Mittwoch, 15. Dezember 2021

Kaiserschmarren vom Fortschrittskanzler: Start nach Maß mit falschem Zitat

Respektabler Start mit einem falschen Zitat: Olaf Scholz fiel auf einen erfundenen Spruch von Kaiser Wilhelm II. herein.

Da war er nun endlich, der neue Kanzler, wie gewohnt im schwarzen Anzug, einmal mehr auch mit schrazem Binder, ein neuer Mann, nach Monaten der Leichtigkeit und des gelösten parlamentarischen Gedränges bei seinem Premierenauftritt als Regierungschef erstmals wieder umgeben von besorgten Mienen hinter vorschriftsmäßig übergestülpten FFP2-Maßnahmen. 

Olaf Scholz hielt eine wahrhaft historische Rede, von Einwanderungsland bis Respekt, von der Absage an radikale Minderheiten bis zum heiligen Schwur, die Klimaziele zu erreichen. Als "Fortschrittskanzler" sieht sich der Sozialdemokrat selbst und um seine frohe Botschaft von Transformation, Globalisierung und demokratischer Kontrolle zu untermauern, griff Scholz auf die Geschichte zurück. "Ich glaube an das Pferd, das Automobil ist eine vorübergehende Erscheinung", zitierte er den deutschen Kaiser Wilhelm II., der in diesem Punkt ja offenbar deutlich geirrt habe. 

Wenn das falsche Zitat passt

Seine Regierung werde das nicht tun, sie werde dafür sorgen, dass Deutschland mit Hilfe des technischen Fortschrittes gestärkt aus der Transformation hervorgehe. Es gehe um technische und gesellschaftliche Innovationen, um Wasserstoff und Zukunftsinvestitionen, um Milliarden und Nachhaltigkeit.  

Ein Start nach Maß, wenn auch mit einem falschen Zitat. Den Satz mit dem Automobil konnte Kaiser Wilhelm II. bis heute nie nachgewiesen werden, denn in zeitgenössischen Quellen taucht das Zitat nirgendwo auf. Erst 1968, 27 Jahre nach dem Tod des Ex-Kaisers, taucht eine ähnliche Formulierung in der Literatur auf: "Jeder Autounfall — und es gab deren nicht wenige - wurde besprochen, und die Neunmalweisen wiederholten ständig, daß sie es immer gesagt hatten, das Auto sei eine Plage und überdies nur eine vorübergehende Erscheinung - wer würde in ein paar Jahren noch vom Auto sprechen?", heißt es in einem Buch über den mondänen Ski-Ort St. Moritz. 

Der missbrauchte Kaiser

Für die verquere Weitsicht des nun auch von Olaf Scholz missbrauchten Kaisers erfolgt der Startschuss aber noch weitere Jahrzehnte später. Erst im Jahr 2001 erscheint die Formulierung im Internet, die Zeitung "Die Welt" übernimmt sie und von dort aus wandert das Falschzitat ins Mercedes-Benz-Museum in Stuttgart, wo es sich in eine so endgültige und unanzweifelbare Wahrheit verwandelt, dass der Fortschrittskanzler Scholz wie selbstverständlich darauf zurückgreift. Der neue Kanzler weiß, Wilhelm II. kann und er wird sich nicht mehr wehren.

Ein peinliche Panne mit einer fake news, die schon deshalb auffällig nach Erfindung riecht, weil sie manchmal auf das Jahr "um 1900", in anderen Fällen aber auch auf 1904, 1905, 1906 oder sogar 1916 datiert wird. In jenem Jahr fuhren in Deutschland bereits mehr als 80.000 Autos und der Kaiser selbst nahm für Spazierfahrten gern einen Mercedes. Dass dieser Mann sagt, dass er auf das Pferd schwöre? Und dass das Automobil verschwinden werde?

Ein bisschen Wahrheit ist dabei

Dass irgendetwas an dem hübschen Satz nicht stimmen kann, ist wohl auch Olaf Scholz bewusst gewesen. Das Zitat werde "dem Kaiser zugeschrieben", hat er im Bundestag wolkig offengelassen, ob und wie richtig es ist. Obwohl ein bisschen Wahrheit dran ist: Im Januar des Jahres 1900 hatte der Kaiser bei einem Auftritt an der Technischen Hochschule in Berlin tatsächlich eine "vorübergehende Erscheinung" mit einem Winken abgetan. "Die Socialdemokratie betrachte ich als vorübergehende Erscheinung. Die wird sich austoben", sagte er bei der "Feier der Jahrhundert", wie die "Reichspost" vom 11. Januar 1900 berichtete.


8 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Das ist dann wohl das einzige, was an der Rede bemerkenswert war.

Anonym hat gesagt…

Baerbock lässt nichts aus, um Krach mit den Russen anzufangen.
Freilich ist die Sache mit dem Mord kritisch, sowas kann man nicht durchgehen lassen.
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Danisch nun wieder, das Spießerlein.
Soviel man mitbekommen konnte, war das Ableben jenes Verewigten einer der Verluste, welche die Menschheit eher bereichern.

Die Anmerkung hat gesagt…

Wer dem Mord an Osama mit öffentlichen Staatsbeifall bedachte, hätte dies auch in diesem Fall tun müssen, denn dem furchtlosen Sowjetsoldaten ist der gleiche Beifall und Dank geschuldet wie dem bisher schlechtesten aller USA-Präsidenten. Na gut, von einem Minderheitenextremisten sollte man da nicht zu viel erwarten.

Und nein, es war mitnichten Staatsterrorismus, wie deutsche Schützengrabenpostillen dichten. Nichtmal mit einer rosaroten Brille betrachtet. Es war im besten aller Fälle die Vollstreckung eines Todesurteils, also huldigungspflichtig.

Im schlechtesten aller Fälle hätte man Prozeß und Urteil fast geräuschlos über die Bühne gezogen.

Klaus K. hat gesagt…

Hat dieser Kasper nicht auch von der "Größten Transformation seit 100 Jahren" gesprochen? Ich hoffe, er hat die 1000 Jahre, die dazwischenliegen, nicht mitgemeint.

Die Anmerkung hat gesagt…

https://www.spd.de/aktuelles/detail/news/fortschritt-mit-regierung-und-partei/11/12/2021/

SPD-BUNDESPARTEITAG

FORTSCHRITT MIT REGIERUNG UND PARTEI

Anonym hat gesagt…

Mord an Osama ...

Ich hoffe sehr stark, daß dieses ironisch gemeint war. Osama (hatte laut "Visier" zwei Brüder: Nach Laden und Durch Laden) soll es heftig mit der Niere gehabt haben, und war wohl schon Jahre vor seiner angeblichen Aufbringung verschieden*.
*Herricht und Preil - Mücken-Tötulin.

Die Anmerkung hat gesagt…

Ich vertraue da ganz auf den Ego-Shooter, den Obama am liebsten spielte. Außerdem wurde das zigmal nachverfilmt, wo zumindest diese Szene immer gleich ablief. Also muß es ja stimmen.

Vielleicht haben sie das alles aber auch nur deswegen veranstaltet, weil sie der zweiten Niere habhaft werden wollten, da sie als Ersatzteilspende für eine wichtige Person als sehr geeignet attestiert wurde.

Anonym hat gesagt…

@ Anmerkung: Mit Erleichterung vermerke ich, daß Du weißt, wie der Hase bremst.