Vor fünf Jahren galt die Panzerfrau mit der roten Hose als Heldin im Kampf gegen Olaf Scholz und die globale Entscheidungselite. Als Bundeskanzler will sich Scholz das nicht noch einmal bieten lassen. |
Friedlich seine Meinung zu äußern, das war lange eines der wichtigsten Rechte in demokratischen Gesellschaften. Wann immer Menschen der Meinung waren, ihre Meinung sagen zu müssen, taten sie das, meist unbehelligt von behördlichen Nachstellungen, böswilligen Unterstellungen und persönlichen Angriffen. 300.000 marschierten einst auf den Bonner Rheinwiesen auf, um Helmut Schmidt davon abzuhalten, Deutschland auf dem Altar des nächsten Atomkrieges zu opfern.
Beinahe das gesamte sozialdemokratische, grüne und sozialistische Deutschland war während des Zusammenbruchs der DDR auf der Straße, um gegen die deutsche Wiedervereinigung und die Rückabwicklung der Teilung als andauernde Mahnung an die Kriegsschuld zu protestieren. Gerhard Schröder schließlich brachte die Armen, Benachteiligten und Marginalisierten dazu, gegen seine unmenschlichen Hartz IV-Reformen aufzustehen.
Scheiterhaufen für Holzköpfe
Die Regierungen standen damals schwer im Sturm. "Scheiterhaufen für Holzköpfe wie Schröder und Co" schrieben Protestler auf Plakate, "wir haben die Schnauze voll" und "weg mit der Agenda 2010". Es wurden Eier geworfen und Polizisten angegangen, unverkennbar radikalisierten sich die Menschen, befeuert von linken Scharfmachern wie Schröders früherem Weggefährten Oskar Lafontaine, der die sogenannten "Sozialproteste" (BWHF) als Vehikel nutzte, im Machtgerangel mit Schröder erlittene persönliche Kränkungen offensiv auszuleben.
So ging das in der Politik der alten Zeit. Den alten weißen Männern, die unumschränkt regierten, war jedes Mittel war recht, die eigenen Positionen zu stärken, aber nicht jedes Mittel war deshalb rechts und ein Werkzeug zur verfassungsschutzrelevanten Delegitimierung des Staates, einem neuen Nicht-Straftatbestand, der in einer Übersetzung in Deutsche die verfassungsschutzrelevanten Delegitimierung der aktuellen Regierung meint.
Hasserfüllte Heizungsmenschen
Es mag vor allem die unheimliche Ruhe sein, die kurz vor dem ersten Winterohnegas über den besiedelten Gebieten der Kernlande der EU liegt, die in Berlin für Nervosität sorgt. Langsam erst trudeln die neuen Energierechnungen in den Haushalten ein. Langsam nur zeigt sich eine neue gesellschaftlichen Spaltung: Den Menschen mit dem neuen Bürgergeld kann es gleich sein, ob die Kilowattstunde Irgendwas demnächst 50 Cent oder 50 Euro oder gar 5.000 kostet, denn das Amt übernimmt.
Der treusorgenden Angestellten im sozialem Bürgergeldamt der kleinen Stadt im weiten Land aber wächst mit jeder abgezeichneten Überweisung ein Angstknoten in der Brust: Ab 50 Cent pro Kilowattstunde trägt die 52-Jährige ihr großes soziales Mitfühlherz für zwei Wochen jeden Monats nur für Strom und Gas ins Büro. Ab einem Euro pro kWh dann den gesamten Monat mit seinen 200 ermüdenden Arbeitsstunden. Dann doch lieber gleich 50 Euro oder 10.000 für eine Kilowattstunde Strom, denn dann wäre es endlich wieder egal, so sagt sie nach Feierabend. "Dann melde ich auch Hartz an."
Auf einer rosa Wolke über den Sorgen
Olaf Scholz ist von dergleichen Erwägungen, die überall in seinem Volk kursieren, noch nicht erreicht worden. Wie sein Klimawirtschaftsminister und der Verantwortliche fürs Verwalten der Schulden schwebt der Kanzler auf einer rosa Wolke über dem Schlachtfeld des ersten modernen Energiekrieges. Hartz ist unbenannt, die ersten Almosen sind verteilt. Bald wird das Füllhorn noch Wärmestuben und Superwarmesockengutscheine ausspucken. Durchhalten, predigt er, durchhalten und tapfer darauf vertrauen, dass die Bundesregierung weiß, was sie tut.
Dafür spricht deren track record: Bisher war alles falsch, die Weichenstellungen, die Abhängigkeit, die Geschwindigkeit, die Misswirtschaft, der Verzettelt, Verhaken und Vertun. Jetzt aber, ab gestern, heute oder morgen Wehr ein ganz anderer Wind. Flüssigas aus Katar. Offshorewind und Braunkohle. Entlüftete Heizungen. Und ausse Leuchtreklamen.
Es ist alles auf einem sehr, sehr guten Weg, seit beinahe einem Jahr schon. Demokratie sei deshalb, so hat Olaf Scholz jetzt amtliche mitgeteilt, weiterhin schön und gut. Aber niemand habe die Absicht, eine Mauer zu bauen Hungernde, Frierende oder gar Insolvente daran zu hindern, ihr Leiden "friedlich" (Scholz) öffentlich zu machen und ihre Ängste Gassi zu führen.
Aber! "Wenn Kundgebungen von Extremisten, Querdenkern und Verfassungsfeinden gekapert werden, nehmen wir das nicht hin". Friedlichkeit hin, Friedlichkeit her, darauf kommt es dann nicht mehr an. "Lange Haare ja, aber gepflegt müssen sie sein", zitiert Olaf Scholz eine Mahnung aus seiner Jugend als Revoluzzer". Wer das nicht einsehe, der werde es einsehen müssen: "Denn unsere Demokratie ist wehrhaft", droht der Kanzler auf Twitter mit dem Einsatz von echten Machtmitteln im Meinungskampf.
Machtmittel für den Meinungskampf
Weitsichtig hat die Politik vorgesorgt. Sechs Tonnen schwer und wüsten-beige lackiert, hält die Polizei für den Fall der Fälle gepanzerte Geländewagen der Marke "Enok" vor. Auch auf den Blackout sind die Behörden heute viel besser vorbereitet als sie es unter Kohl, Schröder oder Merkel waren. Wer mit den Feinden der Regierung marschiert, wird zum Feind des Staates. Eine Forderung nach "Scheiterhaufen für Holzköpfe", vor nicht ganz 20 Jahren noch demokratische Routine, liegt heute hinter dem Horizont des Zulässigen. Die Schnauze voll haben bleibt erlaubt, ebenso wie demokratischer Protest. Doch wer wirklich etwas verändern will, tut sich nicht mit den falschen Leuten zusammen, er bleibt weg vom rechten wie vom linken Rand, er lässt sich weder unterwandern noch missbrauchen.
Wirklich demokratischer, konstruktiver Protest findet im eigenen Wohnzimmer statt, je nach Witterung auch im eigenen Bett. Wie der vorsitzende Verfassungsschutzrichter Stephan Harbarth inzwischen bestätigt hat, sind die, denen sich der Verfassungsstaat entgegenstellt, in der Regel "Feinde des Rechts", die darauf abzielen, durch den "Gebrauch der Freiheitsrechte die Verfassungsordnung zu delegitimieren". Eine perfide Strategie, der der moderne Regierungsstaat mit seinen Möglichkeuten entgegentritt: Die Beschränkung von Freiheitsrechten könne legitim sein, so Harbarth, weil dem Staat die Aufgabe zukomme, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu sichern. Selbst wenn als Preis dafür seine zeitweise Suspendierung zu zahlen ist.
2 Kommentare:
Marco Junk @marcojunk
Ich bekomme nicht in den Kopf wie man gleichzeitig Kraftwerke abschalten und polizeiliche Einsatzkonzepte für den Blackout entwickeln kann.
twitter.censors.us/MarcoJunk/status/1570300341429698562
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Dazu braucht man Knickhirn. Dann geht das.
Sciencefiles hat Scholzes Quatsch schon einen viel zu ausführlichen Artikel gewidmet.
Dass man sein Geschwätz noch so unter die Lupe nehmen kann, liegt nur daran, dass es tendenziell weniger ist als es bei Merkel war, so dass man noch hinterherkommt.
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