Die Bürgerinnen und Bürger in der EU sollen sogar beim Duschen sparen, die EU-Kommission aber lässt ihre Klimaanlagen weiter laufen, als habe es nie eine Zeitenwende gegeben. |
Er war als Tigersprung geplant, der große EU-Gasnotfallplan. Und endete wie als üblich als Bettvorleger, vielfach geflickt, mit dünnen, fadenscheinigen Stellen, nützlich nur an Tagen,m an denen es weder kalt ist noch regnet. Ein Sieg dennoch für die EU-Kommission, die für Energiepolitik in der Wertegemeinschaft ausdrücklich nicht zuständig ist, nun aber auch auf diesen fremden Fachgebiet mitreden kann. Ein weiteres Mal hat die frühere deutsche Serienministerin Ursula von der Leyen gezeigt, über welch großartige strategische Fähigkeiten sie verfügt: Die EU-Kommissionspräsidentin zieht die richtigen Strippen, sie weiß genug über die richtigen Leute und sie schämt sich nicht einen Moment, wenn sie für sich selbst und die ihren kategorisch Sonderrechte beansprucht.
Ein Sieg für die Symboltafel
Denn bei allem Spargebahren, trotz Notfallplänen und Gasgürtelengerparolen sieht die EU-Kommission selbst bisher keinerlei Grund, sich an der internationalen Kraftanstrengung zu beteiligen, mit der die EU Wladimir Putins Energieangriffe kontern will. Als die 63-Jährige jetzt unvorbereitet gefragt wurde, wie in der Kommission gespart wird und ob die Klimaanlagen der EU in diesen Tagen trotz der Hitze ausblieben, schien die CDU-Politikerin für einen Moment überrascht, überfordert und vollkommen ungeschützt.
Ein wunderbarer und außergewöhnlich schöner Augenblick unfassbarer Klarheit und Transparenz, in dem Wortgedöns und Propaganda sich unversehens auflösen und die Wahrheit zu Besuch kommt. Von der Leyen hätte mit einem klaren und eindeutigen "Ja" antworten können - schließlich fordert die in ihrem Streben nach der deutschen Kanzlerschaft so traurig gescheiterte Tochter des ehemaligen Ministerpräsidenten von Niedersachsen Ernst Albrecht angesichts eines drohenden Gasnotstands Bürger und Unternehmen seit Wochen dazu auf, so gut es geht Energie zu sparen.
Die Kommission ganz vorn
Natürlich macht die EU-Kommission da mit, schließlich plant sie sowieso schon ganz, ganz lange, Jahr für Jahr drei Prozent aller öffentlichen Gebäude in der EU energetisch sanieren zu lassen und dabei selbst die EU-eigenen Glaspaläste nicht außen vor zu lassen. Die Teilnahme der EU-Führung der Gemeinschaft an der Aktion "Frieren für den Frieden", die Altbundespräsident Joachim Gauck auf dem Höhepunkt der ersten emotionalen Wünsche nach einer deutschen Kriegsbeteiligung ins Leben gerufen hatte, stand also außer Frage, jahreszeitlich bedingt allerdings als "Schwitzen für den Frieden".
Bis Ursula von der Leyen Klartext sprach: Kein einfaches, eindeutiges "Ja" kam der EU-Chefin auf die Frage nach den abgeschalteten Kommissionsklimaanlagen über die Lippen. Sondern eine der leyenschen Wortwolken: "Je nach Einsparpotenzial werden wir zum Beispiel die Temperatur anpassen und die Betriebszeit von Heizungen, Klimaanlagen und Beleuchtungen optimieren", sagte Ursula von der Leyen und das "werden" betonte den zukünftigen Charakter des ehrgeizigen Vorhabens.
Ausweichen und wegtricksen
Knapp sechs Monate nach Kriegsbeginn, nach Verkündigung der härtesten Sanktionen aller Zeiten und damit sechs Monate nach dem Start einer Auseinandersetzung auf dem Schlachtfeld der Wirtschaft lässt die EU-Kommission ihre Büros offenbar weiter unter Volllast kühlen, als gäbe es keine Zeitenwende, keine zu befüllenden Großgasspeicher und keine Erdgasnot im EU-Kernstaat Deutschland. Von Belgien aus gesehen, das sein Gas vor allem aus Norwegen, Großbritannien und den Niederlanden bezieht, ist die Lage entspannt genug, es bei theoretischer Solidarität zu belassen, eines Tages, wenn es Not tut.
Wir alle können etwas tun, um die Abhängigkeit von russischem Gas zu verringern", hat Ursula von der Leyen ihre Erkenntnisse aus der angespannten Situation noch einmal betont. Tun können heißt in der politischen Logik der Chefin einer Behörde mit mehr als 32.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern jedoch nicht, dass getan wird. Ist es draußen heiß, sinkt die Stimmung in den Verwaltungsstuben mit steigender Temperatur auf den Nullpunkt, das weiß Ursula von der Leyen nach Jahrzehnten in allerlei politischen Funktionen. "Natürlich sollte der öffentliche Sektor dabei mit gutem Beispiel vorangehen", sagt sie deshalb und sie bestätigt: "In der Europäischen Kommission tun wir das."
Das Geständnis der Kommissionspräsidentin
Nicht jetzt gleich aber, nicht voller Hast und getrieben von Ereignissen, so grundstürzend sie auch sind. Ursula von der Leyen, deren "Fit for 55"-Plan auch nach einem Jahr andauernder Beratungen nicht abschließend beschlossen ist, denkt in größeren Zusammenhängen, mit viel längerem Atem. "Unser Ziel ist es, als Behörde bis 2030 klimaneutral zu sein", hat sie auf die Frage nach der Abschaltung der EU-Klimaanlagen geantwortet und den Fragesteller damit gemahnt, "nie den größeren Zusammenhang vergessen".
Putin überziehe "die Ukrainerinnen und Ukrainer mit einem ungerechtfertigten, brutalen Krieg", der nicht mit kleinlichen Fragen nach der Bereitschaft der EU-Elite zu persönlichen Entbehrungen zu gewinnen ist. Ursula von der Leyen ist sicher: "Wir sollten alles dafür tun, ihm den Geldhahn abzudrehen." Nicht die Klimaanlagen in Brüssel.
6 Kommentare:
Im Führerbunker werden Licht, Essen und Tabletten natürlich zuletzt ausgehen.
Pommade und Prillantine nicht vergessen. Soviel Spachtelmasse muß sein, um den Endsieg herbeizuklimatisieren.
"In Deutschland gibt es ein Gesetz, nach dem Menschen Tweets melden können, von denen sie glauben, dass sie gegen Gesetze verstossen. Bis jetzt wurde ich auf Twitter nie zensiert, wohl aber bei Facebook." ( https://www.nzz.ch/international/energiewende-michael-shellenberger-kritisiert-den-alarmismus-ld.1694286)
"Wenn man keine billige Energie hat, hat man keine Zivilisation." ebenda
"Wenn man keine billige Energie hat, hat man keine Zivilisation."
Das steht vermutlich direkt so im grünen Parteiprogramm, bloß als Ziel.
der war gut. ist gut
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