Als Geist und Macht an einem Tisch saßen, schaute Carl Ladeplads interessiert zu. "Ich unterstütze es prinzipiell, wenn sich ein neuer diskursiver Raum zwischen Parlament und lebendiger Sprache öffnet", sagt der im Brandenburgischen lebende Dichter und Liedersänger, der schon mit den größten Namen der Brache gearbeitet hat. Poesie habe zu seinem Erfolg einen wichtigen Beitrag geleistet, betont der Barde, der dem internationalen Islamismus als erster weltweit mit Musik die Maske vom Gesicht gerissen hat.
Sein Song "Belief - What a Prophet" wühlte einst die Terrorszene auf und zwang den Songschreiber, ins deutsche Exil zu flüchten. Ein Schritt, den Ladeplads nie bereut hat. Deutschland habe ihm die Cahnce gegeben, sich mit seiner Initiative "Artists for Harvest" ins zivilgesellschaftliche Leben einzubringen. "Dafür bin ich sehr dankbar."
Absage an Berlin
Doch als der der Sänger, Gitarrist, Singwortsucher und Komponist jetzt von Nachbarn und Freunden ins Gespräch gebracht wurde, sich um die vakante Stelle des Parlamentspoet*in (PP) nach kanadischem Vorbild zu bewerben, musste er nicht lange mit sich ringen. Die neue Bundesinstitution eines Poesiebeauftragten sei "ein starkes, leuchtendes, zärtliches Element, mit dem sich die Menschen identifizieren könnten", glaubt er. Aber wenn die Skepsis der Literatur gegenüber der staatlichen und politischen Wirklichkeit hat in Deutschland eine institutionalisiert werden solle, dann brauche sie eine starke, bewegliche Stimme, die nicht mit der Aufgabe hadere, "Politkitsch" herzustellen, wie die Autorinnen Dana von Suffrin und Tijan Siladie Auftragsarbeiten des PP pauschal vorab abgewertet hatten.
Ladeplads ist ehrlich. Er sei zwar ohne weiteres fähig, große Mengen Literatur im Staatsauftrag herzustellen, die auch gehobeneren Ansprüchen an volkspädagogische Belehrung genügen könnten. "Meine Zusammenarbeit mit einem früheren Bundespräsidenten, dem ich einen besinnlichen Abschiedssong (Video oben) nicht nur schreiben, sondern auch an seiner Stelle einsingen durfte, spricht Bände." Doch zugleich sehe er sich nicht in der Lage, diese Art politischer Dichtung ohne den "stinkenden Geruch der Anbiederung an die staatliche Macht" (Ladeplads) bei Hofe aufzuführen. "Wir Dänen", sagt Carls Ladeplads, "sind eigentlich Freigeister, in deren bürgerlichen Herzen ein subversives Potenzial schlummert, das unkontrollierbar ist."
Ein Hauch von Autonomie
Unabhängig sein, im Kollektiv leben, aber sich einen Hauch an Autonomie erhalten, das sei sein Weg, schrieb Ladeplads in seinem Brief an Bundestagspräsidentin Katrin Göring-Eckardt, in dem er der grünen-Politikerin proaktiv mitteilte, dass er als Bundespoet nicht zur Verfügung stehe. "Ich fand, es ist eine saubere Lösung, wenn beide Seiten von Anfang an wissen, wo sie stehen." Fairer Umgang, kein Basargeschacher, klare Kante und offenes Visier, das sei eben sein Stil. "Es reicht doch, wenn die üblichen Kritiker auf die vermeintliche Dekadenz der staatlichen Machtelite verweisen und die Initiatoren des PP bezichtigen, sich über die neuen Stellen des Bundestagspoeten, des Bundesbänkelsängers und des Hofnarren billige Fassadenwerbung in poetischer Form einkaufen zu wollen, um von den drängenden Problemen und Nöten der Bevölkerung abzulenken".
Auf diese "unterirdische Art" (Ladeplads) hatte die Berliner Taz Fantasiefigur des Parlamentspoet*in schon vor der Schaffung der Planstelle abgekanzelt - für den dänischen Brandenburger, wie sich Ladeplads selbst gern nennt, ein Schlag unter die Gürtellinie. "Poesie, die sich für das Gute engagieren will, muss doch Partei nehmen", sagt er. Große deutsche Dichter und Liedersänger wie Degenhardt, Waader und Grass hätten immer Partei genommen, Stefan Heym und Bert Brecht zeitweise sogar für Ideale, die heute unter Extremismusverdacht stünden. "Ich verstehe das, denn wer nie geirrt hat, der hat nie einen Irrtum bereuen können."
Ausflüge in die Tendenzdichtung
Krasse Ausflüge in die Tendenzdichtung, die die schillernde Mehrdeutigkeit eigenverantwortlicher art pour la art verweigere, seien eine sichere Gewähr dafür, Kunst zu schaffen, die gar nicht erst den Anschein zu erwecken versuche, als sei sie unabhängig und ästhetisch rein. "Auch Bob Dylan war nie unabhängig, er hatte Manager zu bezahlen, Verträge zu erfüllen und Hits zu liefern." Als Parlamentspoet zu arbeiten, könne hingegen eine Poetik der Unabhängigkeit grundieren, "die eine Loslösung der Literatur von allen sozialen Bindungen ermöglicht" und "frei im Sinne von ausreichend Freizeit als sozialpolitischem Rückzugsraum" sei.
Dem Misstrauen, das die Deutschen pflegen, wenn es um ehrliche Auftragsarbeiten geht, misstraut Carls Ladeplads zutiefst. "Ausgerechnet in einem Land, dessen Bürger fest daran glauben, dass der Staat alles besser kann, herrscht ein tiefer Argwohn jeder Art von Staatskunst gegenüber." Kopfschüttelnd notiert Carls Ladeplads die ihm immer noch unverständliche deutsche Dialektik, von Dichtern brotlose Kunst zu verlangen, professionelle Beamtenstellen für regierungsnahe Gedichte aus einem eigens geschaffenen diskursiven Raum zwischen pathetischen Parlamentspoemen und Resten lebendiger Sprache rundheraus abzulehnen."
2 Kommentare:
Weder von PPG noch von Ladeplads lasse ich mir das Amt des Parlamentspoeten vermiesen. Ich halte meine Bewerbung aufrecht und zwar bolzengerade. Was bildet sich dieser hergelaufene Däne eigentlich ein? Wenn er in diesem Amt einen „stinkenden Geruch der Anbiederung an die staatliche Macht" wahrnimmt, dann liegt es nicht an Frau Göring-Eckhardt, sondern an den verfaulten Polypen in seiner Nase. Tatsächlich umströmt Frau Göring-Eckhardt ein süßer Duft und Wohlgeruch nach Weihrauch und Myrte, den ich nicht müde werde, über meine Geruchsrezeptoren streichen zu lassen. Deswegen freue ich mich schon auf die Übernahme des Amts, um Frau Göring-Eckhardt noch näher sein zu können.
Ich bin dafür, dass das DDR-Fernsehen jedes Jahr ein mehrteiliges Casting veranstaltet, und wer die Maßnahmen und Direktiven der Partei- und Staatsführung zum Wohle der Bevölkerung am überzeugendsten in Reime gießt, bekommt den Job, den Johannes R Becher Preis und einen Plattenvertrag.
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