Freitag, 29. Oktober 2021

Doppelt hält besser: 150 Milliarden Euro Steuerraub

Mit Tipps zum Steuernsparen versuchen linke Zeitungen wie die Frankfurter Rundschau, ihre verbliebenen Lesenden vort dem Zugriff des Staates zu schützen.

Fast zehn Jahre ist es her, als es ein Aufatmen in der Armenküche gab. Endlich, endlich war das Ende des Bankgeheimnisses gekommen. "Adieu Schwarzgeld!", jubelte die "Süddeutsche Zeitung", denn nun, wo es den versteckten Billiarden der Superreichen bald an den Kragen gehen würde, wäre auch schlagartig genug Geld für den Staat da, all die wichtigen Sachen zu machen: Bildung und Verkehr, endlich Digitalisierung, Zwei-Prozent-Ziel hier, 1,5-Prozent-Ziel dort, den Bundestag verkleinern und die Kommunen stärken.

Doppelt hält besser

Deutschlands Medien standen einmal mehr auf der richtigen Seite. Sie feierten den Staat, für den Datenschutz immer Täterschutz ist und Gerichtsurteile nur dann umgesetzt werden, wenn es zur eigenen Agenda passt. Fast 15 Jahre nach dem EuGH-Urteil zur widerrechtlichen Doppelbesteuerung von ausländischen Dividenden etwa halten die Finanzbehörden in ganz EUropa beharrlich an ihrer Praxis fest, immer erstmal zu nehmen, was sie bekommen können. Doppelbesteuerungsabkommen hin oder her - allein der deutsche Fiskus, so hatte der EuGH im März 2007 entschieden, bestiehlt Aktionäre jedes Jahr um Milliarden und Abermilliarden. 

Der Trick ist ganz einfach, er erinnert nicht nur von fern an die Cum-ex- und Cum-cum-Tricks privater Eingehungsbetrüger. Doppelbesteuerungsabkommen, die eigentlich dazu dienen, Anleger davor zu schützen, Steuern doppelt abführen zu müssen, werden dazu verwendet, dreist zweimal zulangen und das Geraubte erst auf Verlangen, nach förmlicher Antragsstellung, Behördenkarussell und Jahren Wartezeit, wieder an den rechtmäßigen Besitzer herauszurücken. 

Völkerrecht als Lachnummer

Dabei setzen die Staaten auf ein kollusives Zusammenwirken, wie es in kriminellen Kreisen oft zu finden ist. Hier sorgt es dafür, dass völkerrechtlich Verträge zur Lachnummer werden: Eigentlich sollten sie dafür sorgen, dass ein Bürger, der von einer Aktiengesellschaft aus dem Ausland eine Dividende überwiesen bekommt, vom dortigen Finanzamt pauschal mit einer Quellensteuer belegt wird, damit ein bisschen was vom Geldsegen im Herkunftsland hängenbleibt. Mal sind das 15, mal 20 Prozent, aber dem ehrlichen Anleger tut das nicht wirklich weh, denn zu Hause erwartet ihn ohnehin die Steuer: 25 Prozent plus Soli-Zuschlag. Die muss er nun aber nicht mehr zahlen, er hat ja schon, wenn auch anderswo. Fällig wird zu Hause nur der Rest: 10 Prozent oder auch nur fünf.

Theoretisch wird der Dividendenempfänger so nicht mehr belastet, als er belastet würde, käme seine Zahlung nicht aus dem Ausland. Praktisch aber haben sich die deutschen Finanzbehörden darauf geeinigt, im Ausland bereits gezahlte Quellensteuern weitgehend zu ignorieren . Sind aus 100 Euro Dividende durch die Quellensteuerzahlung im Herkunftsland also 80 Euro tatsächliche Zahlung geworden, greift der deutsche Fiskus auf dieses Geld nicht zu, indem er sich den ihm zustehenden Rest holt. Sondern so, als wären die 80 Euro der volle Betrag, der voll zu versteuern ist.

Milliardeneinnahmeplus

Milliarden über Milliarden werden so eingenommen, immer spekulierend darauf, dass eine große Zahl der Anleger nicht weiß, dass die Überzahlung zurückgegeben werden muss. Dass er zu faul ist, einen Antrag zustellen. Oder gar nicht bemerkt hat, wie ihn die beiden beteiligen Staaten schröpfen, ohne das Recht dazu zu haben.

Auf fünf Milliarden Euro jährlich hatten die Richter des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vor fast 15 Jahren den Schaden geschätzt, der bis ins Jahr 2001 bei der Dividendenbesteuerung der Aktionäre ausländischer Unternehmen entstanden war, weil deutsche Finanzbehörden sich weigerten, im Ausland gezahlte Steuern anzurechnen, um eine Doppelbesteuerung zu verhindern. 50 Milliarden seit der Wiedervereinigung. Seitdem dürfte noch einmal die doppelte Summe dazugekommen sein. Macht 150 Milliarden Steuerraub - nur eben von einer Art, über die keine "Tagesschau" berichtet, bei dem kein "Correktiv" eingreift oder Investigativreporter nachfassen.

Einnahmequelle Unwissen

Das Urteil galt als wegweisend, änderte aber nichts: Bis heute bescheinigen depotführende Banken ihren Kunden zwar mit der Überweisung, dass bereits und wie viel Steuern gezahlt wurden. Doch alle deutschen Finanzminister haben Unwissen, Dummheit und Faulheit der Steuerzahler als Einnahmequelle entdeckt: Mit einer unendlich langen Reihe von Verordnungen wurden die Doppelbesteuerungsabkommen unter Vorbehalt gestellt. Generell wird einfach alles voll besteuert, obwohl er nicht voll besteuert werden dürfte. Als Begründung wird vorgeschoben, dass nicht ganz klar sei, ob eine Dividende eigentlich eine Dividende ist, ob ein Land wirklich ein Doppelbesteuerungsabkommen mit Deutschland habe oder ob vielleicht eine Auszahlung eigentlich eine Rückerstattung von Kapital sei.

Die Ausnahmefälle sind so vielfältig, dass deutsche Finanzämter immer erst automatisch zugreifen. Was man hat, das hat man. Wenn ein Bürger dann meint, ihm sei zu viel weggenommen worden,  könne der sich später ja dann postalisch an Länder wie Kanada, Norwegen oder Frankreich wenden und seine dort gezahlte Quellensteuer zurückerstatten lassen. Das dauert drei bis sieben Jahre, funktioniert aber wirklich, zumindest bei Vorlage des Nachweises der Steuerzahlung in Deutschland.


4 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

SZ: Adieu Schwarzgeld!
Ein schöner Blick in die Geschichte und darauf, wie komplett korrupt und verkommen die SZ 2013 schon war.

Carl Gustaf hat gesagt…

Für dieses Phänomen wurde schon vor Jahren der Begriff der "Dummensteuer" (Tipke/Lang) geprägt. Der Fehler liegt aus meiner Sicht beim Steuerbürger, der glaubt, dass seine Bank oder bestenfalls das Finanzamt seine Angelegenheiten schon richtig regeln würde.
Wenn man schon seine Gelder im Ausland investiert, so sollte man dann auch so konsequent sein, seine Steuer-Angelegenheiten durch einen erfahrenen Steuerberater regeln zu lösen. Aber hier setzt sich dann zu oft die "geiz-ist-geil"-Mentalität fort. Mein Bedauern mit derart-Geschröpften hält sich demnach aus anderen Gründen in Grenzen.

Die Anmerkung hat gesagt…

Das wäre doch ein lukratives zweites Standbein für Reinhold Herger. Der war doch überall zugange und kennt sich mit sowas aus.

Anonym hat gesagt…

Ist es Beschiss, wenn der Beschissene nicht weiß, dass er auf einen verurteilten Trickbetrüger hereingefallen ist?

OT Es geht ja grad das Foto mit dem neuen Bundestagspräsidium durch das Internet. Mit ist eingefallen, woran mich Claudia Roth erinnert: Das Kleid hatte Ralph Morgenstern in der Rolle als Tante Luckardt in der 1987er Verfilmung von 'Geierwally' an. Er sah damit aber besser aus.