Dienstag, 22. Juni 2021

Überfall auf die Sowjetunion: Großer Vaterländischer Gedenkkrieg

Im Wettkampf der menschenverachtenden Ideologien obsiegte der linke Totalistarismus, vorübergehend.


Alternative Geschichtsschreibungen haben ihn und seinen Staat mehrfach überleben lassen. Hitler und Deutschland, im Nachgang zu "Hitlerdeutschland" vereint, um eine klare Trennung zwischen Verantwortlichen und Missbrauchten zu schaffen, überlebte in Filmen und Büchern, im Kopf von Verschwörungstheoretiker und bei Ufo-Gläubingen, es überlebte faktisch sogar im Völkerrecht, weil die Bundesrepublik derselbe Staat ist, nur  unter anderem Namen. Es gibt Varianten der Historie, in denen es knapp war, in anderen steigen irgendwann Ufos auf und in einer Variation findet viele Jahrzehnte später sogar ein Wettbewerb darum statt, wer zuerst die bedeutsamste Gedenkrede hält. Gedacht werden muss, denn es steht aktuell nicht gut im deutsch-russischen Verhältnis. Wie eine warme Jacke zieht man sich die die Schuld über dafür, früher Fehler gemacht zu haben. Es erspart immerhin, über die heutigen zu reden.

Die Perser, immer die Perser

Hitler war nicht gewarnt wie sein Vorgänger Krösus., dem eine Prophezeiung verheißen hatte, er werde ein großes Reich zerstören, wenn er den Fluss Halys überschreite. Krösus glaubte keinen Moment, sein eigenes Reich könne gemeint sein. Er griff die Perser an, weil er sie für gefährlich hielt. Das ist 2.500 Jahre her, das Perserrreich heißt jetzt Iran, gilt aber immer noch als hochexplosiv. Nicht anders sieht es mit Russland aus, von Berlin aus betrachtet: Seit Waldimir Putin im Kreml wohnt, ist das deutsche Gedenken an den Tag des Überfalls der Wehrmacht auf den damaligen Verbündeten Sowjetunion immer lauter geworden, gleichzeitig stiegt der Geräuschpegel des Wehklagens darüber an, dass Russland sich auch nach 80 Jahren noch weigert, anzuerkennen, dass Deutschland besser weiß, was für beide Länder und ihre Völker, für Europa und die ganze Welt an wirklich ausgezeichneten Lösungen verfügbar ist.

In jedem Gedenken verbirgt sich ein Fußtritt, bei jedem Erinnern fehlt das Wichtigste. Wenn Walter Steinmeier, von der "Tagesschau" eben noch als "wortgewaltiger Mutmacher" gerühmt, davon spricht, dass "wir" alles tun müssten, "um Völkerrecht und territoriale Integrität auf diesem Kontinent zu schützen und für den Frieden mit und zwischen den Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion zu arbeiten", dann ist er wieder da, der Völkerrechtskundelehrer, der nicht nach Zypern schaut, wo Separatisten seit Jahrzehnten ein Stück EU besetzt halten, und auch nicht auf den Balkan, wo die Staatsgrenzen in Europa erst vor knapp drei Jahrzehnten mit purer Gewalt neu gezogen wurden. 

Die mörderische Barbarei

Steinmeier, Sohn einer aus dem schlesischen Breslau stammenden heimatvertriebenen Fabrikarbeiterin, spricht von der "mörderischen Barbarei" der Invasoren, von "Hass, von Antisemitismus und Antibolschewismus, von Rassenwahn gegen die slawischen und asiatischen Völker der Sowjetunion", die eine "spürbare Narbe hinterlassen" habe, die er fühlen könne, wenn er mit dem Finger darüberstreiche. Das ist die Empathie eines wahren Staatsmannes: Wenn der 15 Jahre nach der Tat geborene Urenkel der Täter die Verletzungen bei sich spüren kann, die Uropas Opfer erlitten haben.

Es geht um Anmutung, um Rituale und um Tagespolitik. Nur neun der 15 Staaten, die aus dem eisernen leninschen Gefängnis der ehemaligen Sowjetunion purzelten, als das Weltreich zerbrach, kamen Steinmeiers Einladung nach, sich zum runden Geburtstag des Überfalls ihren früheren Vernichtungsfeldzugsherren etwas über das "Geschenk der Versöhnung" anzuhören, das keinesfalls verwechselt werden darf mit dem Instrument der Sanktionen wegen erwiesenen Fehlverhaltens. 

Zu kompliziert für ein Steinmeier-Gedenken

Ein Spiel über Bande, das Feinschmecker der Weltinnenpolitik mit der Zunge schnalzen lässt: Mit Russland und Belarusdemfrüherenweißrussland tauchten zwei aktuelle Endgegner der deutschen Friedenspolitik bei der Gedenkveranstaltung im Deutsch-Russischen Museum auf. Deutschland heutige Verbündete und treue Schutzbefohlene dagegen fehlten: Die Ukraine wegen der Krim. Lettland, Litauen und Estland wegen anderweitiger Verpflichtungen, aber wohl auch wegen weiter offener Fragen zur eigenen Rolle im großen Spiel. 

Einerseits war das Baltikum damals ja Opfer sowjetischer Besatzer, andererseits waren Stalins Truppen erst nach einer Vereinbarung mit Hitler gekommen, um zu bleiben. Einerseits kämpften Letten, Litauer und Esten trotzdem in der Sowjetarmee gegen Hitlerdeutschland. Andererseits kämpften sie auch in der SS gegen Stalins Sowjetunion, treue deutsche Verbündete, denen Deutschland heute im Gegenzug mit einem Geiselkommando der Bundeswehr in der Nähe der russischen Grenze den Rücken freihält. Wenn auch zuweilen unter Absingen empörender Lieder.

Vom "damaligen" Deutschen Reich

Auch ohne alternative Geschichtsentwürfe hat alles überlebt, was damals war. Wie bei den Persern heißt manches anders, wie bei Nordzypern und dem Kosovo ist vieles vergessen. Vor allem alles, was zu kompliziert ist für eine Steinmeier-Rede, die gedenktechnisch alles richtig macht, was der Russe nicht hinbekommt. Kopfschüttelnd kommentiert die "Tagesschau" anlässlich der Feiern die schrägen Sitten beim früheren Vernichtungskriegsgegner: "Vor 80 Jahren überfiel das damalige Deutsche Reich die Sowjetunion", heißt es da mit Betonung auf das "damalige" als sei es nicht völkerrechtlich identisch mit seinem heutigen Rechtsnachfolger, sondern das geheimnisvolle "Hitlerregime" aus DDR-Zeiten, das quasi ohne Volk und Gefolgschaft existierte, bis die Arbeiter kamen und es hinwegfegten.  

Der "Große Vaterländische Krieg", das immerhin räumt die "Tagesschau" ein, "forderte in der UdSSR 27 Millionen Tote". Heute aber stelle "sich Russland in den Mittelpunkt des Gedenkens - und mache damit Politik" - ein zynisches Vorgehen, das es hierzulande niemals geben könnte.


8 Kommentare:

Die Anmerkung hat gesagt…

https://www.sueddeutsche.de/politik/russland-bundesregierung-russland-politik-1.5328841

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hatte am Freitag in einer Rede dazu gemahnt, Lücken in der deutschen Erinnerungskultur zu schließen.
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Da ist er wieder, einer dieser knallharten und glasklaren Mahnsätze, aus dem deutlich hevorgeht, warum unsereine sich an Blogposts abmühen muß, andere hingegen Reden für das deutsche Weißhaupt schreiben müssen.

Nie im Leben wäre ich auf so eine tiefgründige Geschichtsanalyse gekommen.

Irmi hat gesagt…

Besonders verachtenswert finde ich in diesem Zusammenhang den Antibolschewismus, den auch Steinmeier zu Recht verurteilt.

Jodel hat gesagt…

Welche Lücken sollen denn da noch bestehen? Hitlerdeutschland wird doch in allen nur denkbaren Facetten auf diversen Sendern, Presseerzeugnissen, im Unterricht und allen möglichen Gedenktagen herauf und hinunter genudelt. Bis auf Hitlers Lieblingsklopapiermarke wurde mir alles, insbesondere unsere unendlich weitervererbbare Verwerflichkeit und vollständige Alleinschuld, schon so oft eingehämmert, das ich nicht mehr mitzählen kann.

Alle früheren Jahrhunderte und Jahrtausende deutscher Geschichte verschwinden im Nebel des Vergessens, bzw. werden, wenn überhaupt, nur noch als unverrückbares Bahngleis mit Endpunkt Adolf dargestellt. Im Gegensatz dazu werden die Scheinwerfer auf die Jahre 1933 bis 1945 immer noch greller und jeder noch so abseitige Winkel ausgeleuchtet. Auf das nur ja kein Grashalm über unsere immerwährende Schuld wachse und wir endlich Frieden mit uns selbst schließen können.

Die Anmerkung hat gesagt…

>> Hitlerdeutschland wird doch in allen nur denkbaren Facetten auf diversen Sendern, Presseerzeugnissen, im Unterricht und allen möglichen Gedenktagen herauf und hinunter genudelt.

Korrekt. Wegen der Regenbogenspiele hat ZDFInfo derzeit wieder mal den Führer prominent ins Programm gehoben, für all jene, die angewidert sind.

Anonym hat gesagt…

der brd Schuldkult wird böse Folgen haben

Anonym hat gesagt…

Krösus war der reichste König, Helena die schönste Frau - Bonifatius Kiesewetter war die allergrößte Sau ...
Scherz beiseite. Dä Kommentare zom 22. Joni (1941) auf Pipi bereiten einem Sodbrennen,
die auf dem Rittergut dazu ein, meist eher mäßiges, Entzücken. Jeweils mit Ausnahmen.
Grobschlosser liest hier mit - Kubitschek wohl eher nicht.



Sauer hat gesagt…

Leute mit Analcharakter, die nicht von der Scheiße des Nazismus lassen können, reden beim Unternehmen „Barbarossa“ gerne von einem Präventivangriff auf die Sowjetunion. Das ist natürlich Quatsch; in Wirklichkeit war es ein Präservativangriff. Hitler wollte Stalin ficken, aber nur mit Pariser. Die Wehrmacht sollte das Präservativ nach Moskau bringen. Auf dem roten Platz sollte es Hitler übergestülpt und Stalin ihm anschließend von einer Truppe von ausgesuchten Arschgesichtern der SS rittlings zugeführt werden. Es kam nicht dazu, von diesem Fehlschlag seiner innigsten Träume hat sich Hitler nicht wieder erholt. Bis zu seinem Ende litt er an einem schmerzhaften Samenstau.

Anonym hat gesagt…

@ Sauer: Wie bist denn Du unterwegs? Hände weg von "erheiternden Getränken" (Boleslaw Prus - Pharao) und von "Kraftpflanzen" (Carlos Castañeda).