Montag, 22. November 2021

Boosterpiks: Abklingende Immunisierung


Der akute Kampfbegriff für die neue Phase der Pandemiebekämpfung war am schnellsten erfunden. Auf die Bundesworthülsenfabrik (BWHF) ist Verlass, sie half nur wenige Stunden nach der entsprechenden Anforderung aus dem Bundeskanzleramt mit der schnittigen Neubildung "Boosterimpfung" aus - ein würdiger Nachfolger von Klassikern wie "Rettungsschirm", "Energiewende", "Schulden-" und "Mietpreisbremse", "Stromautobahnen" oder "Wachstumspakt".

Doch leider war es damit nicht getan, das Virus nicht besiegt, die Lage an der Impffront nicht stabilisiert und schon gar nicht abschließend befriedet. Der Wunsch als Vater des Gedankens, in Deutschland als Teilzeitdiktator tätig, versagte im Interregnum zwischen der seit Monaten fast komplett abgetauchten scheidenden Landzeitkanzlerin und ihren hufscharrenden Nachfolgern aus Parteien, die das Wort im Wahlkampf nicht ein einziges Mal in den Mund genommen hatten. Corona, das war vorbei, damals im September. Die Aufgabe, die wartete, war die der Errettung der Welt vom Klima.

Plötzlich ist Corona zurück

In Sachsen wussten sie es besser. Bereits am 31. August starteten hier die Auffrischungsimpfungen, eine Woche, bevor die Europäische Arzneimittelagentur (European Medicines Agency) überhaupt nur mit der Prüfung des Antrags auf Variation der Zulassung des Impfstoffs von Biontech begann. Für EU-Verhältnisse ist die geringe Diskrepanz zwischen Verabreichung eines Vakzins und rechtlicher Prüfung der Zulässigkeit einer Verabreichung bereits eine epochale Leistung: Der russische "Sputnik"-Impfstoff etwa wird in einigen EU-Mitgliedsstaaten seit zehn Monaten verwendet von der EMA seit   acht Monaten geprüft und eine Genehmigung für eine Verwendung wird in diesem Jahr nicht mehr erfolgen.

Für die "Boosterimpfung" (BWHF) immerhin gab die EMA Anfang Oktober grünes Licht: Nun durfte tatsächlich auch offiziell getan werden, was überall bereits gemacht wurde, "obwohl die EMA und das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten den Bedarf an Auffrischungsdosen des COVID-19-Impfstoffs in der Allgemeinbevölkerung nicht als dringend" erachteten. Das Lassendürfenkönnenohnemüssenzusollen hat sich aber gerade im Bereich der europäischen Arzneimittelzulassung zu einer Kunstform entwickelt, die auch Unmögliches möglich macht. So wurden seit Ende August, als die dritte Impfung noch auf ihre Zulässigkeit geprüft wurde,  nach einer Zählung von Noch-Gesundheitsminister Jens Spahn 5,6 Millionen Auffrischungen verabreicht. Zuletzt bekamen 1,7 Millionen "Personen, "die ihre Grundimmunisierung abgeschlossen haben" (EMA) binnen einer Woche eine dritte Dosis, "um den Immunschutz aufrechtzuerhalten bzw. ihn wiederherzustellen, nachdem er abgeklungen ist". 

Angesichts der medial deutliche zunehmenden Impfdurchbrüche, die anfangs noch als vernachlässigenswertes Randphänomen begriffen wurden, heute immer noch nicht "die Effektivität der Impfung infragestellen" (Deutschlandfunk), aber schon auch härtere Maßnahmen und heftigere Einschränkungen fordern, um die Lage unter Kontrolle zu halten, keine beruhigenden Aussichten.

Beunruhigende Aussichten

Denn "abgeklungende Grundimmunisierung", dass klingt nicht nur nach wachsendem Nachstichbedarf, das signalisiert inzwischen auch ganz offiziell, dass es ohne durchgehende "Auffrischungsimpfung" (DPA) keinen Weg aus der Krise geben wird. Das Land ist damit exakt zurück im Februar, als es nach zwei Monaten gelungen war, 5,6 Millionen Erstgeimpfte zu feiern. Mitte November ist das Impftempo das Gleiche: Pro Woche werden wieder 1,7 Millionen Menschen geimpft, das ergibt 17 Millionen in zehn Wochen, also Ende Januar knapp 20 Millionen erneut Immune. 

Doch da die Impfgeschwindigkeit bei den Erst- und Zweitimpfungen ab Mai deutlich zugenommen hatte, ergibt sich ein interessanter Effekt der neuen Nachimpfnotwendigkeit: Um mit der derzeitigen Boostergeschwindigkeit alle mutmaßlich 65 Millionen doppelt Geimpften mit einem dritten "Piks" (Bundesregierung) zu versorgen, würde es erstens etwa zehn Monate dauern. Und zweitens würde die Zahl der nach aktueller Gesetzeslage als geimpft geltenden Bürgerinnen und Bürger in diesen zehn Monaten täglich schrumpfen: Wer im Juni 2021 zum zweiten Mal geimpft wurde, wechselt Anfang Februar 2022 unweigerlich wieder ins Lager der Ungeimpften, wenn er bis dahin keine dritte Impfung ergattern konnte. weil aber die Drittimpfungen langsamer erfolgen als die Impfungen der ersten Impfrunde, betrifft das mit fortschreitend größer werdender Differenz erst zehntausende Impfwillige, dann Hunderttausende und schließlich Millionen.

Herausgefallen aus der Impfstatistik

Bereits im Dezember, wenn die im Mai Geimpften ihre dritte Spritze brauchen, tut sich ein Abgrund auf. Im Frühjahr waren zwar nie die vom kommenden Kanzler Olaf Scholz versprochenen zehn Millionen Menschen pro Woche geimpft worden, aber sechs bis sieben Millionen eben doch. Nun aber kann nur ein Drittel der Bedürftigen seine dritte Spritze bekommen. So dass zwei Drittel nach und nach und mit fortschreitend steigender Geschwindigkeit aus der stolz vorgezeigten Statistik der "Immunisierten" (Spiegel) herausfallen.

Das wird natürlich nicht passieren, jedenfalls nicht offiziell, weil die zahl der "vollständig Geimpften" aus semantischen Gründen nicht sinken kann. Zu sehr würde es einem Eingeständnis gleichen, nach dem Maskenversagen, dem Digitalisierungsversagen, dem Datenerfassungsversagen, dem Impfstoffversagen und dem Versagen beim Finden gemeinsamer europäischer Lösungen nun auch noch die Organisation der dritten Impfrunde trotz seit Monaten vorliegender drängender Hinweise verschwitzt zu haben. Offizielle Zahlen und tatsächliche Verhältnisse werden also in den kommenden Monaten zunehmend auseinanderstreben, Doch angesichts  ukrainischer Verhältnisse an der Seuchenfront reicht die "Booster-Impfkampagne" (Spahn) im Moment nicht einmal aus, den unerbittlich nachlassenden gesellschaftlichen Gesamtschutz wenigstens beizubehalten. 

Kampf gegen AstraZeneca

Mit jedem Tag, an dem weniger Drittimpfungen verabreicht werden als zuvor Erstimpfungen durch eine zweite Spritze komplettiert wurden, sinkt die nach Angaben der Bundesregierung ohnehin nicht ausreichende Impfquote.

Im Augenblick fällt das noch wenig auf, denn bis Anfang April war die deutsche Impfkampagne geprägt vom Stolz auf die durch eine gesamteuropäische Bestellung fehlenden Impfstoffe, viel Streit darum, wer wann wo wen warum impfen dürfe und  einer engagiert geführten Angstkampagne gegen den schwedisch-britischen Impfstoff von AstraZeneca. Spannend wird es, wenn die lahmende Drittimpfungskampagne auf den Basiseffekt der Ende Frühjahr, Anfang Sommer dreimal schnelleren Erst- und Zweitimpfungskampagne trifft, während nach hinten heraus bereits die ersten Drittgeimpften erneut mit einer "abgeklingenden Grundimmunisierung" (Ema) zu kämpfen haben, was eien Viertimpfung unerlässlich machen wird.

100 Wochen weiterkämpfen

Laut Robert-Koch-Institut haben in den zehn Wochen seit Start der Boosterimpfungen gerademal 6,3 Prozent der Menschen in Deutschland diese dritte Impfung erhalten, um die gesamten 65 Prozent geimpfte Bevölkerung dorthin zu bringen, bräuchte es also um die hundert Wochen. Das wäre dann Ende 2023, gelänge aber auch wieder nur, wenn nicht die unterwegs durch diese beiden harten Corona-Jahre wahrscheinlich auftauchende Notwendigkeit einer fünften Impfung zur "Wiederherstellung der volle Wirkung des Impfstoffes" (SZ) die Planungsabläufe durcheinanderbrächte. Aus zu verabreichenden 65 Millionen Impfungen würden durch eine notwendige Viertimpfung 130 Millionen, eine lebensrettende Fünfimpfung katapultierte die Zahlen sogar auf über eine Viertelmillion. Immer vorausgesetzt, die "Grundimmunität" (EMA) hält sich bei wenigstens vier bis sechs Monaten nach dem jeweiligen Piks.

9 Kommentare:

Irmi hat gesagt…

Kleines Plagiat vom Penseur:
„Boostern ist, als wenn ich merke, daß ich von zwei alkoholfreien Bier keinen Rausch bekomme und deshalb ein drittes trinke.“

Anonym hat gesagt…

„Boostern ist, als wenn ich merke, dass ich von zwei alkoholfreien Bier keinen Rausch bekomme und deshalb ein drittes trinke.“
(Netzfund)

Anonym hat gesagt…

Jetzt schreibt das Internet schon bei sich selbst ab.

Davon abgesehen: Es geht in Richtung lebenslanges Impfabo. Wer sich innerhalb der nächsten 24 Stunden anmeldet, bekommt 30% Rabatt auf sein MS-Office-Konto.

Die Anmerkung hat gesagt…

Fefe ist jetzt ein Milchmädchenrechner und hat seinen Computerpark umprogrammiert, damit er auch Klima und Corona berechnen kann.

Anonym hat gesagt…

Lauterbach:
Zu viele haben sich auf die eigene oder die Impfung der Anderen verlassen.
https://twitter.com/Karl_Lauterbach/status/1462710373610577921

Wenn wir das jetzt in eigenen Worten nacherzählen:
Eigene Impfung: Negativ
Impfung der Anderen[sic!] : Auch negativ
Entweder gibt es also ein Drittes, das er weglässt, oder...

Weiß nicht, ob jemand nachgefragt hat. Vermutlich nicht, kommt eh nur Geschwurbel zurück.

Anonym hat gesagt…

Fefe auf Wiedervorlage. Fefes Twitterfreund sagt voraus, dass am 24.12. in D 12800 Intensivbetten fehlen werden.

Kurzbio von Fefes Twitterfreund:
CDO, Digital Transformation & Innovation Advisor, Mobility of the Future, Enterprise Architect, Program & Project Manager.

Solche Leute laufen bei Fefe sonst unter Schlangenölverkäufer.

Anonym hat gesagt…

https://www.heise.de/forum/Telepolis/Kommentare/Was-wir-im-Corona-Schockraum-und-im-Corona-Newsroom-uebersehen/22-ueber-60-sind-effektiv-geimpft/posting-40005674/show/
Was soll ich sagen?
Inhaltlich habe ich heute eigentlich genau die gleiche Botschaft gesendet. Wer sich die Mühe macht und Kommentare anschaut wird sehen, dass es da Keinen gibt der das so richtig verstanden hat. Da sie sich auf einem höheren Abstraktionsniveau befinden fürchte ich dass ihre Botschaft auch nicht verstanden wird. Ich habe meine Botschaft an meiner Familie am Abend getestet. Die Familie hat schon im Februar 2020 Vorträge über Signal Entdeckungstheorie (PCR) bekommen und in der Folge weitere Einheiten e.g. Impfeffektivität. Mein Sohn kennt alle Podcast von Prof. Riek. Meine Frau ist Kinderärztin. Aber es ist zäh schwierig und hat ein schnelles Verfallsdatum. Wir müssen unsere Kommunikation verbessern sonst wird das böse enden. Ich bin zur Zusammenarbeit bereit.

Volker hat gesagt…

Zur Halbwertszeit der Impfstoffe gibt es eine Studie, die im Spektrum der Wissenschaft referiert wird.

https://www.spektrum.de/news/corona-impfung-welche-impfstoffe-schuetzen-wie-lange/1945216

Anonym hat gesagt…

Talvisota Mannerheim 23. November 2021 at 15:57

Der Impfling hat jetzt die erste Komponente im Blut.
Sein Körper produziert fleißig Proteine.
Bald schon wird die zweite Komponente eingeschaltet.
Die zweite Komponente ist Mikrowellenstrahlung.
Mikrowellenstrahlung geht durch das Impflinggewebe durch als wäre es unsichtbar.
Die Proteine allerdings werden sich durch die Mikrowellenstrahlung in Enzyme verwandeln.
Diese Enzyme werden das Blut des Impflings gerinnen lassen.
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Die Frage ist - von interessierter Seite eingebracht - oder wirklich so grausam bescheuert? Ein wenig neige ich zu letzterem.
Mikrowellen sind unsichtbar, von Haus aus ... sozusagen ...