Ein unbekümmerter Umgang mit strikten Verwendungsverboten zeichnet den Polen als solchen bis heute aus. |
Eher diktatorisch als demokratisch, eher widerspenstige Feinde der EU als deren innige Freunde, immer auf eigenem Kurs, nur mühsam zu bändigen von den gemeinsamen Anstrengungen der Erwachsenen auf dem Kontinent, die jahrelang über die offenkundigen Schwächen der Partner an der Ostflanke hinwegsahen, Aufbaubemühungen mit Milliarden unterstützten und sich selbst noch solidarisch zeigten, als Rechtspopulisten bereits die Macht übernommen und die unabhängige Justiz ausgehebelt hatten.
Vergebliche Mühen
Die EU und Polen, vor allem aber Deutschland und Polen, das war stets ein schwieriges Kapitel Gartennachbarschaft. Obwohl großzügig in die Europäische Gemeinschaft aufgenommen, verabsäumten es die Polen über Jahre, sich dankbar zu zeigen. Statt zu tun, was gesagt wurde, sträubten sie sich, sie beharrten auf vermeintliche eigenen Traditionen, obwohl die meist aus nicht viel mehr als aus Ressentiments, Steinzeitglauben und einem Hang zur Unterdrückung von Minderheiten bestand.
Man wehrte sich gegen das Fremde, man schaute am liebsten auf das Eigene und den eigenen Vorteil. In Polen werden strikte Wortverwendungsverbote störrisch ignoriert, nationale Gefühle finden öffentlich Ausdruck, man ist in Warschau und Gdansk, dem früheren Danzig, stolz auf das, was man ist, nicht darauf, zu sein wie alle anderen. Nur die Langmut in Brüssel, aber auch in Berlin, das seit dem Hades-Plan nicht mehr in Jahresscheiben, sondern in Zeitaltern denkt, verhinderten den offenen Bruch zwischen den Machthabern in Warschau und der zivilisierten Welt.
Demokratieabbau im Nachbarland
Der Ruf Polens aber, er war natürlich mehr als schwer angeschlagen. Viele Deutsche vor allem im Osten sahen sich durch Schlagzeilen über den Demokratieabbau im Nachbarland in ihren Vorurteilen über faule Polen bestätigt, die Regierungsbeteiligung von PiS-Rechtsfaschisten stieß auf breite Ablehnung, auch das Festhalten des Nachbarn an seinem Zloty wurde als Affront begriffen. "Als ob unser stabiler Euro ihnen nicht gut genug ist", schimpften die Menschen in Bautzen und Essen. Bemühungen der EU, die bockigen Polen zu ihrem eigenen Besten erziehen, fruchteten nicht.
Ungeachtet der Aufbauleistung, die die Polen in den vergangenen drei Jahrzehnten geleistet haben, um aus ihrem noch Anfang der 80er Jahre unter Hungersnöten leidenden Land einer blühende Landschaft für Logistiker zu machen, galt das polnische Image in Deutschland als ruiniert. Zu eigensinnig, zu ungestüm, zu wenig verlässlicher Nachbar und guter Freund, so hieß es lange im politischen und medialen Berlin. Die Früchte werden nun geerntet, wo sich der Pole als solcher vom Fleck weg in einen vorbildlich solidarischen Europäer verwandelt hat, der vom hohen moralischen Roß herunterschaut auf die Berliner Ampelregierung, doch ein wenig bedauernd, wie sehr der "Ruf Deutschlands in Polen" (Taz) gelitten hat.
Ruinierter Ruf
Nun sind sie alle beide ruiniert, die Rufe der Nachbarn. Vom „verlässlichen Partner, guten Nachbarn und Freund Polens“ ist seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine in Warschau keine Rede mehr, analysiert die Berliner Taz. War es bislang nur die deutsche Presse, die gegen die nationalpopulistische Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) anschrieb, als müsste sie 38 Millionen Polen aus deren Joch befreien, sehen nun auch die Menschen in "Krakau, Lodsch, Posen und Danzin" (Statista.de) "täglich und mit wachsendem Entsetzen, dass deutsche Politiker unfähig sind, schnelle Entscheidungen zugunsten der Opfer in diesem Krieg zu fällen".
Polens Präsident Andrzej Duda hat den Deutschen Wortbruch vorgeworfen, Bundeskanzler Olaf Scholz, der seinen Antrittsbesuch in Warschau noch genutzt hatte, die Polen "zurechtzustutzen" (Focus), hat zuletzt gar nicht mehr von Polen gesprochen. Für Warschau eine "große Enttäuschung", sehnt Polen sich doch traditionell nach deutscher Zuwendung, nach Anerkennung und Liebe, nach einem einfachen "Gut gemacht" oder einem Schulterklopfen.
Viel höhere moralische Maßstäbe
Eine Sehnsucht, die Deutschland nicht erfüllen konnte, weil die moralischen Maßstäbe, mit denen in Berlin, aber auch in den Redaktionsstuben in Hamburg, Köln, München und Frankfurt gemessen wird, außerhalb der urbanen Viertel des deutschen Bionadeadels kaum zu erreichen sind. Polen nutzt immer noch Kohle, Polen will Kernkraftwerke bauen, Polen unterdrückt die LBGTOWHGFAK-Gemeinde und verweigert sich nicht nur der längst fälligen Euro-Pflicht, sondern auch dem deutschen Abtreibungskonsens. Auf den Trick, sich mit einer billigen Bahnreise nach Kiew - 15 Stunden, 45 Euro - Ablass zu kaufen, fiel nicht einmal Walter Steinmeier herein.
Die Warschauer Strategie ist klar. Bei den geplanten EU-Sanktionen gegen Russland fordert Polen immer mehr als gerade möglich ist, um davon abzulenken, dass die von der EU gegen Polen verhängten Strafzahlungen nach wie vor nicht bezahlt worden sind. Benutzt werden dabei die "PiS-Propagandamedien" (Taz), zu denen "auch das ehemalige öffentlich-rechtliche Fernsehen" (Taz) gehört, dessen antideutsches Narrativ mit der Zeit fast alle anderen Medien übernommen haben.
Polen ist noch nicht verloren
Berlin ist verschreckt von der Schubumkehr, erschüttert vor allem davon, dass sich die eigenen Medien nun als Propagandisten der PiS-Position verstehen, die behauptet, dass Deutschland im Grunde wie 1941 und 1942 mitverantwortlich an der Situation in Ukraine ist. "Man könne den Eindruck gewinnen, dass Deutschland die falschen Lehren aus der Geschichte gezogen habe", heißt es unwidersprochen, mit ihrem ständigen Bremsen bei der Lieferung schwerer Waffen würden die Deutschen einmal mehr "Schande auf sich laden". Das Gegenteil dessen tun, was falsch war, ist nicht richtig, das Richtige zu tun ist nie falsch.
Polen ist noch nicht verloren. Aus deutscher Sicht muss das Land, dass in seinen besten Teilen so lange fast Deutschland war, einfach nur wieder mehr Deutschland werden, mehr deutsche Positionen teilen und deutsche Ansichten vertreten. Dann wird es seinen Ruf auch wieder reparieren können.
2 Kommentare:
für mich bitte das Kotlet Zylinsky mit Cyganskimsoße
US-Interessen stechen EU-Krümelkackerei. Wie schnell die Leute 180-Grad-Wenden hinbekommen, macht einen schwindlig.
Und hoppla, den den strammen Atlantikern bei der Achse ist ein schöner Satz durchgerutscht:
Aber der Westen will eines der größten Energielieferländer der Welt ... in die Knie zwingen.
(Gerd Held)
So sieht's aus.
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