Wichtiger als eine echte Entlastung wegen höherer Energiepreise war der gute Eindruck, den das "Entlastungspaket" machen soll. |
Ursprünglich war gar nichts drin, nüscht mehr da, kein Cent, nicht einmal das versprochene Energiegeld für alle, dieser Schluck aus der CO2-Flasche, den eigentlich schon die Klima-Vorgängerregierung fast fest versprochen hatte. Mitte Februar dann hatte der Staat dann schon wieder so supergut gewirtschaftet, dass der Finanzminister die Taschen weit öffnen konnte.
Ein paar Milliarden purzelten heraus, für jeden etwas im Schüttelbeutel, wenigstens gefühlt, denn die Medien spielten mit. Zwar gab der Staat nicht einmal zehn Prozent der Mehreinnahmen als "spürbare Entlastungen" (DPA) zurück, die durch die russische Invasion in der Ukraine einheimste. Aber als "großzügiges staatliches Hilfspaket" verkauft, verschaffte die edle Spende zumindest so viel Manöverraum, dass vier Wochen lang Ruhe war im Karton. Mehr war nicht drin! Wird nicht drin sein!
Druck der Verhältnisse
Bis der Druck der Verhältnisse denn doch zu groß wird und das nächste Niemalsnicht den Weg aller ewigen Gewissheiten ging. Kaum stehen die ersten Landtagswahlen des Jahres an, kommt das nächste "Entlastungspaket" (®© BWHF), wenigstens gefühlt. Tief greifen Finanzminister und Bundeskanzler zwar nicht in die Staatsschatulle, dafür aber in die Trickkiste: Nach elf Stunden Nachtsitzung, in denen es wie immer vor allem darum gegangen war, wie die divergierenden Wunschlisten der drei Regierungsparteien wenigstens anscheinshalber als ein Gesamtkonzept gebündelt werden könnten, gebar der Berg eine mächtige Maus aus "bis zu 20 Milliarden Euro!" (Bild) Entlastung.
Nach einer raffinierten Formel wird die Energiesteuer so gesenkt, dass aus ihrer Verringerung und der sich daraus ergebenden Senkung der Umsatzssteuer ein um 30 Cent niedrigerer Benzin- und ein um 14 Cent niedrigerer Dieselpreis entsteht. Busse und Bahnen sind bundesweit für 90 Tage ab einem - noch nicht festgelegten Stichtag - zum symbolischen Preis von 30 Cent pro Tag nutzbar.
Energiegeld für den Finanzminister
Damit ist die Mobilität in Kriegszeiten abgesichert, den Rest erledigen staatliche Heizzuschüsse, deren Vergabe einem komplizierten Tanz um einen unsichtbaren Mittelpunkt gleicht: Hartz-IV-Empfänger bekommen den Einmal-Zuschlag vom Februar, nun aber doppelt, Familien erhalten 100 Euro pro Kind, aber nur einmal. Wer einer einkommenssteuerpflichtige Arbeit hat, soll nicht frieren müssen und deshalb beteiligt sich der Bund über eine vom Arbeitgeber zu zahlendes "Energiegeld" (®© BWHF) an den Kosten von Kochfeuer, Heizung und Warmwasser. Die auszuzahlenden 300 Euro sind allerdings nach dem persönlichen Steuersatz einkommenssteuerpflichtig, so dass sich Finanzminister Christian Lindner einen Großteil der Spende umgehend zurückholen kann.
Notgeburt mit der Zwangszange
Nicht schlecht für eine Notgeburt mit russischer Zwangszange, die dazu angetan ist "die Menschen und die Wirtschaft angesichts dieser enormen Preissteigerungen kurzfristig und befristet zu schützen", wie Lindner gesagt hat. Das geschieht nach deutschen Maßstäben rasch, vielleicht sogar schon am Juni oder Juli, auf jeden Fall aber ohne dass Rentnerinnen und Rentner in ihrer Planung der Bezahlung künftiger himmelhoher Heizkostenrechnung gestört werden: Rentnende sind keine einkommenssteuerpflichtig Erwerbstätigen und damit auch nicht betroffen von der Auszahlung des Energiegeldeszustimmen. Ihnen bleibt es damit auch erspart, den großzügigen Zuschuss extra zu versteuern.
Hilfe mit Augenmaß, die sich nicht nur der FDP, sondern nach Angaben der "Tagesschau" "vor allem SPD und Grünen" (Zitat) verdankt. Denen sei es besonders wichtig gewesen, eine Regelung zu finden, nach der einfach nicht jeder, der wegen der gestiegenen Preise mehr ausgeben müsse, ein wenig davon zurückbekomme, sondern bei der Gelegenheit gleich einen gerechtigkeitserweiternden Weg hin zum Endziel eines gesamtgesellschaftlichen Ausgleichs für alles einzuschlagen.
Die schweigsamen Schuldigen
Ein bisschen Schwund ist dabei immer, und wenn Rentnerinnen und Rentner es warm haben wollen, dann sollen sie eben die Hände aneinander reiben. In der professionellen Erleichterung der begleitenden Chöre, Orgeln und Orchester war keine Zeit für falsche Zwischentöne und das Gejammer derjenigen, die sich wieder zu kurz gekommen fühlen. Die Betroffen*Innen aber wissen selbst: Sie waren es doch, die den Krieg verloren, die die Öl- und Gaspipelines nach Russland gezimmert und all die Gasheizungen in deutsche Wohnungen eingebaut haben. Diese Schuld macht schweigsam. Proteste also sind nicht zu befürchten.
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