Alt, aber arm: Der deutsche Osten entleerte sich zuletzt schneller als im Kalten Krieg. |
Donald Rumsfeld irrte tragisch, als er damals den friedliebenden Teil Europas das "alte Europa" nannte. Alt war hier nichts, es wurde erst: Wie eine aktuelle Statistik zum Tag der deutschen Einheit zeigt, ist das wirkliche, das echt alte Europa ein Landstrich, der sich östlich der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze erstreckt, rund um eine Insel aus der deutschen Zuzugshauptstadt Berlin und deren westwärts gewandten Speckgürtel. Dort frischt das Blut derer die Alterspyramide auf, die es in den Kiezen und Gentrifizierungserwartungsgebieten nicht mehr aushalten und auf Land fliehen, dorthin, wo Bionade noch nach Natur schmeckt und das Lastenrad unangeschlossen in der Garage stehenbleiben kann.
Der Osten verliert
Alt dagegen sehen die Gegenden aus, die selbst der scheidende Ostbeauftragte der scheidenden Bundesregierung schon lange aufgegeben hatte. Die Bilanz von 31 Jahren deutscher Einheit übertrifft alles, was sich die Montagsdemonstranten von 1990 erwünscht und erwartet hatten: Verlor die DDR in ihren traurigen 40 Jahren nur knapp 2,3 Millionen ihrer ursprünglich 18,3 Millionen Bürger, verließen in den 30 Jahren seitdem noch einmal so viele Ostdeutsche ihre Heimatstädte und -Dörfer, um im goldenen Westen der entwickelten Demokratie ihr Glück zu machen.
Deutschland strebt in der Einheit unablässig auseinander. Lebten am Tag der Ausrufung des Beitritts der damals irrtümlich noch nicht gegründeten neuen Bundesländer rund 64 Millionen Menschen im altgedienten Bundesgebiet und Westberlin, sind es heute nahezu 70 Millionen. Auf der anderen Seite hat sich die Waagschale gesenkt: Aus 16 Millionen Menschen mit DDR-Personalausweis wurden 13,5 Millionen Zurückgebliebene, unter denen sich inzwischen rund 2,5 Millionen ehemalige Alt-Bundesbürger befinden, deren Zuzug die Abwanderung von alles in allem fünf Millionen Ostlerinnen und Ostlern abfedern, aber nicht ausgleichen konnte.
Die Gewichte verrutschen
Die Gewichte rutschen schneller als sonst irgendwann. Machte die Bevölkerung im Westen bis 1990 etwa das Vierfache derer im Osten aus, leben heute in Westdeutschland schon etwa fünfmal so viele Menschen wie in den ostdeutschen Bundesländern. Gleichzeitigkeiten, die einander bedingen und zu immer mehr Ungleichheiten führen: Der urbane Westen regiert auch den immer mehr zu den natürlichen Urwäldern der Zeit vor den großen Rodungen zurückstrebenden Osten.
Dort, wo kaum mehr Industrie arbeitet, und schon gar keine vom umweltverschlingenden Format der Stahlküchen im Westen, sorgen Regierungsbeschlüsse dafür, dass die, die die Hälfte ihres Lebens eingesperrt hinter dem Eisernen Vorhang vegetieren mussten, in den letzten paar bisschen Jahren in Freiheit an ihre Neubauwohnung von 1972 gefesselt mit Reisedokumentationen vom Amazonas vorliebnehmen müssen, weil Mallorca unerreichbar geworden ist.
Das große Glück der gemeinsamen Gesellschaft ist das Alter der im Osten Zurückgebliebenen. Ein bisschen um den Marktplatz marschieren, ein paar Leserbriefe schreiben und trotzige Kreuze auf Wahlzetteln machen, mehr ist nicht zu befürchten. Was vor 31 Jahren als fünftes Rad an den Wagen genagelt wurde, dort hinten, wo keine Bodenberührung zu fürchten ist, hat sich in einem Anhänger verwandelt, auf dem das liegt, was auf Kompostierung wartet.
6 Kommentare:
Bitterböse, treffende Ironie. Der Wessi altert ja auch und macht inzwischen gerne Urlaub zwischen Erzgebirge und Rügen. Insbesondere die Taler und Kreditkarten sind herzlich willkommen.
Bedenke 3. Oktober 2021 at 09:25 (>> Björn Höcke: Der 3. Oktober...<<)
Herr Hasselhoff: Wir haben die Wahl im Osten verlohren.
Ja die im Osten haben noch alle beisammen und das keimt erst auf.
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Der König hat eine Bataille verlohren ... Jetzt ist Ruhe die erste Bürgerpflicht.
Exoriare aliquis nostris ex ossibus ultor ...
Schulmeisterlein 3. Oktober 2021 at 09:37
Wenn überhaupt, ist der Tag der Deutschen Einheit der Zeitpunkt, als die Mauer fiel, nämlich am 9. November ... ... Die wenigsten können mit diesem künstlichen Datum etwas anfangen, außer, das ist ein freier Tag ist.
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Das lassen wir einmal als Huscheligkeitsfehler durchgehen.
Wenn man sich die Karte ein wenig genauer ansieht, fällt einem schon auf, dass auch im Westen nicht alles mit purer Jugendlichkeit glänzt. Überall dort wo man nicht leicht Karriere machen kann, wandern die leistungsbereiten Jungen ab. Die Jungen ziehen der Arbeit hinterher, dass ist wohl schon so, seit wir den Mammuts hinterhergetrottet sind.
Im Saarland, im Ruhrgebiet, an der Küste und den ehemaligen Zonenrandgebieten sieht es auch nicht viel besser aus, als im Osten. Was soll man da jetzt daraus für Schlüsse ziehen? Wieder Mauern bauen, damit die Leute gefälligst da bleiben, wo sie nicht bleiben wollen?
Man muss nicht jeden reinlassen, aber jeder sollte rausdürfen.
Wenn wir das ganze dann weltweit und nicht zentriert auf Deutschland betrachten sieht vieles gleich nochmal ganz anders aus. Zumal Jugend ja auch nicht Jugend ist. Ich lebe lieber im uralten Schland als im jugendlichen Afrika.
Panta rhei. Vielleicht ist der Osten in dreihundert Jahren eine Boomregion, wo alle hinwollen. Vielleicht leben dort dann zu dieser Zeit aber auch mehr Wölfe und Bären als Menschen. Wer kann das schon genau vorhersagen? Besser man nimmt es wie es kommt.
P.S. Oft lebt es sich in den von Jungen entvölkerten Weiten ruhiger und angenehmer als in den Ballungszentren. Zumal in diesem schönen Land viele Jungen gleichzeitig auch geschenkte Goldstücke sind.
wir werden in einer Öko-Überwachungsgesellschaft leben .Gelangweilte Ökotanten mit 3-Häusererbschaft werden die reslichen Malocher systematisch überwachen und jeden Plastebecher im Biomüll der Ökostasi melden - Kinder werden zu Spitzeln dressiert ; 80% Steuern auf Treibstoff und Energie , ein türkisch-arabisches Integrationssöldnerheer wird die Zivilgesellschaft terrorisieren und rund um die Uhr gängeln .
Im Ökowandlitz werden hochbegabte Ökokinder aus Mitte zu kleinen Ökofürsten ausgebildet - wir werden in der selbstgebastelten Knechtschaft enden .
Bernd wird dann allerdings irgendwo in Kanada leben
Vielleicht ist der Osten in dreihundert Jahren eine Boomregion ...
Käme mir die Fee mit den Wünschen: Einer wäre, eingeweckt zu werden, und in den nächsten zweitausend Jahren alle fünfzig Jahre für ein paar Tage aufgetaut, mit Zugang auf die "Medien". Mal so zum Gucken.
Ein anderer wäre, sich unsichtbar machen zu können, auch für Radar und Sonar, und die Donnerrohre geräuschlos abfeuern zu können.
Der dritte Wunsch: Saudumme Mitläufer und Sekßoty optisch unterscheiden zu können (Nasenbein - oder Schambein).
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