Mittwoch, 14. September 2022

Energiekrise der EU: Die Klimakiller

Versprochen, gebrochen: Beim ersten bisschen Gegenwind nahm die Bundesregierung das Versprechen zurück den Bürgen und dem Klima mit der CO2-Abgabe zu helfen.
 

Nun ist auch alles egal. Erschrocken vom eigenen Erschrecken über die Möglichkeit von Hunger- und Frostaufständen im Winter, vor wenigen Wochen erst erfunden von der damals in Kanada um einen Verstoß gegen die gemeinsam beschlossenen härtesten Strafmaßnhamen aller Zeiten bittenden Bundesaußenministerin, lässt die Bundesregierung in diesen letzten warmen Tagen vor dem ersten Winterohnegas in Windeseile alles fahren und fallen, was Generationen von Wissenschaftlern, Politikbetreibenden, Kongresspilgern und Klimakindern über Jahrzehnte mühsam aufgebaut hatten.  

Eine Liste des Grauens

Es ist eine Liste des Grauen, auf die Umweltfreunde mit Erschütterung schauen. Der Konsens, dass der Verbrauch fossiler Energien möglichst teuer werden muss, damit Bürgerinnen und Bürger schnell ablassen vom Verbrennen von Öl, Gas, Atom und Kohle, er gilt nicht mehr. Die Verabredung, alles auf Strom umzustellen, sie ist aufgekündigt worden. 

Die Erneuerbare Energienabgabe (EEG) war das erste, von niemandem betrauerte Opfer. Die Abgabe, die keine Steuer war, aber den Aufbau einer noch größeren, noch leistungsfähigeren und stabiler versorgenden Solar- und Windkraftanlagenindustrie finanzieren sollte, wurde abgeschafft, zweimal sogar. Einmal nächstes Jahr, dann aber gleich. Stattdessen kündigten Berlin und Brüssel gemeinsam neue Strafsteuern für alle Energieerzeuger an, die wie Wasser, Wind und Sonne keine Rechnung, sondern sogenannte "Zufallsgewinne" schreiben, wie es verächtlich über die Renditen von Investoren heißt, die weitsichtig auf eine Stromproduktion ohne klimaschädliche Abgase gesetzt haben. 

Die Lage ist dramatisch, doch sie droht, noch viel dramatischer zu werden. Mit dem "3. großen Entlastungspaket" (Olaf Scholz) legte die Ampel die Axt auch an die im breiten gesellschaftlichen Konsens und von den Bürgern beinahe unbemerkt eingeführte CO2-Abgabe. Diese neugeschaffene Kohlendioxidsteuer, die keine Steuer ist, sondern eine Abgabe, galt bisher als zentrale Waffe im Kampf um die Zurückdrängung von fossilen Energien. Erst im Corona-Krisenjahr 2021 eingeführt, sollte sie eigentlich "fossile Brennstoffe im Verkehr und für Wärme" (Bundesregierung) so langsam teurer machen, dass niemand etwas mitbekommt. Zugleich aber eine kräftige Lenkungswirkung entfalten, indem sie Unternehmen, die immer noch mit Heizöl, Erdgas, Benzin und Diesel handeln, verpflichtet, sogenannte Emissionszertifikate zu erwerben.

Gutes Geschäft für die Regierung

Ein hervorragendes Geschäft für die Bundesregierung, die allein im ersten Jahr mehr zwölf Milliarden Euro zusätzlich verdiente, indem sie frisch emittierte Verschmutzungsrechte verkaufte. Das Ziel, damit Emissionen zu senken, wurde nicht erreicht. Aber das hatte bei einem Einführungspreis von 25 Euro pro Tonne Abgas auch niemand erwartet. 

Erst wenn der Abgabepreis schrittweise auf 55 Euro im Jahr 2025 gestiegen sei, würden die Wirkungen einsetzen, darin waren sich alle grünen Parteien einig. Weniger Geld bei Kundinnen und Kunden, die irgendetwas kaufen, das mit Hilfe von Öl, Gas, Benzin oder Diesel hergestellt ist. Mehr Schutz für das Klima dank voller Kassen der Regierung, die so die Möglichkeit hat, noch umfassender regelnd und leitend tätig zu werden. 

Selbstzüchtigung und Selbsterziehung

Beinahe schon war das Weltklima gerettet. Deutschland züchtigte sich selbst, um auf den Pariser Klimapfad zurückzufinden, und alle machten mit. Bis Wladimir Putin seine Truppen in die Ukraine in Marsch setzte und die Rettung der Menschheit vor der Klimakatastrophe binnen weniger Monate zu einer ähnlich bedeutungslosen Nebensache wurde wie die Frage der Lieferung von Schwerenwaffen nach Kiew. 

Künftige Generationen müssen warten

Nun geht es nicht mehr um das Überleben künftiger Generationen, sondern um das der Bundesregierung bis zum nächsten Frühjahr. Reihenweise werden die Tabus abgeräumt. SPD-General Kevin Kühnert, ein herausragender Vordenker der deutschen Sozialdemokratie, drängt auf  eine "zackige Einführung" der Bremse für den Strompreis, die fossilen Energieverbrauch wieder attraktiver machen soll. Notfalls müsse ein nationaler Alleingang her, ohne EU, ohne die westlichen Partner, so Kühnert, der sich bisher stets als glühender Internationalist gezeigt hatte.

Doch Not kennt kein Gebot. Eben noch hatte die Bundesregierung mit einer breiten Werbekampagne deutlich gemacht, wie jeder einzelne Bürgende vom neuen CO2-Preis profitierte (oben). Obgleich es im ersten Moment den Anschein machte, dass alles teurer würde, stimmte das gar nicht. Denn der Bund würde freigiebig zurückzahlen. Ein Klimagehalt für jeden, lukrativ vor allem für die armen und Ärmeren, aber auch für alle, die bereit waren, umzudenken.

Das Klima muss leiden

Versprochen war eine Senkung des durch die CO2-Abgabe gestiegenen Strompreises, Bahntickets würden günstiger, es gäbe auch "Investitionen in Schienennetz, ÖPNV und Radverkehr", die man sich bisher wegen der rekordhohen Steuereinnahmen nicht hatte leisten können. Dazu eine Rückzahlung all der Milliarden an fleißige Energiesparer. Und als Bonbon obendrauf für den treuen Bionadeadel: E-Auto-Anschaffungsprämien, mehr Wohngeld für die Armen und Austauschbeihilfe für alte Heizungen. Auch für die Gasheizungen, die eben erst mit Hilfe von Zuschüssen des Bundes neu eingebaut worden waren. 

Wenn Ursula von der Leyen heute in Brüssel vor die Weltöffentlichkeit tritt, um die globale Gemeinschaft über den Stand der Umsetzung des noch nicht endgültig beschlossenen großen EU-Klimaplanes "Fit for 55" und des "European Green Deal" und die Verstetigung des energiearmen Wirtschaftens zu unterrichten, steht dann auch weniger die Umwelt als vielmehr das Bemühen um den Anschein von Einigkeit im Mittelpunkt. Wie in der Corona-Krise ist die Wertegemeinschaft auch im Angesicht drohender Energieknappheit unmittelbar und eilig auf ihre 27 nationalstaatlichen Egoismen zurückgefallen. Die EU meldete sich kaum zu Wort, tat sie es doch, wurden ihren Ratschläge ignoriert.

Heillos zerstrittene EU

Von der Leyen wird die um Themen wie russisches Öl, Nordsee-Gas, Fracking und die Nutzung der Kernkraft bis aufs Blut zerstrittenden Staaten von Europa heute dennoch zu einer Pionierorganisation von Umweltschützern, CO2-Sparern und künftigen Ukrainewiederaufbauern erklären. Um einen schwachen Schein europäischer Einigkeit zu wahren, rechnen Kritiker damit, dass die EU die internen Feinde ihrer selbstdefinierten Rechstsstaalichkeit vom Haken lassen und sich mit "Autokraten" (Spiegel) wie dem Ungarn Viktor Orban oder der rechtspopulistischen polnischen Regierung auf einen gegenaufklärerischen Kurs einigen könnte.

In der Kommission der 27 Kommissare, die bislang stets bemüht war, nach außen hin als Kollektiv aufzutreten, zeigen sich darob erste Risse. Die Furcht geht um, dass Ursula von der Leyen offenkundige Unfähigkeit, die EU durch die Krise zu führen und die etwa von der Ampel in Berlin geführten Angriffe gegen die gemeinsame Klimaschutzpolitik abzuwehren, am Ende zu einer national befeuerten Anarchie im Klimabereich führt. Ungeachtet der heiligen Taxonomie könnten Regierungen beschließen, zu tun, was sie für richtig halten, ohne die Zustimmung aus Brüssel einzuholen.

Es wäre ein Zeichen, das die Völker der Welt entmutigen würde. Und das Erreichen der Pariser Klimaziele in weite Ferne rücken.


3 Kommentare:

Die Anmerkung hat gesagt…

Die Mathegenies aus Quark haben vorgerechnet, wie es geht.

https://twitter.censors.us/quarkswdr/status/1569653859986849792

Henning @Henning295

Die Rechnung, dass sich der Verbrauch mehr als halbiert von Tempo 130 auf 100 muss man mir unbedingt mal zeigen! Danke im Voraus.
--
Quarks @quarkswdr Relying to @Henning295

Der Verbrauch ist abhängig vom Quadrat der Geschwindigkeit. Heißt: Doppelte Geschwindigkeit = vierfacher Verbrauch.

Die Anmerkung hat gesagt…

Die einfache Lösung der Matrix.

https://www.motor-talk.de/bilder/1-6-tdi-effiziente-geschwindigkeit-auf-autobahnen-g33682682/g6-90kw-verbrauch-i203729250.html

Anonym hat gesagt…

Beim Trabant hatte man solche Rechenprobleme nicht, 100 war Kotzgrenze.