffung der richterlichen Unabhängigkeit Reparationszahlungen aus Berlin erwartet. Frankreich freut sich über den hiesigen Energieausstieg, der so kompatibel zum französischen Kernkraftswerksbauprogramm ist.
In der ersten Reihe seien "die Autokraten aus Ankara und Baku hofiert" worden, zürnte das Neue Deutschland. Chantal Kopf, offenbar "europapolitische Sprecherin der Grünen" im Europäischen Parlament, nannte "das erste Gipfeltreffen der Europäischen Politischen Gemeinschaft" ein "wichtiges Signal zur richtigen Zeit". Der Kreis von 27 EU-Mitgliedstaaten und der "17 weiteren gleichberechtigten Staaten" habe seinen Anspruch unterstrichen, "die europäische Nachbarschaftspolitik weiterzuentwickeln und die europäische Sicherheitsarchitektur der Zukunft zu gestalten".
Auf dem globalen Konferenzkarussell
Eine heile, heile Welt, aus der darüber hinaus keine einzige Nachricht mehr drang, nachdem das Großereignis gestartet worden war. Die Europäische Politische Gemeinschaft, das jüngste aller globalen Konferenzkarussells, verschwand eben so schnell und überraschend aus den Nachrichtensendungen und Kommentarspalten der Gazetten wie es 24 Stunden zuvor dort erschienen war. Das nächste Treffen findet schon im Frühjahr in Moldau statt, dem früheren Moldawien, einer ehemaligen Sowjetrepublik, von der aus dann auch wieder ein deutliches Signal nach Moskau ausgesendet werden wird.
2 Kommentare:
Mir fällt auf, alle ohne Maske.
Europäische Politische Gemeinschaft der Kleinen Fische. Das erinnert mich an die zahllosen 'sozialitisch orientierten' Drittweltkäffer, die auffraßen, was beim Ostblock vom kargen Tisch fiel.
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