Donnerstag, 24. März 2022

Meta und die Wahrheitsfabrik DPA: Eine für alles

Das Wunder der Nachrichtenproduktion: Der Fotograf der Bundesregierung drückt auf den Auflöser, wenig später schon hat DPA das Bild in unabhängigen Journalismus verwandelt.  

 

Die Physik sucht sie schon langem, die eine einheitliche Theorie von allem, die alles zugleich erklärt und begründet, prüft, widerlegt und bestätigt. In der deutschen Nachrichtenlandschaft hingegen ist sie nun gefunden, die eine einheitliche Informationspraxis für überall und immer. Die amtliche Nachrichtenagentur DPA übernimmt nun nach der Belieferung von 713 der 712 deutschen Medienhäuser und der Faktenprüfung der darin enthaltenen Tatsachen in sozialen Netzwerken auch die sogenannte Kuratierung des Dienstes Facebook News.  

Widerspruchsfreie Unabhängigkeit

DPA, ein Unternehmen im gemeinsamen Besitz der Abnehmer der DPA-Nachrichten, gelingt damit ein großer Wurf. Erstmals schließt sich die Informationskette aus dem politischen Berlin bis hin zum Nachrichtenadressaten zum Beispiel maßnahmekritischen Spaziergangsmilieu in Sachsen. Wenn Facebook ab April alle Inhalte für Facebook News auswählt, gewichtet und passgenau macht, dürfen sich Nutzer des Dienstes der Plattform Meta auf widerspruchsfreie Unabhängigkeit freuen. Derzeit ist DPA zwar bereits Urheber, Verarbeiter, Verwandler und Veredler von etwa 67 Prozent aller in deutschen Medien verwendeten und von TV-Anstalten, Zeitungen, Zeitschriften und Internetplattformen verbreiteten Inhalten. 

Doch mit der Meta-Partnerschaft erreicht die 1949 gegründete frühere Genossenschaft eine neue Tiefenwirkung: DPA fertig nun nicht mehr nur Nachrichten an und prüft später gemeinsam mit anderen angesehenen Firmen der Faktencheck-Branche, ob sie zutreffen sind. Sondern das von einem studierten Öffentlichkeitsarbeiter geführte journalistische Großunternehmen sitzt nun auch selbst direkt an der Schaltstelle, an der entschieden wird, welche Nachrichten, Fakten und Meinungen überhaupt öffentlich präsentiert werden sollen.

Gewohnte Verarbeitungstiefe

Wuppen soll die Mammutaufgabe ein neues Team, dem die Übertragung der gewohnt hohen Verarbeitungstiefe bei DPA in einen neuen Produktionsbereich zugetraut wird. Bisher galt als größtes Wunder der DPA-Nachrichtenbrikation in mehr als 100 Standorten, wie es der Agentur Tag für Tag gelingt, etwa ein von einem festangestellten Fotografen der Bundesregierung angefertigtes Promotion-Foto der früheren Bundeskanzlerin bei einem Promi-Treffen mit dem amerikanischen Kaffeepad-Werber und Frauenschwarm George Clooney binnen weniger Augenblick in hochwertigen, unabhängigen Journalismus zu verwandeln.

Eben noch reine Werbung, wird das Bild durch die Verbreitung als DPA-Produkt im Handumdrehen zu purem Nachrichtenwert: Jeder kann nun  sehen, wie der smarte Amerikaner, seitlich von seiner Frau bewundern betrachtet, der deutschen Kanzlerin erklärt, wie sich die Weltprobleme lösen lassen. 

Dieses sogenannte Wunder  der Verwandlung ist nicht das einzige, das DPA zu wirken vermag. Geschätzt in Staatskanzleien, Parteizentralen und Ministerien wird auch das Vermögen der Agentur, flächendeckend bis in die letzte Ecke der Republik gleichlautenden Nachrichtenersatz liefern zu können. Wie Metastasen wachsen die Verteilungsstränge durchs Land. 

Alle nähren sich von DPA

Von kleinen Provinzblättern bis zu den großen Leitmedien nährt sich alles von der Brust der Agentur, allenfalls wird noch ein wenig an dem herumgeschmirgelt, was da aus der Nachrichtenfabrik kommt. Schön für die Redaktionen: Das "Agenturprivileg" enthebt sie von jeder Pflicht, irgendetwas, das DPA meldet, gegenchecken, prüfen oder kontrollieren zu müssen. Selbst die Pressemitteilung einer Partei oder eines Ministers, einmal durch Handauflegen eines DPA-Mitarbeiters veredelt, ist schlagartig keine Meinungsäußerung mit fragwürdiger Interessenlage mehr. Sondern das pures Gold reiner Sachinformation. George Clooney lächelt. Die Kanzlerin lauscht andächtig. So muss es gewesen sein.

DPA ist Wahrheit, Wahrheit ist DPA. Umso schöner, dass die Nachrichtenagentur seit Jahren schon zugleich auch als Faktenchecker für Facebook tätig ist, denn mit fake news kennen sie sich aus bei DPA. Die meisten Nachrichten, die über das soziale Netzwerk verbreitet werden, stammen ohnehin aus der DPA-Nachrichtenküche, wer also könnte besser erkennen, dass das alles sehr wohl ganz genau stimmt? Und nun noch der neue Job als "Kurator" von "News" für Facebook: Endlich fügt sich alles zu einer langen Verwertungskette, die nicht einmal mehr symbolisch irgendwo unterbrochen wird. 

Jedes Wort die Wahrheit

DPA fertigt eine Nachricht an, indem  ein DPA-Mitarbeiter die Pressemitteilung eines Politikers routiniert in DPA-Nachrichtensprache übersetzt oder das Promotionfoto aus einer Parteiveranstaltung mit dem Kürzel DPA versieht. Diese tolle Ware sucht sich DPA dann als Nachrichtenangebot aus, das bei Facebook-News bestimmt nicht fehlen darf. Und steht es dann dort, kann das dritte Profit-Center blitzeschnelle einen Faktencheck vornehmen: Ja, super, jedes Wort an der richtigen Stelle. 

So geht Wirklichkeit.


3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Immerhin auch bald 4 Jahre alt
https://www.youtube.com/watch?v=ZggCipbiHwE
Ein Klassiker aus der Frühphase des Faktencheckertums.

Anonym hat gesagt…

der Schorrsch Kluni hat immer diesen umweltfreundlichen Blick .

auch seine Freundin guckt wie 1000 Klimerjungfraun beim Achtsamkeitswettbewerb .

und nun : wie auf Knopfdruck : "Merkl doch nicht so gut wg Russengas bei 55% "

ich sehe das Problem nicht - müssen wir jetzt alle KriegHURRA brüllen weil der (((kleine))) Politparvenü aus dem C-Staat ständig durch die Kanäle zappt und seine Hetze verbreitet ?

müssen wir jetzt alle die richtige Meinung haben ?

nicht mein Krieg .

Carl Gustaf hat gesagt…

Frage an Sender Jeriwan: Ist es möglich, dass die ukrainiische Volksarmee aus 120km Entfernung einen Russendampfer im Hafen von Berdjansk versenken kann.
Antwort Sender Jeriwan: Im Prinzip nein! Es sei denn, Sender Moskau hat vorher öffentlichkeitswirksam die Zielkoordinaten mitgeteilt.