Dienstag, 5. Oktober 2021

Benzinpreisbremse: Smartes Konzept auf dem Tisch

Ausstieg aus dem Verbrenner, finanzielle Zwangsmaßnahmen gegen uneinsichtige Pendler und verstockte Lastenradverweigerer - doch die neue Bundesregierung muss auch Rücksicht nehmen müssen auf die, die mit dem schnellen Umstiegstempo Richtung Energiefreiheit noch nicht mitkommen. Zehn Jahre nach dem ersten Benzingipfel, der seinerzeit mutig anknüpfte an die erste derartige Veranstaltung im  Jahr 1934, stehen die Zeichen wieder auf Entlastung durch eine zweite Benzinpreisbremse. Die erste derartige preisverhindernde Maßnahme war vor fünf Jahren vom damaligen Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel erlassen worden - eine Konstruktion mit Gaspedal und atmendem Deckel, die einerseits als Milliardengeschenk der SPD an Klein- und Großverdiener vor der Bundestagswahl 2017 gedacht gewesen war, andererseits aber das ehrgeizige Ökoziel von 2013 - eine Million Elektrofahrzeuge auf deutschen Straßen - nicht gefährden sollte. 

Entlasten, aber so, dass es nicht Mobilität fördert, die nicht sein muss - das ist der gordische Knoten, den jede Lösung zu zerschlagen hat. Aus dem Klimawatch-Institut (CLW), das erst im Zuge des Braunkohleausstieg in einer aufgelassenen Grube in der Nähe des dunkeldeutschen Grimma angesiedelt worden war, kommt jetzt ein verblüffend einfacher Vorschlag, wie sich die immer weiter steigenden Belastungen durch die Anfang des Jahres neueingeführte CO2-Steuer und Ausgleichszahlungen an schwer belastete Pendler, aber auch an deren Familien unbürokratisch abwickeln lassen könnten. 

Erstattung ohne Aufwand

Wie Forschungsleiter Herbert Haase gegenüber PPQ.li sagte, gelang es seinem Team, eine Lösung zu finden, die im Gegensatz zum grünen Energiegeld und zur von der Union präferierten Rückzahlung über die Finanzämter den großen Vorteil habe, dass sie keinerlei zusätzlichen Verwaltungsaufwand erfordere. "Auch Verwaltung kostet ja Energie", verweist Haase auf ein bisher wenig beleuchtetes dunkles Kapitel der auch von der SPD immer wieder geforderten Entlastung der von steigenden Preisen besonders belasteten Käufer von Benzin, Diesel, Heizöl und Gas. 

Unmittelbar vor der Schicksalswahl war der Anstieg der Spritpreis zum Politikum geworden, weil selbst das politische Berlin hatte bemerken müssen, dass die Einführung der neuen CO2-Steuer zum Jahresanfang wider Erwarten nicht ganz preisneutral hatte vollzogen werden können. In Zukunft soll der CO,-Preis weiter steigen, aus derzeit 25 Euro pro Tonne werden bis 2025 planmäßig 55 Euro. Der Steueranteil am Spritpreis, der im Augenblick bei etwa 65 Prozent liegt, würde sich durch die dann auf  rund 14,6 Cent je Liter steigenden CO2-Aufschlag auf beinahe über 70 Prozent erhöhen. 

Mobilitätsbremse ausgebremst

Stiege der Ölpreis, der derzeit bei 72 Dollar je Barrel liegt, auch nur annähernd auf die über 100 Dollar, die er 2012 schon einmal erreicht hatte, würde der Liter Benzin in Deutschland weit über zwei Euro kosten und die von den Grünen 1998 als Mobilitätsbremse ausgerufenen fünf Mark pro Liter wären in Reichweite und für eine einzige Tankfüllung für Annalena Baerbocks Wahlkampfbus wären mehr als 1.000 Euro fällig - ein halbes Monatsgehalt für einen Mindestlöhner selbst beim künftigen SPD-Mindestlohn.

Herbert Haase will dagegen eine smarte Spritpreisbremse in Stellung bringen. Keine komplizierte und bürokratisierte Milliardenentlastung für Pendler, Häusleheizer und Gasheizer, sondern ein intelligentes Konzept, das nahezu ohne Zusatzaufwand ausgleicht, was derzeit in der Bevölkerung als Belastung empfunden wird, obwohl es der Klimarettung dient. Statt einer höheren Pendlerpauschale oder der von den Grünen über ein noch aufzubauendes Bundeausgleichsamt ein "Energiegeld" auszuzahlen, schlägt das Klima-Watch-Institut vor, die Zuschläge für die CO₂-Steuer direkt an der Tankstellenkasse zu erstatten. 

Höhere Entlastung bei Erhöhung

Der neue CO2-Preis wird an der Tanksäule erhoben, dann aber sofort an der Kasse rabattiert", erklärt Haase die Idee. Selbst eine Erhöhung der Sonderabgabe auf 60 Euro ab 2023, wie sie die Grünen fordern, wäre dann für niemanden mehr ein Problem. "Man bekäme dann sogar mehr raus", sagt Herbert Haase. Im Unterschied zur aufwändigen Organisation der Auszahlung des "Energiegeldes" geschehe die Entlastung automatisch  und die Zusatzkosten würden vollständig an die Menschen zurückgegeben.Eine sozial gerechte Maßnahme, die Klimawohlstand schaffe, weil sie an der Quelle ansetze. "Ich denke, das wird eine erste Baustelle der neuen Bundesregierung sein müssen", so Haase.


6 Kommentare:

Jodel hat gesagt…

In den letzten Tagen habe ich gefühlt tausend Berichte für die explodierenden Energiekosten gelesen, gehört und gesehen. Offenbar gibt es eine Million absolut nachvollziehbare Gründe für diese insgeheim gewünschte aber jetzt doch bedauerliche Steigerung.
Merkwürdigerweise scheinen aber der gewaltige Abgabenanteil für Mutter Staat und hier die neue CO²-Steuer im besonderen, überhaupt keinen Einfluss auf den Preis zu haben. Nicht ein einziges Mal wurden diese Tatsachen, die jedem halbwegs denkfähigen Individuum direkt ins Gesicht springen, auch nur beiläufig erwähnt.

Die ÖR-Medien haben sich ihren Gebührenzuschlag redlich verdient. Otto Normalverbraucher sieht mal wieder Heuschrecken, Spekulanten und sonstige dunkle Mächte am Werk, statt mit der Mistgabel vor den Reichstag zu ziehen. Die Politiker geben sich komplett überrascht, waschen ihre Hände in Unschuld und überlegen, für welche tollen Projekte sie den anschwellenden Steuersegen verpulvern könnten.

Genauso wird es übrigens laufen, sollte der von vielen echten Fachleuten befürchtete Blackout, irgendwann einmal eintreten. Schuld sein, wird Gott und die Welt. Nicht die allerkleinste Schuld wird der Energiewende zugeschrieben werden. Hätten wir nur alle Maßnahmen noch radikaler und totaler durchgeführt, würden wir jetzt im rechnungsfreien Energieschlaraffenland leben und nicht in der dunklen und kalten Wohnung hocken. Und sie werden auch damit durchkommen. Das ist es, was die Verzweiflung ins unerträgliche steigen lässt.

Anonym hat gesagt…

Man sollte das Geld aber nicht in Cash an der Tanke auszahlen, weil die Leute das für unnützen Kram verpulvern, sondern als CO2-Zertifikate, mit denen man dann für klimaschädliche Heizmaterialien wie etwa Kohle aus dem Baumarkt erwerbsberechtigt ist. Das ginge auch ganz einfach und komfortabel mit einer neuen Bundes-App.

ppq hat gesagt…

@jodel: ist mir auch aufgefallen. vermutlich sind die faktenchecker da noch dran

Jodel hat gesagt…

@ppq
Auf den Artikel von Correctiv bin ich auch schon gespannt wie ein Flitzebogen. Ich finde es Klasse, wie die es immer schaffen, mit ein paar semantischen Kniffen und der Umdeutung von ein paar Fakten alle offensichtlichen Wahrheiten in ihr Gegenteil umzudeuten. Das muss man schon drauf haben.

Was ich vorhin noch vergessen habe zu erwähnen. Kein Artikel über die Energiepreise kommt ohne die hochmütigen nur ein kleines Bisschen demütigenden Hinweise aus, wie wir kleinen Dusselchen mit ein bisschen hin und her die Kostensteigerungen umfahren könnten.

Heizung 5 Grad runter, auch mal einen dritten Pullover anziehen, Neukauf aller Geräte im A+++++++++++ Standard, die Kühltruhe am Besten ganz aus, Dosen tun es doch auch, auch mal im Winter bei Minus 20 Grad 20 km zur Arbeit radeln und tanken nur noch bei Check24. So bleibt man von allen Kostensteigerungen verschont, bekommt eher noch was zurück, muss sich kein bisschen einschränken und rettet im vorbeigehen die Welt.

Anonym hat gesagt…

kommt ohne die hochmütigen nur ein kleines Bisschen demütigenden Hinweise aus, wie wir kleinen Dusselchen mit ein bisschen hin und her ...
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Aber genau so! 1000 ganz legale Steuertricks ... Hasen fängt man ganz einfach, indem man ihnen Pfeffer auf den Schwanz streut.
Von der Demütigung abgesehen, gibt es auch noch reichlich Gesengte, die das glauben.

ppq hat gesagt…

@jodel: kollege ist informiert, er checkt