Am Wochenende hat Corona immer Pause gemacht. Zwei Jahre lang waren die Montagszahlen der Gesundheitsämter um mindestens ein Drittel niedriger als die im Rest der Woche, selbst Omikron, die "besonders hochansteckende Variante" (Lauterbach) des neuartigen Lungenvirus, das gar nicht mehr auf Lunge ging, änderte nichts an dieser Routine. Montag war Schontag. Montag marschierten die Maßnahmegegner und statt sein Meldewesen gegen die Leugner in Stellung zu bringen, richtete sich Vater Staat in Meldeverzug und Informationsmangel ein. Jens Spahn begründete das System. Sein Nachfolger Heiner Lauterbach konnte sehr gut damit leben. He never changed the running system. Was man nicht genau weiß, macht einen nur bei Bedarf heiß.
Im Schatten der Propagandaschlacht
Im Schatten der Propagandaschlacht um den neuen Russlandkrieg ist die Bedeutung von Covid-19 ohnehin rasant im Schwinden begriffen. Mit Wladimir Putin, dem russischen Despoten, droht erstmals seit Donald Trump und dem von ihm auf den Stufen vor dem Capitol in Washington ausgelösten Bürgerkrieg ein anderer Politiker häufiger in den Suchanfragen der Deutschen aufzutauchen als der frühere Christdemokrat mit dem SPD-Parteibuch.
Eine Zeit der Bewährung für den neuen Gesundheitsminister, der nach zweieinhalb Monaten im Amt eingesehen hat, dass ein Dauerwarnton aus der Amtssirene seine Adressaten bereits nach wenigen Jahren nicht mehr erreicht, wenn EU-Partnerländer ringsum ohne Absprache lockern, Maßnahmen in die Tonne treten, Grenzen öffnen und dabei keinerlei Rücksicht auf Impfquoten, Inzidenzen und Krankenhausbelegung nehmen. Als Rufer in der Wüste der Ungeduldigen prophezeite der 59-Jährige in einem letzten Akt der Beschwörung apokalyptischer Untergangsängste "hunderte Tote" täglich als Pries für "zu frühe Lockerungen". Geduld sei vonnöten, viel Geduld sogar, denn Corona werde ja "nie mehr weggehen".
Augenmaß und Basisschutz
Der Genosse aus dem Düsterwald, der seinen Sprung in ein Ministeramt weder seiner Fachkunde noch seinem Charisma oder seiner Beliebtheit unter Parteikollegen und Wählern, sondern allein dem Virus und seiner Selbstinszenierung als Chef der Talk-Show-Task-Force "Vorsicht" zu verdanken hat, steht vor ungewissen Monaten mit schwierigen Entscheidungen für die richtige Öffentlichkeitsarbeit. Dass alle "Schutzmaßnahmen" (Merkel) Mitte März automatisch auslaufen, sie also nicht abgeschafft oder aufgehoben, sondern vielmehr aktiv verlängert werden müssten, blieb der Öffentlichkeit weitgehend verborgen, weil es Karl Lauterbach gelang, mit ungenannten "Lockerungen mit Augenmaß" eine "zukünftige Pandemie-Strategie" zu fordern, deren zentraler Baustein ein "Basisschutz" (®©BWHF) sein werde, über den noch entschieden wird.
Lockern und die Zügel festziehen, Öffnen, ohne gleich wieder anarchische Freiheitsverhältnisse zuzulassen. Das Angstlevel kontrollieren, die "Maßnahmen" als Grundlage aller Erfolge herausstreichen, die Ungeimpften unter Druck setzen, die nahezu vollständig zum Erliegen gekommene Impfkampagne aber nicht mehr erwähnen. Karl Lauterbach ist in der beneidenswerten Situation, dass es nicht mehr darauf ankommt, was er zu wissen glaubt, was er gelesen zu haben behauptet und was er entscheidet.
Der Abschied der Bürger von der Pandemie
Nach zwei Jahren Pandemiemanagement verweigert das Volk weitgehend die Gefolgschaft, nur eine Minderheit weiß überhaupt noch, welche Regeln wo gelten, was nun eigentlich erlaubt, gestattet oder streng verboten ist. Wie die Gesundheitsämter die Verfolgung von Infektionsketten eingestellt haben, in einem anderen Land in einer anderen Zeit das Fundament der Verhinderung millionenfachen Sterbens, so haben Bürgerinnen und Bürger sich von der Hoffnung gelöst, irgendwer dort oben wüsste irgendetwas besser als sie und könne eine Lage, von der jeder ohnehin nur weiß, woran er fest glaubt, besser einschätzen.
Zehn wirre Wochen im Amt hat Karl Lauterbach gebraucht, um sich auch den Letzten im Land davon zu überzeugen, dass er nie mehr hatte als eine Talkshow-Strategie und ein paar raunende Sätze von kommenden Wellen, schrecklichen Mutanten und gefährlichen Varianten. Vom abrupten Wechsel auf einen nationalen Sonderweg beim Genesenenstatus über das Erlahmen nicht nur der Impf-, sondern auch der Boosterkampagne, von der heraufbeschworenen Hoffnung auf einen "Super-Sommer" (Stern) bis zur schrecklichen Verheißung einer erneuten Heimsuchung durch BA.2, einer Corona-Variante, der die WHO bislang einen eigenen griechischen Buchstaben verweigert, rudert Lauterbach zugleich mit und gegen den Strom. Immer im Bemühen, wenigstens verbal vor der Welle zu bleiben.
Montag für immer
Einer muss es ja machen. Nun komme die Impfpflicht oder sie komme nicht, gebe es einen Sommer oder es gebe keinen, explodieren die Zahlen oder es werde Ostern ohne Apokalypse, springe die Impferei wegen Novavax nochmal an oder tue sie es nicht, für sein Teil hat Karl Lauterbach mit Warnungen vor allem, Kritik an jedem und allen nur erdenklichen "Bedrohungsszenarien ins Blaue hinein" (Stephan Rixen) zur "Rechtfertigung von Grundrechtsbeschränkungen" vorgesorgt. Was auch immer geschehe, er hat es vorher gewusst. Was auch immer nicht passiert, man hätte auf ihn hören können sollen. Dann aber wird es zu spät gewesen sein, "mit abnehmender Intensität", wie Karl Lauterbach die kommende Zeit beschreibt, wenn immer Montag ist.
4 Kommentare:
Ich finde es ungerecht, der Alarmsirene gegenüber, daß Putin einen siebzehnfach höheren Promistatus als dieses Kölner Wichtel hat.
Man muß diesen Putin in die Schranken weisen, damit Lauterbach wieder die Schlagzeilen bestimmt. Am basten ginge, das mit einem Völkerrechtsball auszuhandeln.
Der Westen reagiert mit entschlossenen Maßnahmen, äh beschlossenen Maßnahmen und zeigt Putin, wo der Hammer hängt.
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US-Präsident Biden ordnet erste Sanktionen gegen Russland an. Und auch die EU hat im Rahmen des Ukraine-Konflikts Maßnahmen angekündigt. Weitreichende Wirtschafts- und Finanzsanktionen werden nach Angaben von Diplomaten jedoch erst mal nicht beschlossen.
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Haben wir Biden und Scholz wirklich verdient? Sind wir so schlechte Menschen?
Das wahre Horrorszenario, das schon vor der Türe steht und vor dem Karl so Angst hat, dass er es bisher mit keiner Silbe erwähnt hat: Corona hört auf, eine Bedrohung zu sein, und die Post-Pandemie-Ära beginnt.
Zum Glück hat die gerade so schön ausbrechende Ukrainekrise diesen unverantwortlichen Öffnungsdiskussionsorgien den Wind aus den Segeln genommen. Alle weiteren Öffnungen sind abgesagt. Jede weitere Diskussion verbietet sich zum jetzigen Zeitpunkt. Wir müssen jetzt erst mit ganzer Kraft den Despoten in Moskau in die Knie zwingen. Erst wenn die Krim wieder zur Ukraine gehört, können wir wieder über Corona sprechen. Vorher nicht, das würde nur in Putins Hände spielen.
Zu unser aller Glück haben wir nicht den perfiden Sputnik-Impfstoff beim leibhaftigen Teufel gekauft. Wer weiß, was der uns für eine Plörre geliefert hätte. Bei der sicher bald nötigen vierten Dosis könnte er uns sauber am ausgestreckten Arm verhungern lassen. Dank unserer weisen Regierung wird das aber nicht passieren. Wir kaufen nur so völlig unwichtige Sachen wie Gas und Erdöl beim Despoten um die Ecke. Dann wollen wir mal sehen ob und zuerst das Gas ausgeht oder Putin unser Geld.
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