Haltung hat mehr Einfluss auf das subjektive Sicherheitsgefühl als Beleuchtung. |
Es war gefährlich, wenn es dunkel wurde in Deutschland. "Viele Frauen" fühlten sich "unwohl", die Straßen waren nicht sicher "vor Bedrohungen und Übergriffen" (WDR). Es galt, genau hinzuhören, wenn Tipps für den sicheren Heimweg gegeben wurden. Zwar hatte die Schwerstkriminalität "deutlich abgenommen", wie der damalige Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble betonte. Zugleich aber fielen viele immer noch auf Einflüsterungen herein, dass "eines der sichersten Länder der Welt", wie Horst Seehofer es nannte, so sicher gar nicht sei.
Mehr Licht
Die im Dunkeln sieht man nicht, wie schon Bertolt Brecht erkannte. Deshalb hieß es "Mehr Licht" (Johann Wolfgang von Goethe). Ein ehemaliger Bundespräsident warnte vor Dunkeldeutschland, Forscher und Forschende spürten dem Unbekannten nach: Bringt mehr Beleuchtung mehr Sicherheit? Oder erhöht sie nur die Risikobereitschaft? Und führt "als Gestaltungsmittel im abendlichen Raum" (Deutschen Lichttechnische Gesellschaft) zu mehr Kriminalitätsbelastung, weil nun auch die glauben, auf die Straße und die Parks gehen zu müssen, die ohne Licht daheim geblieben wären?
Mit der richtigen Haltung (Dunja Hayali) gestellt, ist die Antwort einfach: Es kommt immer darauf an, was gerade opportun erscheint. Galt die Sorge, sich bei mehr Dunkelheit weniger sicher zu fühlen, im düsteren November vor drei Jahren noch als legitim und der Versuch, die Angst mit Goethes "mehr Licht" einfach "wegzuleuchten" (Südkurier) als weiterer naheliegender Schritt hin zu einem Deutschland, "in dem wir gut und gerne leben" (CDU), werden in Anbetracht der Energiekrise andere Erkenntnisse wichtiger. Vieles ist wichtig in diesen Tagen, Licht aber ist es nicht.
Beleuchtung als Haltungsfrage
Sicher, das Land hat vieles, aber "kein Stromproblem" (Robert Habeck). Doch vor die Wahl gestellt, zurückzukehren nicht nur zur klimaschädlichen Braunkohleverstromung, sondern auch zur CO2-neutralen Kernenergie, stellt sich die öffentliche Beleuchtung als Haltungsfrage heraus. Finstere Ecken, eben noch "nicht ausreichend ausgeleuchtet, was bei vielen Passanten in der Dunkelheit zu Unwohlsein führt" (Weser-Kurier), entpuppen sich über Nacht als hinterlistige Lichtfallen. Zu teuer und mit "kaum Einfluss auf die Zahl der Gewaltdelikte" (WDR), verbraucht die Illuminierung von Innenstädten vollkommen unnötig rare Ressourcen, die sich ein Land im Belagerungszustand nicht mehr leisten kann.
Wenn anderes wichtiger wird, wird Wichtiges nebensächlich. Ein subjektives Unsicherheitsgefühl, gespeist von einer unaufhörlich anrollenden Woge aus Überfallmeldungen aus dunklen Parks, reicht nun nicht mehr aus, nach Beleuchtungsmaßnahmen zu rufen. Dass zum Energiesparen abgeschaltete Straßenlaternen "unsere Sicherheit" (Quarks) bedrohen, ist nun "eher unwahrscheinlich", "internationale Studien" (Quarks) belegen das. Anderslautende Studien nicht, aber deren Zeit ist nun vorüber. Haltung hat mehr Einfluss auf das subjektive Sicherheitsgefühl als Beleuchtung.
Angstfrei durch dunkle Ecken
Die "uneingeschränkte, angstfreie Teilnahme am Leben im öffentlichen Raum" (Universität of Chicago) galt lange als zentraler Aspekt der sozialen Sicherheit, schließt die individuell empfundene Furcht, sich durch finstere Ecken und unbeleuchtete Parkanlagen zu Kneipen, Kinos oder Theater zu tasten, doch ganze Gruppen der Bevölkerung von bestimmten Freizeitbeschäftigen aus. Ganz unabhängig davon, ob deren Furcht statistisch begründet oder nur durch übertriebene Medienberichterstattung induziert wurde.
Doch sozialwissenschaftliche Erkenntnisse, nach denen sich vor allem Frauen und verstärkt ältere Frauen bei Dunkelheit im öffentlichen Raum unbehaglich oder unsicher fühlen und Angst vor Übergriffen oder körperlicher Gewalt haben, lassen sich mit der richtigen Haltung eben auch anders deuten. Eine hohe Helligkeit in der direkten Umgebung löst zwar das größte Sicherheitsgefühl aus, vergrößert aber die tatsächliche Sicherheit objektiv womöglich gar nicht.
Angsträume ohne Schrecken
Mit der richtigen Bereitschaft, die eigenen Empfindungen zu prüfen und die "Angst davor, im Dunkeln dumm angemacht, belästigt oder bedroht zu werden" (WDR) beiseitezuschieben, kann Dunkeldeutschland im Winter zur leuchtenden Fackel eines neuen Selbstvertrauens werden. Die klassischen Orte, "an denen nicht ausreichende oder gar keine Beleuchtung sogenannte Angsträume" schaffen, die kleinen Nebenstraßen, Unterführungen, Wege in Parkanlagen und Tunnel, sie verlieren ihren Schrecken, wenn niemand sie mehr fürchtet.
Bis das bewältigte Stromproblem die andere Haltung dazu erlaubt.
Quelle: https://beruhmte-zitate.de/zitate/128062-johann-wolfgang-von-goethe-mehr-licht/
3 Kommentare:
Die internationalen Studien haben sicher recht. Schließlich hat Straßenbeleuchtung Silvester 2015 in Köln auch keiner Frau geholfen. Das war also schon damals Energieverschwendung. Aus das Licht!
https://mobile.twitter.com/QuarkDDR/status/1560710911198912513?cxt=HHwWgoCzscCT4agrAAAA
ja, die sind gut
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