Freitag, 1. Juli 2022

Hartes Geld und weicher Keks: Franken und frei

Schweizer Franken Parität zum Euro
Lange hat es gedauert, aber nun ist es soweit: Der Schweizer Franken  ist so viel wert wie ein Euro.

 
Was hat der Staat kann, kann nur der Staat, aber was danach passiert, kann auch er meist auch nicht verhindern. Erst kommt nichts, dann kommt alles auf einmal: Jahrelang hatte die Europäische Zentralbank versucht, die Inflation in den alternden Gesellschaften der Euro-Gemeinschaft zu befeuern und obwohl sie dazu in einem Jahrzehnt anderthalb mal mehr Geld druckte, als es am Tag der Euroeinführung gegeben hatte, passierte ewig nichts. Nichts Spürbares jedenfalls: Zinsen bei Null, Wohlstand unter der Decke. Die wenigstens Euro-Bürger nur merkten, dass die Geldentwertung längst da war, nur eben nicht im Supermarkt, sondern an den Börsen, auf dem Immobilienmarkt und beim Goldpreis.
 

Die D-Mark ist wieder da

 
Jetzt aber ist das Entsetzen groß. Und es ist auf einmal für jedermann greifbar. Gerade erst hat der Schweizer Franken die Parität zum Euro durchbrochen. Zum Euro! Vor 25 Jahren noch hatte es für eine Deutsche Mark beinahe einen ganzen Franken gegeben. Dann gab es für zwei Deutsche Mark einen Euro. Und heute nun gibt es für diesen Euro wieder -  einen Schweizer Franken! So, als wäre der Euro nie eingeführt und die D-Mark nie abgeschafft, sondern nur kurz unbenannt worden.
 
E
in schöner Erfolg der Ewiggestrigen, die sie damals gar nicht hatten abgeben wollen und ihre irrigen Ansichten mit Argumenten zur bedrohten Geldwertstabilität, zum Risiko der so unterschiedlichen Wirtschaftskraft in den Euro-Staaten und zu den Risiken der beinahe automatischen Vergemeinschaftung der Staatsschulden aller Euro-Länder durch den fehlenden Ausschlussmechanismus verteidigten. So schlimm ist es doch gar nicht geworden. Sondern schlimmer. Wer vor 20 Jahren 100.000 Franken in Mark umtauschte, der bekam dafür 116.000 D-Mark, die wurden zu 58.000 Euro, die heute noch genau 58.000 Franken wert sind. Wer seine Franken dagegen behielt, hat sie immer noch: 100.000 von damals sind 100.000 heute, nur jetzt in eben Euro.   

Euro mit der Kaufkraft einer halben D-Mark

 
42.000 Euro Gewinn, nicht etwa dadurch, dass der Wert des Franken sich nahezu verdoppelt hat. Vielmehr ist die Kaufkraft des Euro gesunken: beinahe im Gleichschritt mit der ausgeweiteten Geldmenge hat sich der Wert des Euro in den vergangenen Jahren beinahe halbiert. Viel wird nicht darüber geredet, niemand mag sich überhaupt vorstellen, dass beides miteinander zu tun haben könnte. Dass die Inflationsrate in der Schweiz derzeit bei 2,9 Prozent liegt, während die Eurozone betroffen und ratlos eine von 8,1 anstaunt, muss mit nichts zu tun haben, es darf nicht und wenn doch, dann käme das ganz überraschend.
 
Wer rechnet denn auch damit, dass der Wert eines Zahlungsmittels fällt, wenn seine schiere Menge  nicht mehr Schritt hält mit der Menge der verfügbaren Waren? Der Oranienburger Makroökonom Gerd Zacharias Heidlich hat das Phänomen vor Jahren bereits experimentell nachgewiesen. Heidlich stattete dazu eine Runde von zehn  Menschen mit zehn Bierflaschen und zehn Ein-Euro-Stücken aus, fünf der Probanten waren bekennende Biertrinker, jeder von ihnen bekam eine Flasche, dazu aber auch einen Euro, ebenso stattete der Wirtschaftssoziologe die fünf Nicht-Trinker aus.
 

Fünf blanke Trinker

 
Nach sieben Stunden unter Abschluss war das Erwartete eingetreten: Die fünf Trinker waren blank, die fünf Anti-Alkoholiker hatten ihre Bierflaschen sämtlichst verkauft, zum Preis von je einem Euro. Soweit, so erwartbar. Gerd Zacharias Heidlich aber ging noch weiter. Er wiederholte den Test mit wiederum zehn Bierflaschen, diesmal aber mit je zehn Euro für jeden Probanten. Diesmal dauerte es neun Stunden, dann aber hatten wiederum all Bierflaschen den Besitzer gewechselt. Diesmal jedoch für je zehn Euro.
 
Ohne weiteres Zutun von irgendwem hatte sich der Bierwert verzehnfacht, einfach dadurch, dass das Geld da war und zu sonst nichts nütze. Heidlich hat später vermutet, sein Experiment habe eine eingebaute "Unendlichkeitsgarantie": "Wir könnten das genauso mit 100-, 200- oder 500-Euro-Scheinen machen", sagte er. Bier selbst habe keinen Wert. Der ergebe sich allein aus der Menge der verfügbaren Zahlungsmittel und steige, wenn die Menge des Biers begrenzt, die des Geldes aber unbegrenzt sei.
 

Unbekannter Klassiker

 
Die Testanordnung des Oranienburger Wissenschaftlers gilt in der Geldwertkunde als Klassiker, sie ist außerhalb der Elfenbeintürme der Euro-Erklärer aber bis heute kaum bekannt. Deutsche Politiker*innen wie kritische Medienschaffende halten steigende Preise für eine mathematische Funktion von Putin, sie betrachten Tankrabatte als großzügige staatliche Gabe, die ungeachtet aller Umfeldbedingungen zu gewähren sei, whatever it takes, wie der Zentralbanker sagt, wenn die Kacke richtig dampft.
 
Das tut sie nun immer, die ganze Zeit, so kräftig, dass keine Beschwörungsformel mehr hilft.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Klasse Kommentar!

Die Amis auf Kurs
Grüsse
kosh

Anonym hat gesagt…

Guhgltränsläht Hebräisch -Deutsch? Oder was war das jetzt?