Montag, 5. September 2022

Wegweisende Worte aus der BWHF: Zufallsgewinne ®©

Zufallsgewinne gehören künftig dem Bund, der Bürgerinnen und Bürger mit dem Geld reich beschenken will.

Leichter werde es nicht, das gibt Rainald Schawidow unumwunden zu. Nach Jahren voller wegweisender Begriffe, mit denen die Bundesworthülsenfabrik (BWHF) in Berlin die Bemühungen mehrerer Bundesregierungen um eine progressive, aber verständliche Außendarstellung der weitsichtigen Politik unterstützt hatte, stellte sich eine angemessen kompakte Darstellung der überaus komplexen Ampel-Arbeit als "Kunststück dar, das auch wir erst lernen mussten", wie der langjährige Chef der Behörde sagt, die als Nachfolgebetrieb des VEB Geschwätz der DDR und dessen Vorgänger Reichsamt für Worte und Benennungen (RWB - Forschungsbehörde AO) gilt.

Wegweisende Worte

Die Latte liegt hoch. Die mit Wortneuschöpfungen wie "Euro-Rettungsschirm", "Energiewende" und "Wachstumspakt", "Mietpreisbremse", "Stromautobahnen" und "Basisschutz" gelungene sprachliche Gestaltung einer bundesweit einheitlichen Politikvermittlung hat Deutschland durch harte Zeiten geholfen, durch Finanzkrise, den Brexit, am Ende sogar durch die Pandemie. Mit dem russischen Angriff auf die Weltgemeinschaft der demokratischen Staaten aber zeigte sich einmal mehr, dass es damit nicht getan ist. Erst im Frühjahr lieferte die BWHF mit dem Begriff "Zeitenwende" die Überschrift für die seitdem anhaltenden Versuche der rot-grün-gelben Koalition, den Frieden zu erzwingen. 

Freiheitsgas, Energiegeld und Tankrabatt, Entlastungspaket und Schwerewaffen folgten, zusammengesetzte Substantive, mit denen die Worthülsendreher, Buchstabenschmiede und die oft unterschätzten Bedeutungspoeten der BWHF erneut Maßstäbe setzten. Die Großcomputer in der tief im märkischen Sand unter dem Bundeskanzleramt vergrabenen Einrichtung rasselten, die Reimprogramme ratterten, die Wortschweißgeräte glühten, um die Sprachgeschütze von SPD, Grünen und FDP mit Munition zu versorgen. Selbst im Vergleich mit den Tagen der Corona-Krise, ließ sich BWHF-Chef Rainald Schawidow zitieren, sei der Bedarf an verbalen Imponierbegriffen und fachmännisch angefertigtem Verschleierungsdeutsch nicht so groß gewesen wie in den ersten ratlosen Wochen nach Putins Überfall auf die Ukraine.

Die Kraft der großen Zahl

Zahllose Beispiele sich zeigten, dass die Kraft der großen Zahl, auf die Olaf Scholz sowohl mit seinem Bundeswehr-Paket von 100 Milliarden als auch mit dem 3. sehr großen Entlastungspaket" (Scholz) in Höhe von "65 Milliarden" (Rheinische Post) setzt, allein nicht ausreicht. "Wir benötigen weiterhin sehr rasante und sehr beruhigende Worthülsen, um sehr viel bewegen zu können", schätzt Schawidows Stellvertreter Falk Ebenhagen zutreffend ein.

Ebenhagen weiß, wovon er spricht, denn auf den Schultern des Hauptabteilungsleiters Hauptsatzverwaltung (HHV) ruhten auch Ansaat, Entwicklung und Anzucht der aktuellen Hauptkampfvokabel der Bundesregierung. Mit dem Begriff "Zufallsgewinne"®©, den Mitarbeiter*innen des PsychOps-Referat der BWHF aus dem mittelhochdeutschen Wort entwickelten, das, wie Falk Ebenhagen schmunzelt, "bis zum 17. Jahrhundert für "Anfall" stand, glückte der Ampel ein großer Wurf: Es gelang, die von den Liberalen abgelehnte Einführung einer Steuer auf sogenannte "Übergewinne" (BWHF) und damit einen offenen Streit in der Koalition zu vermeiden. "Und man kommt dennoch an das Geld, auf das man es abgesehen hat", lobt Rainald Schawidow den neuen, klugen Schlüsselbegriff. 

Die ganz großen Gefühle

Semantisch spielt er mit ganz großen Gefühlen. Der "Zufall" synchronisiere im menschlichen Hirn häufig mit dem "Glück", erläutert Ebenhagen. Bürgerinnen und Bürger assoziierten Tests der BWHF zufolge spontan Lottospiel und Millionengewinne, unverhoffte Treffen mit alten Freunden, das Finden von Geldscheinen und Brieftaschen und aktuell insbesondere die Entdeckung eines nahezu komplikationslos nutzbaren Schornsteinabzuges in einer Zimmerecke. 

Der Zufall ist eigentlich eine Sprachentdeckung der Mystiker des 14. Jahrhunderts", beschreibt Rainald Schawidow, "er galt in unserer berechenbaren Welt mit staatlich festgezurrten Nullzinsen lange als obsolet." Putins Angriff aber öffnete dem Zufall Tür und Tor. "Und in der Kombination des Zufalls mit dem schon für Karl Marx zentralen Begriff des Profits gab uns der Zufall die Chance, den Auftrag der Bundesregierung zu erfüllen, eine Übergewinnsteuer möglich zu machen, ohne dass erläutert werden muss, was Übergewinne sind, wer den Übergewinn definiert und wie viel Gewinn künftig überhaupt noch erlaubt sein wird."

Ein  neuer Zentralbegriff

Auch für Falk Ebenhagen ist der "Zufallsgewinn" ein neuer Zentralbegriff, um den herum aus seiner Sicht eine ganz neue Art des Wirtschaftens entstehen kann. Der gebürtige Mecklenburger verweist auf führende Wirtschaftsforscher, denen zufolge eine staatliche, möglichst europaweit einheitliche Leitung und Planung der Produktion sehr viele Vorteile gerade mit Blick auf die Rettung des Weltklimas und der Einhaltung der Pariser CO2-Ziele hätte. Obszöne Zufallsgewinne, die gemacht würden, wo Mangel herrsche, könnten über die neue Zufallsgewinnabgabe auch nach dem Krieg weiterhin abgeschöpft und an Firmen ausgeschüttet werden, die weniger oder gar keine Profite erzielen. 

Wir kämen endlich zu einer Wirtschaftsordnung, in der das Fressen und Gefressenwerden des kapitalistischen Wirtschaftens Geschichte wäre", unterstreicht Ebenhagen, der zugleich aber betont: Es sei nicht Aufgabe der BWHF, eine solche Weichenstellung vorzunehmen. "Wir liefern nur das sprachliche Rohmaterial, mit dessen Hilfe die Politik Medien und mit dessen Hilfe Medien unsere Menschen draußen im Land von den positiven Wirkungen überzeugen können."


8 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Übergewinne lassen sich eben schlecht definieren. Hingegen Gewinne, die durch eine verkorkste Regulierung seitens des Staates entstehen, sind purer Zufall.
Für die Stromkunden, die den Spaß bezahlen, bleibt der Trost, dass es egal ist bei wem die Kohle landet.

Die Anmerkung hat gesagt…

BILD beansprucht die Aufdekcung des Wortschwindels für sich.
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„ÜBERGEWINN“ WIRD ZU „ZUFALLSGEWINN“, UMVERTEILUNG ZU „ENTLASTUNG“

BILD entlarvt die Wort-Trickserei der Ampel

https://www.bild.de/politik/ausland/politik-ausland/uebergewinn-zufallsgewinn-bild-erklaert-die-wort-trickserei-der-ampel-81223992.bild.html

Die Anmerkung hat gesagt…

Wegweisende Worte einer Schneeeule für all jene, denen heute noch nciht schlecht geworden ist.
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https://www.zdf.de/nachrichten/politik/gedenkfeier-muenchen-attentat-olympische-spiele-1972-100.html#xtor=CS5-62

Ich bitte Sie als Staatsoberhaupt dieses Landes und im Namen der Bundesrepublik Deutschland um Vergebung, um Vergebung für den mangelnden Schutz der israelischen Athleten damals bei den Olympischen Spielen in München und für die mangelnde Aufklärung danach; dafür, dass geschehen konnte, was geschehen ist.
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Kein Vergeben, kein vergessen. Niemals.

ppq hat gesagt…

er war damals 16, also strafmündig. da muss er so sprechen

Anonym hat gesagt…

Es hat sich doch schön gefügt, dass der Arafat-Fan Steinmeier nun eine Gedenkrede für ein paar von Arafats Mordopfern halten konnte. Sozialdemokratischer wird's nicht.

Anonym hat gesagt…

weini -Rituale mit Kreditkartenfunktion kotzen mich an

Anonym hat gesagt…

weini -Rituale mit Kreditkartenfunktion kotzen mich an

Das ist ein Bongmoh, der besten eines.

Die Anmerkung hat gesagt…

>> weini -Rituale mit Kreditkartenfunktion

FmD aka IMHO macht es keinen Unterschied zu den Ritualen mit Clown-Ferdinand-Hosentaschen.