Nur der Mond beleuchtet Deutschland nächtens noch - er schickt keine Rechnung. |
Nun gehen Lichter aus, vorsorglich, aber flächendeckend. Im Zuge der Sparanstrengungen im Überlebenskampf gegen Russland ergreifen immer mehr Kommunen die Initiative. Freibäder werden inmitten des Klimasommers nicht mehr beheizt, Schulen wird mitten in den Schulferien das warme Wasser abgedreht, weltbekannte Mahn- und Baudenkmale müssen an hellen Sommerabende auf ihre Beleuchtung verzichten. Wie erst die Lage wirklich eingeschätzt wird, zeigt der FC Bayern München, der beschlossen hat, sein Allianz-Arena nicht mehr sechs Stunden am Tag rot anzustrahlen. Sondern nur noch drei.
Großes Gemeinschaftswerk
Es ist ein großes Gemeinschaftswerk, das hier vollbracht wird. Nord und Süd, aber selbst Ost und West ziehen an einem Strang in eine Richtung. Runter mit dem Verbrauch. Rauf mit der Hoffnung, die Gasspeicher schnell zu füllen. Wie damals, als es galt, gegen dieses und jenes Zeichen zu setzen, indem dies und das bunt angestrahlt wird, wird diesmal gepunktet, indem das Licht ausgeht. Nicht dort natürlich, wo es wenigstens einen kleinen Effekt hätte - das Eröffnungsspiel der Fußball-Bundesliga findet selbstverständlich statt, im Free-TV, damit möglichst viele Fernseher glühen. Und unter Flutlicht sowieso, damit alle alles sehen.
Es geht um den bestmöglichen Start in die Heizsaison, aber auch um einen Rest an Behaglichkeit, ehe es mit Blick auf die EM im Land des Flüssiggaspartners Katar ungemütlich wird. Der Verzicht auf Dusche, Händewaschen, Kühlschrankbier und selbst die geplanten Probebohrungen am Schloss Bellevue, das künftig vielleicht mit reiner Erdwärme beheizt werden soll, könnten knapp nicht reichen. Selbst die Anschaffung von acht Hybrid-Limousinen und vier Fahrrädern für den ersten Mann im Staate machen das Erreichen der deutschen Klima- und Energiesparziele kaum realistischer.
Leute mit Ideen
Wenigstens aber haben Greenpeace und die Deutsche Umwelthilfe Ideen, wie es besser gehen könnte als mit freiwilligem Verzicht. Wie Spanien solle Deutschland gesetzliche Vorgaben zum Energiesparen erlassen, um "der Verschwendung von Energie hierzulande ein Ende zu bereiten", diktierte DUH-Vereinschef Sascha Müller-Kraenner Reportern des SPD-eigenen Redaktionsnetzes Deutschland. Martin Kaiser, Vorsitzender des Vereins Greenpeace Deutschland, der zuletzt fast ein Drittel seiner Spenden für Verwaltung und Spendenwerbung ausgab, forderte von Bundesschaftsminister Robert Habeck, "den Aspekt der Freiwilligkeit aus dem Energiesicherungspaket zu streichen und in die verpflichtende Umsetzung im öffentlichen und industriellen Bereich zu kommen".
Durchgreifen statt betteln, anweisen statt bitten und keine großen Diskussionen mehr, ob und wann und wer wie viel. Preissignale, die die Nachfrage nach Waren je mehr senken, je teurer sie werden, es genießt im progressiven Berlin wie im progressiven Hamburg kein großes Vertrauen mehr, seit die neue CO2-Steuer keinerlei Verhaltensänderung bei irgendwem auslöste, obwohl ihre versprochene vollständige Rückzahlung an die durch die Mehrkosten geplagten Bürgerinnen und Bürger ein Versprechen blieb wie die Abschaffung der Sektsteuer im Kaiserreich, wenn nur erst die deutsche Hochseeflotte mächtig genug geworden sei.
Mit oder ohne Bundessparbefehl
Kommt der Bundessparbefehl, wird es schneller gehen. Kommt er nicht, dauert es womöglich doch bis zu dem Tag, an der letzte Gas- und Stromkunde seine neuen Vertragsbedingungen mitgeteilt bekommen hat. Dann gehen die Lichter aus, überall und solidarisch. Dunkeldeutschland wird nicht mehr nur der Osten sein, sondern überall. Die "gleichwertigen Lebensverhältnisse“, die seit der
Verfassungsreform von 1994 weitsichtig die "Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse" ersetzt haben, von denen die Verfassungsmütter und Väter 1949 noch geträumt hatten, sie sind dann da. Man wird sie nur nicht sehen können.
1 Kommentar:
In Spanien sparen sie Energie, indem sie auf Krawatten verzichten. Das finde ich super. Ich spare auf diese Weise schon seit 44 Jahren. Das könnte die Regierung ruhig mal honorieren.
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